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„Für uns gibt es nur die Flucht nach vorne“

Liebe Leser, in der Weihnachtszeit und an den Feiertagen danach bis zum 7. Januar stellen wir Ihnen unsere Höhepunkte aus dem vergangenen Jahr vor. In zehn Teilen lesen Sie unser persönliches Best-of an Porträts, Interviews und Features aus dem Redaktionsjahr 2017. Wir hoffen, dass Sie die ein oder andere Geschichte auch nochmal gerne lesen oder neu entdecken.

Das Team der Unternehmeredition wünscht Ihnen besinnliche Feiertage und einen guten Start ins Jahr 2018.

 

Durch einen Wechsel im Aufsichtsrat gelang Alko der Schritt aus der Lethargie. Die Augsburger verkauften ihre Fahrzeugsparte und übernahmen in diesem Jahr mehrere Unternehmen. Stefan Kober, Vorsitzender des Vorstands der Alko SE, will das Unternehmen wachsen sehen. Mit der Unternehmeredition sprach er über seine Strategie.

Unternehmeredition: Herr Kober, Sie hatten lange nichts mit Ihrem Familienunternehmen Alko zu tun. Warum sind Sie letztlich dennoch dort gelandet?

Kober: Im Jahr 2005 wurde mein Vater sehr krank. Er war der jüngste von drei Brüdern, die in der zweiten Generation das Unternehmen aufgebaut haben. Deswegen haben mein Bruder und ich entschieden, von dem von uns aufgebauten Unternehmen Cancom zum Familienunternehmen Alko zu wechseln. Insgesamt waren wir ab 2006 vier Familienmitglieder im Vorstand in der dritten Generation. Schnell wurde ich mir bewusst, was es heißt, Familienunternehmer zu sein. Ein Generationswechsel ist ein großes Projekt.

Lief dieses bei Ihnen reibungslos ab?

Wir sind es ganz gut angegangen, haben jedoch leider auch Fehler gemacht.

Inwiefern?

Wir haben den Generationswechsel im Vorstand zwar vollzogen, jedoch nicht im Aufsichtsrat. Die ältere Generation dort hat versucht, an ihrer Macht festzuhalten. Viele Entscheidungen, die wir treffen wollten, wurden blockiert. Das brachte uns in eine Seitwärtsbewegung und ab vom Wachstumspfad. Alko dümpelte vor sich hin. Wir haben uns nicht progressiv weiterentwickelt.

Ihr Sponsoring beim FCA war aber doch progressiv?

Das stimmt. Das ging jedoch nur, weil wir uns innerhalb von zwölf Stunden entscheiden mussten, als Hauptsponsor einzusteigen. Hätte einer meiner Onkel davon etwas erfahren, hätte das nie funktioniert. Der Zeitpunkt war ideal, der FC Augsburg spielte damals noch in der zweiten Liga. Dann gelangen der Aufstieg und die Qualifikation für die Europa League. Mittlerweile sind wir wieder ausgestiegen, weil wir unsere Ziele erreicht hatten und zusätzlich der Grenznutzen der Steigerung der Bekanntheit im Verhältnis zum Einsatz abnahm.


“Aufgrund familiärer Restriktionen sind viele Familienunternehmen blockiert.”

Stefan Kober, CEO Alko SE


Eine große Veränderung gab es auch im Unternehmen. Sie verkauften im Januar 2016 die größte Sparte Fahrzeugtechnik und brachten diese in eine strategische Partnerschaft mit dem amerikanischen Unternehmen Dexter ein. Warum dieser ungewöhnliche Schritt?

Wir hatten selbst eine Tochtergesellschaft in den USA, schafften es aber nicht, dort einen Gewinn zu erwirtschaften. Dexter bot ähnliche Produkte an und passte sehr gut zu uns. Unsere Wachstumschancen auf dem US-Markt waren begrenzt. Deswegen machte es strategisch Sinn, unsere Cashcow zu verkaufen. Zusammen entwickelten wir die Vision, den weltweit größten Hersteller für leichte Achsen zu kreieren. Mit einem Anteil von rund 20 Prozent blieben wir am neuen Gesamtunternehmen beteiligt. Mittlerweile hat die Beteiligungsgesellschaft KPS das Unternehmen gekauft. Wir haben nach wie vor einen Anteil von rund fünf Prozent.

Und das hat Ihr Aufsichtsrat genehmigt?

Den Aufsichtsrat haben wir 2014 komplett neu besetzt. Außer meinem Bruder sitzt im Aufsichtsrat kein Familienmitglied mehr. Bei Alko hätte sich früher niemand vorstellen können, die Fahrzeugtechnik jemals zu verkaufen. Wir haben es trotzdem gemacht. Aufgrund familiärer Restriktionen sind viele Familienunternehmen blockiert. Wir können jetzt unseren Weg gehen.

Durch einen Wechsel im Aufsichtsrat gelang Alko der Schritt aus der Lethargie. Die Augsburger verkauften ihre Fahrzeugsparte und übernahmen in diesem Jahr mehrere Unternehmen. Stefan Kober, Vorsitzender des Vorstands der Alko SE, will das Unternehmen wachsen sehen. Mit der Unternehmeredition sprach er über seine Strategie.

An dem Deal haben Sie kräftig verdient und für das weitere Wachstum in diesem Jahr zwei Unternehmen dazugekauft, unter anderem Stemmer Imaging. Warum passt das Unternehmen zu Alko?

Wir wollten dort zukaufen, wo es Wachstumschancen gibt und wir etwas bewegen können. Stemmer ist ein Händler von High-End-Produkten für die visuelle Erkennung. Gleichzeitig bietet das Unternehmen eine auf den Kunden zugeschnittene Software an. Etwa zur Produktionsüberwachung, Mautkontrolle, aber auch für Torkameras. Das Unternehmen passte sehr gut in unser Portfolio und hat hohe Wachstumschancen. Allerdings sollte man keine Firma lediglich deswegen kaufen. Sie muss für sich profitabel sein.

Das Management von Stemmer hält noch 24,9 Prozent der Anteile. Wollten Sie das?

Das Management ist schon sehr lange dabei. Dem Gründer war wichtig, dass die Führungskräfte, die bislang schon Anteile am Unternehmen hatten, wieder beteiligt werden. Sicher wollte Stemmer auch sein Lebenswerk versilbern. Er hätte jedoch von dem einen oder anderen Investor mehr Geld bekommen als von uns.

Mähroboter: Bei Alko stehen diese hoch im Kurs.

Das war dann auch der letzte Schritt, raus aus der Lethargie, hin zu mehr Wachstum in den kommenden Jahren.

Richtig. Wir hatten bei Alko eine Seitwärtsentwicklung. Durch den Verkauf der Fahrzeugsparte ist der Umsatz erst mal gefallen, da wir den verbliebenen Anteil nicht mehr konsolidieren konnten. 2017 haben wir die bestehenden Segmente ausgebaut und die beiden Übernahmen konsolidiert, sodass wir in diesem Jahr wieder auf rund 400 Mio. bis 500 Mio. Euro wachsen werden. Im kommenden Jahr werden wir aller Voraussicht nach schon auf 800 Mio. Euro Umsatz kommen. Dazu soll die eine oder andere Übernahme beitragen. Unser Ziel ist es, so schnell wie möglich einen Umsatz von einer Mrd. Euro zu realisieren.

Was ist schwieriger: Ein Unternehmen zu erwerben oder es zu integrieren?

Pauschal kann man das nicht sagen. Kauft man aus strategischer Sicht ein Unternehmen dazu, ist die Integration sicherlich das wichtigste Thema. Es erfordert schnelle Handlungsfähigkeit, um das Unternehmen einzugliedern. Eine Firma einfach so weiterlaufen zu lassen, funktioniert in den wenigsten Fällen. Doch letztlich ist auch der Kauf selbst nie einfach. Bei jeder Verhandlung kommt man an den Punkt, an dem man den Prozess eigentlich stoppen will. Bevor das nicht passiert, ist keine der Parteien der Meinung, für sich das Beste herausgeholt zu haben.

Haben Sie ein Faible für Zukäufe?

Ich habe vor allem Lust, unser Unternehmen wachsen zu sehen. Dazu gehören auch Übernahmen. In den globalen Märkten braucht man eine kritische Größe. Haben Unternehmen diese nicht, sind sie in der Breite nicht überlebensfähig. Entweder findet man seine Nische oder man muss groß werden. Wir haben uns für Zweites entschieden. Für uns gibt es nur die Flucht nach vorne. Bis 2025 wollen wir zwei Mrd. Euro Umsatz erzielen.

Sie haben den IT-Dienstleister Cancom mitgegründet und an die Börse gebracht. Wäre das auch ein Weg für Unternehmen aus der Alko-Gruppe?

Irgendwann vielleicht. Doch Sinn macht ein Börsengang erst ab einer kritischen Größe von 300 Mio. Euro Umsatz. Wir haben auch nichts gegen Transparenz. Früher war es bei Alko verwerflich, wenn Mitarbeiter Einblicke in das Zahlenwerk bekamen. Heute ist das anders. Der Mitarbeiter muss wissen, wo das Unternehmen steht. Allerdings ist ein IPO mit sehr vielen Formalien verbunden.

Durch einen Wechsel im Aufsichtsrat gelang Alko der Schritt aus der Lethargie. Die Augsburger verkauften ihre Fahrzeugsparte und übernahmen in diesem Jahr mehrere Unternehmen. Stefan Kober, Vorsitzender des Vorstands der Alko SE, will das Unternehmen wachsen sehen. Mit der Unternehmeredition sprach er über seine Strategie.

Die Bewertungen der Unternehmen sind derzeit hoch, gleichzeitig ist das Zinsniveau attraktiv. Wie agieren Sie in diesem Umfeld?

Durch das Überangebot an Kapital bieten sich viele Möglichkeiten für Übernahmen. Die Bewertungen sind jedoch jetzt schon teilweise irrational. Wir versuchen nicht mehr als das Siebenfache des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) zu bezahlen. Mit Preisen, die große Private-Equity-Gesellschaften bieten, wollen wir nicht mithalten.

Was dominiert bei Ihnen künftig – organisches oder zugekauftes Wachstum?

Wir versuchen pro Jahr zehn Prozent organisch zu wachsen. Schaffen wir es dann noch, genauso stark durch Übernahmen zuzulegen, ist ein perfektes Wachstum gegeben. Im Durchschnitt sind eher rund 15 Prozent realistisch und für die Organisation verkraftbar.

Wie groß ist das Interesse an Unternehmen aus Ihrem Portfolio?

Anfragen gibt es zu Genüge. Alle Großen haben schon mal angeklopft. Vor allem, nachdem wir die Sparte Fahrzeugtechnik verkauft haben. Unsere Intention ist jedoch, das Unternehmen weiterzuentwickeln und selbst Wachstumschancen zu nutzen.

Gibt es denn keine Schmerzgrenze, an der Sie weich werden?

Momentan halte ich es für ausgeschlossen, Unternehmensanteile zu verkaufen. Deswegen steigen wir erst gar nicht in die Diskussion ein.

Wie optimistisch sind Sie denn für deutsche Familienunternehmen in der Zukunft?

Es gibt in Deutschland sicherlich ganz tolle Vorzeigeunternehmen in Familienbesitz. Aber auch viele, die sich eher blockieren und untereinander nicht grün sind. Einige werden den Generationswechsel sicherlich auch nicht unbeschadet überstehen. Manchmal ist es für den Fortbestand der Firma besser, wenn ein Nichtfamilienmitglied die Führung übernimmt.


Zur Person:

Zusammen mit seinem Bruder gründete Stefan Kober das IT-Unternehmen CANCOM und brachte es an die Börse. Mittlerweile ist es im TechDAX gelistet und kommt auf eine Marktkapitalisierung von knapp einer Mrd. Euro. Kober ist mit zehn Prozent immer noch größter Einzelaktionär des Unternehmens. Nach schwerer Krankheit des Vaters  trat er in das Familienunternehmen AL-KO ein. Mit einer klaren Wachstumsstrategie will Kober den Umsatz von geschätzten 400 bis 500 Mio. Euro in diesem Jahr bis zum Jahr 2025 auf zwei Mrd. Euro steigern. Bekannt wurde das Unternehmen auch als Hauptsponsor des FC Augsburg.

www.alko.de

 

 

 

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