Autozulieferer Marelli startet Insolvenzverfahren in den USA

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Der japanische Automobilzulieferer Marelli Holdings Co. Ltd. hat in den USA ein Insolvenzverfahren nach Chapter 11 eingeleitet. Laut Unternehmensangaben erfolgte der Schritt freiwillig vor dem Konkursgericht im Bezirk Delaware. Ziel des Verfahrens sei eine umfassende Umstrukturierung der langfristigen Verbindlichkeiten. Nach Unternehmensmitteilung unterstützen rund 80 % der Gläubiger die Restrukturierung. Der laufende Geschäftsbetrieb solle uneingeschränkt fortgesetzt werden. Löhne und Sozialleistungen seien gesichert, so das Unternehmen. Marelli beliefert unter anderem Stellantis, Nissan, Tesla, Mazda und Bosch.

Im Zuge des Verfahrens erhält Marelli eine Zusage über 1,1 Mrd. US-Dollar, etwa 952 Mio. EUR, an sogenannter Debtor-in-Possession-Finanzierung. Diese Mittel stellen Kreditgeber zur Verfügung, die dafür Pfandrechte erhalten. Nach Angaben des Unternehmens hat das zuständige Gericht bereits der Inanspruchnahme eines Teils dieser Mittel zugestimmt. Die restlichen Gelder sollen schrittweise freigegeben werden. Die bereitgestellte Liquidität soll Marelli durch das Chapter-11-Verfahren führen. Darüber hinaus sieht der Restrukturierungsplan vor, dass die Kreditgeber das Unternehmen übernehmen – vorbehaltlich eines Überbietungsverfahrens innerhalb von 45 Tagen.

Marktdruck als Auslöser der Krise

CEO David Slump nennt die allgemeine wirtschaftliche Lage als Grund für die Insolvenz. Zwar sei man mit den operativen Fortschritten zufrieden, jedoch habe der Marktdruck eine Finanzierungslücke im Betriebskapital verursacht. Das Verfahren ermögliche es nun, Schulden in Eigenkapital zu wandeln und so die Bilanz zu stärken. Laut verschiedener Medienberichte seien unter anderem Zölle auf Autozulieferungen durch die US-Regierung als Grund für die finanziellen Schwierigkeiten genannt worden. Diese hätten die Geschäftstätigkeit stark beeinträchtigt. Obwohl Marelli seinen Sitz in Japan hat, wurde das Insolvenzverfahren in den USA eingeleitet. Das Unternehmen begründet dies mit seiner globalen Ausrichtung. Chapter 11 biete den weltweit am besten entwickelten und transparentesten Rechtsrahmen für Restrukturierungen. Dieser ermögliche rechtlichen und finanziellen Schutz während der Umsetzung des Plans. Gleichzeitig kündigte das Unternehmen an, weiterhin alle lokalen Vorschriften in den betroffenen Ländern zu erfüllen.

Aktuell gehört Marelli zur Private-Equity-Gesellschaft KKR, die 2018 eine Fusion mit dem japanischen Zulieferer Calsonic Kansei vornahm. Diese Transaktion schuf einen der größten Automobilzulieferer weltweit. Laut Medienberichten liegt die Schuldenlast des Unternehmens bei bis zu 5 Mrd. US-Dollar. Strategic Value Partners (SVP) gilt als einer einer der größten Gläubiger. Weitere Gläubiger sind laut Medienberichten die Deutsche Bank, Fortress Credit Advisors, Mizuho Financial Group und MBK Partners. Das Verfahren bei Marelli steht exemplarisch für die angespannte Lage der gesamten Automobilzulieferbranche. Internationale Lieferkettenprobleme, Absatzschwierigkeiten bei Herstellern sowie der hohe Investitionsbedarf für die Umstellung auf Elektromobilität stellen erhebliche Herausforderungen dar.

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen und Tech-Start-ups.

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