Beteiligungskapital im Mittelstand

Der Mittelstand begegnet Private-Equity-Gesellschaften immer noch mit einer gewissen Skepsis. Experten sind jedoch der Überzeugung, dass sich eine Zusammenarbeit lohnt.

Wo liegt der größte Hemmschuh für den Mittelstand?


Andreas Deißner
Bei eigentümergeführten Unternehmen spielt oft der Wunsch, das Lebenswerk in zuverlässige Hände zu geben, eine bedeutende Rolle. Ein starkes Verantwortungsbewusstsein für die Mitarbeiter gepaart mit teils geringen Kenntnissen über PE-Gesellschaften lassen den verkaufsbedingten Kontrollverlust unattraktiv erscheinen. Hemmnisse bei der Einbindung von Investoren können ein bedingt aussagefähiges Berichtswesen, die manchmal limitierte Bereitschaft zur Weitergabe unternehmens- und bewertungsrelevanter Informationen, unübersichtliche Unternehmens- und Gesellschafterstrukturen oder fehlende Erfahrungen rund um den Verkaufsprozess sein.


Dr. Florian Herrmann
Auf Unternehmensseite ist man oft nicht ausreichend darüber informiert, was Private Equity genau ist, welche Interessen Investoren aus der PE-Branche verfolgen und welche Chancen sich für die Unternehmen daraus ergeben können. Oft steht die Sorge vor vermeintlichem Kontrollverlust oder Unabhängigkeitseinschränkungen im Vordergrund. Investoren wiederum nehmen sich im Vorfeld einer beabsichtigten Transaktion oft nicht ausreichend Zeit für ein Kennenlernen der Unternehmer und deren Interessen oder Sorgen. Oft fehlt es auch an einer Erläuterung der eigenen Interessen, Positionen und Ziele durch den Investor.


Dr. Hannspeter Schubert
Es sind immer noch die Kulturunterschiede, die den Mittelstand von Private Equity trennen. Mittelständler sind es gewohnt, allein zu entscheiden, orientieren sich primär am operativen Geschäft und weniger an Finanzkennzahlen und wollen vor allem keine vordefinierten Exit-Szenarien festlegen. Je größer und damit professioneller das Unternehmen ist, desto eher kommt es natürlich zu einer Annäherung bei diesen Positionen.


Dr. Florian Brem
PE-Investoren erwarten in der Regel ein detailliertes quartalsweises Reporting, welches für das Geschäft des Mittelständlers häufig gar nicht erforderlich wäre und den damit verbundenen Aufwand aus seiner Sicht daher nicht rechtfertigt.
Ferner weicht die von den Investoren nach internationalen Standards vorgenommene Bewertung insbesondere der stillen Reserven des Unternehmens häufig von derjenigen des Mittelständlers nach deutschem Standard ab. Dies kann dazu führen, dass sich Investor und Unternehmer nicht auf eine Bewertung einigen können. Zudem gibt es häufig eine unterschiedliche Auffassung über das Niveau des Einsatzes von Fremdkapital.


Dr. Tobias Schneider
Aus Sicht der PE-Investoren liegt der größte Hemmschuh bei divergierenden Vorstellungen über den Kaufpreis. Zwar befinden sich einige PE-Häuser in einer Phase, in der sie mehr oder weniger dringend ihre Mittel investieren müssten, um sie nicht an ihre Investoren zurückgeben zu müssen. Keine Beteiligungsgesellschaft investiert aber um jeden Preis und die Banken, die ihren Beitrag für die Finanzierung des Kaufpreises leisten, sind ebenfalls nicht bereit, überhöhte Preise mitzutragen. Aus Sicht des Mittelstands fällt es oft nicht leicht, die Kontrolle mit einem Investor teilen zu müssen, wobei es Mittel und Wege gibt, einen Interessenausgleich herzustellen.

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