“Das ist der Perfektionsdrang der Deutschen”

Anne Koark bezeichnet sich selbst als Pleitier. Im Jahr 2003 ging Ihr Unternehmen insolvent, mit Ihrem Wirtschaftsbestseller „Insolvent und trotzdem erfolgreich“ hat sie Unternehmern Mut gemacht, offen mit dem Scheitern umzugehen.

In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Insolvenzen kontinuierlich gesunken. Ein gutes Zeichen?

Es werden gleichzeitig aber auch immer weniger Unternehmen gegründet. Und seit dem Jahr 1999 haben über 500.000 Unternehmen in Deutschland Insolvenz angemeldet. Als positiv würde ich diese Entwicklung nicht bezeichnen.

Ihr eigenes Scheitern haben Sie als Ansporn gesehen und daraus sogar eine Geschäftsidee entwickelt…

Ja, denn ich wollte, dass die Gläubiger ihr Geld bekommen. Deshalb habe ich meine Insolvenz zum Thema gemacht und ein Buch darüber geschrieben. Damit wollte ich auch ein Tabu in Deutschland brechen. Oft sucht man nach einem Schuldigen, aber darum geht es nicht. Viel wichtiger ist es, nach vorne zu schauen und nach Verbesserungen zu suchen. Wer insolvent ist, ist sowieso schon ganz unten. Viel mehr kann dann nicht mehr schiefgehen.


“Das Insolvenzrecht in Deutschland ist ein irrsinniges Gesetz.”

Anne Koark, Ex-Pleitier und Unternehmensberaterin


Sie haben sich auch dafür eingesetzt, das Insolvenzrecht zu reformieren. Was bemängeln sie?

Das Insolvenzrecht in Deutschland ist ein irrsinniges Gesetz. Die Verfahren dauern viel zu lange, mindestens drei Jahre. Die Unternehmer verlieren einen Großteil ihres Vermögens und müssen am Existenzminimum leben. Das Geld geht allerdings größtenteils nicht an die Gläubiger, sondern wird von den Verfahrenskosten geschluckt. Das Ganze ist kein Wirtschaftsgesetz, das an Kennziffern gemessen wird – genau das sollte es aber sein.

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