DBAG sieht Trendwende im Midmarket

Internationale Kapitalströme verlagern sich nach Europa

Die DBAG sieht Trendwende im deutschen Private-Equity-Midmarket: Dealflow, Wachstum und Exit Readiness nehmen spürbar zu.
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Nach zwei Jahren mit verhaltener Aktivität entwickelt sich der deutsche Private-Equity-Midmarket derzeit deutlich dynamischer. Darauf deuten die aktuellen Ergebnisse des Midmarket-Private-Equity-Monitors hin, den die Deutsche Beteiligungs AG (DBAG) regelmäßig erhebt. Demnach zieht der Dealflow wieder an, Investitionen nehmen zu und Themen rund um organisches Wachstum gewinnen wieder an Bedeutung.

Ein zentraler Treiber dieser Entwicklung liegt in der geopolitischen Lage. Die von der US-Administration geplanten Zollmaßnahmen führen dazu, dass sich internationale Investoren verstärkt nach alternativen Anlagemärkten umsehen. Nach Angaben der DBAG verzeichnet der europäische Markt seither wachsendes Interesse, insbesondere aus Nordamerika. Laut Invest Europe planen US-Fonds, künftig 15 bis 20 % ihrer Private-Equity-Allokationen nach Europa zu verlagern. Das entspricht einem Anstieg um 25 bis 30 % gegenüber dem Vorjahr. Verstärkend wirkt die neue 5-%-Infrastrukturquote sowie die Erhöhung der Private-Markets-Obergrenze für institutionelle Investoren auf 40 %.

„Der anziehende Dealflow bestätigt unsere strategische Ausrichtung auf digitale Geschäftsmodelle und Software-getriebene Lösungen“, erklärt Tom Alzin, Sprecher des Vorstands der DBAG. Er ergänzt: „Wir sehen Europa als attraktiven Investitionsstandort, gerade weil sich US-Investoren aufgrund der neuen Zollpolitik neu orientieren müssen.“

Gleichzeitig verringert sich laut DBAG die Investitionsbereitschaft in Nordamerika. Grund seien regulatorische Unsicherheiten sowie eine zurückhaltendere Risikobereitschaft institutioneller Kapitalgeber. Davon profitiert vor allem der deutsche Markt, der durch politische Stabilität, Rechtssicherheit und eine starke industrielle Basis überzeugt.

Exit-Readiness rückt stärker in den Fokus

Neben der Rückkehr des Dealflows beschäftigt sich der Markt zunehmend mit dem Thema Exit-Readiness. Nach einer längeren Phase stagnierender Exits und erweiterter Haltedauern rückt laut DBAG die Vorbereitung auf Unternehmensverkäufe wieder stärker in den Mittelpunkt. Dabei geht es nicht nur um operative Effizienz, sondern auch um eine strategisch fundierte Positionierung der Portfoliounternehmen.

Gefordert sind klare Wachstumsstrategien, nachweisbare EBITDA-Verbesserungen und belastbare Wertsteigerungshebel, die bereits 12 bis 36 Monate vor dem geplanten Exit implementiert sein müssen. Diese Anforderungen kommen laut Einschätzung der DBAG vor allem von einer neuen Generation von Käufern, die stärker auf Transparenz und dokumentierte Entwicklungspotenziale achten.

Neuer Wettbewerb durch Industrieholdings und Family Offices

Die veränderten Marktbedingungen führen zu einem verstärkten Wettbewerbsdruck für klassische Private-Equity-Häuser. Nach Angaben der DBAG empfinden 67 % der Marktteilnehmer Industrieholdings als größte Konkurrenz. Family Offices folgen mit 60 %. Beide Gruppen zeichnen sich durch längere Investitionshorizonte, geringere Renditevorgaben und häufig tiefes Branchenwissen aus.

Jannick Hunecke, Mitglied des Vorstands der DBAG, betont: „Die sich verändernde Wettbewerbslandschaft fordert etablierte Private-Equity-Player heraus, operative Exzellenz und Governance-Expertise noch stärker zu differenzieren.“ Zudem müsse laut DBAG verstärkt in Transformationskompetenz investiert werden. Der Markt sei selektiver geworden, biete jedoch lohnende Chancen für Fonds mit klarem Wertschöpfungsfokus.

Wachstum als neuer strategischer Schwerpunkt

Nach Jahren des Kostendrucks rückt laut DBAG das organische Wachstum wieder in den Mittelpunkt der Strategiearbeit. Besonders gefragt sind derzeit Software- und IT-Services, Healthcare-Technologien sowie nachhaltige industrielle Lösungen. Diese Sektoren bieten skalierbare Geschäftsmodelle, hohe Resilienz und attraktive Expansionschancen.

Studienergebnisse zeigen laut DBAG, dass Add-on-Akquisitionen, Serviceerweiterungen und die Erschließung neuer Märkte wieder zentrale Pfeiler der Wertschöpfung darstellen. Die Rolle des klassischen Financial Engineerings tritt zunehmend in den Hintergrund, während strategische Entwicklung und operative Exzellenz an Bedeutung gewinnen.

Strukturelle Erholung mit neuen Spielregeln

Der deutsche Private-Equity-Midmarket befindet sich laut Einschätzung der DBAG in einer Phase der strukturellen Erholung. Dabei entstehen neue Anforderungen an Geschäftsmodelle, Investitionsstrategien und die Positionierung gegenüber Investoren. Erfolgreich werden laut Vorstand jene Fonds sein, die traditionelle Stärken wie Governance und operatives Know-how mit einem klaren Wachstumsfokus verbinden.

Die DBAG sieht in dieser Entwicklung sowohl Chancen als auch Herausforderungen: Während die geopolitischen Verschiebungen neue Mittelzuflüsse ermöglichen, erfordert das veränderte Wettbewerbsumfeld ein klares strategisches Profil und nachhaltige Transformationskompetenz.

Die seit 1985 börsennotierte Deutsche Beteiligungs AG (DBAG) ist eines der renommiertesten Private-Equity-Unternehmen Deutschlands. Als Investor und Fondsberater liegt der Investitionsschwerpunkt der DBAG traditionell im Mittelstand mit einem Fokus auf gut positionierten Unternehmen mit Entwicklungspotenzial, vorrangig in der DACH-Region.

Branchenschwerpunkte liegen auf Produzenten von Industriegütern, Industriedienstleistern und IndustryTech-Unternehmen – also Unternehmen, deren Produkte Automatisierung, Robotertechnik und Digitalisierung ermöglichen – sowie Unternehmen aus den Branchen IT-Services, Software, Healthcare, Umwelt, Energie und Infrastruktur.

Seit 2020 ist die DBAG auch in Italien mit einem eigenen Büro in Mailand vertreten. Das vom DBAG-Konzern verwaltete oder beratene Vermögen beträgt rund 2,9 Mrd. EUR. Im Rahmen der strategischen Partnerschaft mit der ELF Capital Group, ergänzt die DBAG ihr Angebot an flexiblen Finanzierungslösungen für den Mittelstand um privates Fremdkapital.

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen und Tech-Start-ups.

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