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In München zu Hause

Ein Luxushotel ohne große Allüren: Der Bayerische Hof will für jeden offen sein. Innegrit Volkhardt führt das Hotel bereits in der vierten Generation. Seitdem hat sich viel verändert. 

Die Scheinwerfer leuchten grell. Sky-Moderatorin Aline von Drateln wartet am Eingang, bis sie das Zeichen bekommt. Und los. Zügig läuft sie durch die Drehtür. Die Gäste lassen sich von der Kameraszene nicht blenden. Sie sind es gewohnt, dass die Prominenz im Bayerischen Hof ein und aus geht. Häufig gehören sie ohnehin zu den oberen Zehntausend. Und schließlich findet an diesen Sommertagen, Ende Juni, das Filmfest in München statt. Viele bekannte Leute steigen dann im Bayerischen Hof ab.

Auf Stars aus Medien, Politik und Wirtschaft möchte Hotelchefin Innegrit Volkhardt ihr Hotel allerdings nicht reduzieren lassen: „Das Besondere am Bayerischen Hof ist, dass es ein offenes Haus ist.“ Schon ihr Urgroßvater, ein gelernter Konditormeister, Inhaber von Cafés und späterer Eigentümer des Hotels, war für die Menschen aus der Stadt da. „Wir haben einen Betrieb für die Münchner.“ In die Restaurants, Bars, das eigene Kino, das Blue Spa, die Geschäfte und den Night Club kämen viele Einheimische. „Wer bei uns wohnt, lernt die Stadt schon im Hotel kennen“, sagt sie. Und das sei mitunter auch das Geheimnis des Erfolgs. „Wir leben hier die Tradition, verbunden mit der Moderne. Tiefe Wurzeln lassen sich schlecht ausgraben“, sagt Volkhardt.

Der Bayerische Hof ist weltweit bekannt

Nur an manchen Tagen ist das Hotel abgeriegelt. Etwa zur Sicherheitskonferenz. Dann schaut die ganze Welt auf München, und darauf ist sie stolz: „Außer dem Oktoberfest und dem FC Bayern gibt es fast nur die Sicherheitskonferenz, die München über Kontinente hinweg bekannt macht.“ Auch ist sie nicht betrübt, wenn sie an diesen Tagen ihr Hausrecht verliert. Seit den Attentaten vom 11. September 2001 in New York ist das so. Einige Tage im Jahr kann sie dann zumindest teilweise die Verantwortung übertragen.

Ein Luxushotel ohne große Allüren: Der Bayerische Hof will für jeden offen sein. Innegrit Volkhardt führt das Hotel bereits in der vierten Generation. Seitdem hat sich viel verändert. 

In der vierten Generation leitet Innegrit Volkhardt den Bayerischen Hof. König Ludwig I. ließ ihn einst für seine Gäste 1841 errichten. In seinen Privatgemächern fehlte ihm der Platz dazu. Der Legende nach badete er auch einmal die Woche im Hotel, weil er keine eigene Wanne besaß. Seit 1897 befindet sich das Nobelhotel in Händen der Familie Volkhardt. Im zweiten Weltkrieg wurde es nahezu komplett zerstört. Das Einzige, was übrig blieb, war der Spiegelsaal, in dem heute eine der bekannten Münchner Bars zu Hause ist – die Falk´s Bar. Innegrit Volkhardt benannte sie nach dem Vornamen ihres Vaters. Bereits als 20-Jähriger begann er als Assistent. Nach dem zweiten Weltkrieg baute er das Hotel wieder auf. 1955 übernahm er die alleinige Verantwortung als Eigentümer.

Falk´s Bar: Innegrit Volkhardt benannte sie nach ihrem Vater. (© Daniel Schvarcz)

Oscarpreisträger Arthur Cohn sagte über ihn: „Konsequent und unbeirrbar und mit einem echten Verantwortungsgefühl trachtete er immer, gestellte Aufgaben als Hotelinhaber und als Mensch in vorbildlicher Zurückhaltung seiner eigenen Person zu erfüllen.“ Doch war er auch der klassische Patriarch, der das Hotel, zusammen mit einem Freund, praktisch alleine führte. Er konnte sehr streng sein, auch Freunden gegenüber, schreibt seine Frau Erika in einem Buch über den Bayerischen Hof. All seinen Mitarbeitern hätte er jedoch immer das Gefühl gegeben, Teil einer großen Familie und unverzichtbar zu sein.

Immer in Familienhand

Nie gab es im Hotel eine „freiwillige“ Übergabe an die nächste Generation. Auch nicht bei der vom Vater an die heutige Chefin. 1992 erkrankte dieser schwer, eine Lösung für die Nachfolge musste gefunden werden. Geregelt war nichts. „Männer tun sich, meiner Beobachtung nach, oftmals schwerer mit emotional schwierigen Entscheidungen. Die Regelung der Nachfolge war für meinen Vater sicher eine solche“, erinnert sie sich. Ihre Schwester war bereits verheiratet, hatte zwei Kinder und entschied sich früh für die Familie. Innegrit Volkhardt studierte Betriebswirtschaftslehre, schnupperte schon eine Zeitlang ins Hotel, und somit war für sie in diesem entscheidenden Moment klar: Sie wird es fortführen.

Ein Luxushotel ohne große Allüren: Der Bayerische Hof will für jeden offen sein. Innegrit Volkhardt führt das Hotel bereits in der vierten Generation. Seitdem hat sich viel verändert. 

Es war für sie keine Option, etwas, wofür Generationen gekämpft haben, aus der Hand zu geben. Da ihr Vater fast alles alleine machte, gab es im Hotel auch keine klassischen Strukturen. Schnell veränderte sie die Organisation, und unter Mithilfe ihres Lebensgefährten wurde das Accounting optimiert. Auch wenn die meisten Mitarbeiter mitzogen, nicht allen gefielen diese Änderungen.

Innegrit Volkhardt: Der Bayerische Hof ist seit vier Generationen in Familienhand. (© Anja Wechsler)

„Die wenigen, welche das nicht wollten, haben das Unternehmen auch verlassen“, sagt Volkhardt. Seit sie das Hotel führt, wurde es im Prinzip einmal komplett umgebaut. 140 Mio. Euro investierte sie bislang. Ein Ende ist nicht in Sicht: „Das ist wie beim Putzen oder Kochen, nur dass man länger etwas davon hat“, sagt sie.

Jetzt beginnt die Zeit, in der wieder kräftig Hand angelegt wird. Die große Palaishalle wird erneuert, eine Lichtkuppel soll eingebaut werden. Zudem wird ein ganzer Gebäudetrakt abgerissen. Insgesamt wird neun Meter tiefer gebaut, um die Fläche vollständig zu nutzen. Entstehen sollen acht zusätzliche Zimmer. Auch eine Suite mit 370 Quadratmetern. „Die Ansprüche der Kunden sind in den vergangenen Jahren stetig gestiegen“, sagt Volkhardt. Als sie das Hotel übernahm, hatte es noch 442 Zimmer. Mittlerweile gibt es lediglich 332. Dafür in allen erdenklichen Varianten und Größen. Es ist der Spagat zwischen Tradition und Moderne, der für ein Hotel wie den Bayerischen Hof existenziell ist. „Man überlegt sich genau, was man modernisieren möchte“, sagt Volkhardt. Doch ist ihr klar, dass es Veränderungen geben muss, um in der Gegenwart zu bestehen.

Bislang ist ihr das gut gelungen: Auch im Jahr 2015 war der Bayerische Hof mit rund 66 Mio. Euro das umsatzstärkste Hotel in Deutschland, gefolgt von den Berliner Hotels Estrel und dem Adlon. Neben dem Bayerischen Hof gehört auch das Hotel Zur Tenne in Kitzbühel und eine Weinhandlung in München zum Familienunternehmen Gebrüder Volkhardt KG. Einen Rekordumsatz wird es in diesem Jahr wohl nicht geben. Vor allem aus Russland kommen wegen der dortigen Wirtschaftskrise weniger zahlungskräftige Gäste, die in guten Jahren gerne die großen Suiten buchten.


Ein Luxushotel ohne große Allüren: Der Bayerische Hof will für jeden offen sein. Innegrit Volkhardt führt das Hotel bereits in der vierten Generation. Seitdem hat sich viel verändert. 

Ohnehin befindet sich die Hotellandschaft im Umbruch: Immer mehr Menschen buchen private Unterkünfte über Anbieter wie Airbnb. Große Ketten stampfen Hotels aus dem Boden und sogenannte Design-Hotels gewinnen an Fahrt. Vor allem die Drei- und Vier-Sterne-Kategorie steht vor großen Veränderungen, glauben Experten. Diese könnten künftig deutlich weniger Mitarbeiter haben, Sprachroboter einen großen Teil der Aufgaben übernehmen.

Größter Concierge-Desk in Deutschland

Der Bayerische Hof geht den umgekehrten Weg und setzt klar auf Service. Von einem Luxushotel erwarten dies die Gäste auch. Die Menschen, die hier wohnen, wollen die Wünsche von den Lippen abgelesen bekommen. Auch deswegen hat das Hotel den größten Concierge-Desk in Deutschland. Es gibt kaum etwas, was dieser nicht besorgen kann. So kommt auch eine Hotelchefin ab und an mal nicht an Karten für ein ausverkauftes Konzert. Dann springt schon Mal der Concierge ein, um über sein Netzwerk welche zu ergattern. „Das dauert meist nur wenige Minuten“, sagt Volkhardt. Allzu häufig gönnt sie sich eine Auszeit ohnehin nicht. Diese nimmt sie sich an wenigen Tagen im Jahr. Meist an Weihnachten und an ihrem Geburtstag. Für ein Familienhotel sei es eben wichtig, dass das Oberhaupt persönlich für die Gäste da ist. Jeden Abend geht sie die Gästeliste durch. Am kommenden Morgen wird dann noch mal geprüft, ob jemand abgesagt hat. Auch künftig soll das Unternehmen in Familienhand bleiben. Mittlerweile hat es vier Gesellschafter. Innegrit Volkhardt, ihre Schwester und auch deren beide Töchter haben vor Kurzem Anteile übertragen bekommen. Ob diese das Hotel irgendwann mal als Gesellschafter oder operativ in die Zukunft führen, ist noch nicht klar. Bis es so weit ist, vergeht allerdings auch noch etwas Zeit.

 

Kurzprofil Hotel Bayerischer Hof Gebrüder Volkhardt KG

Gründungsjahr 1841
Branche Hotellerie
Unternehmenssitz München
Umsatz 2015 66 Mio. Euro
Mitarbeiterzahl 670

www.bayerischerhof.de

 

 

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