„Abwarten ist angesichts der aktuellen Inflationsrate keine gute Idee“

Interview mit Christian Janas, Leiter der Vermögensverwaltung der DJE Kapital AG

Foto: © AdobeStock_Blue Planet Studio

Christian Janas, Leiter der Vermögensverwaltung der DJE Kapital AG, erläutert im Interview die aktuelle Strategie des Hauses für Unternehmervermögen.

Unternehmeredition: Herr Janas, angesichts zweistelliger Inflationsraten ist realer Kapitalerhalt derzeit schwer zu erreichen. Was gehört derzeit in ein Unternehmer-Portfolio?

Christian Janas: Je nach Anlageziel und Risikoneigung ist nach wie vor ein gut diversifiziertes Portfolio das Maß der Dinge. Die Gewichtung kann variieren, aber die Grundprinzipien eines guten Portfolioaufbaus sind geblieben. Ebenso entscheidend ist der Anlagehorizont, denn dieser beeinflusst zusammen mit den genannten Präferenzen die Anlagekonzeption. Bei Anleihen muss man sehr genau hinschauen. Bei den festverzinslichen Wertpapieren halten wir zum Beispiel deutsche Staatsanleihen Stand Herbst 2022 nach wie vor für unattraktiv. Bei den Unternehmensanleihen aber lohnt sich ein Blick, denn man findet wieder hochwertige Anleihen mit attraktiven Renditen.

Auf der Aktienseite halten wir einen Fokus auf qualitativ hochwertige Unternehmen mit hoher Preissetzungsmacht weiterhin für sinnvoll, da diese auch in einem wachstumsschwachen Umfeld solide Gewinne erwirtschaften können und somit langfristig voraussichtlich die beste Anlagealternative bieten. Gold in einem geringen Umfang ist als Stabilitätsfaktor langfristig ebenfalls ein geeigneter Baustein, auch wenn diese Anlageklasse jüngst als Inflationsschutz nicht wie in der Vergangenheit funktioniert hat.

Darüber hinaus kann man mit Themenfonds weitere Schwerpunkte setzen – je nachdem, welche Sektoren oder Regionen man für aussichtsreich hält. Was man aber bedenken sollte: Solch ein Portfolio braucht Pflege und eine aufmerksame Steuerung bei einem derart dynamischen Umfeld, wie wir es aktuell auf den Kapitalmärkten erleben.

Mit welcher Strategie reagieren Sie grundsätzlich auf die Situation: Aktives Management oder eine Politik des Abwartens?

Wir verstehen uns als aktiver Manager und sind mit unserem hauseigenen Research immer auf der Suche nach Opportunitäten, auch in schwierigen Zeiten. Abwarten ist angesichts der aktuellen Inflationsrate sicherlich keine gute Idee. Dennoch kann auch mal Kasse vorübergehend eine gute Option sein, um bei Gelegenheiten flexibel dabei zu sein. Gerade in schwierigen Zeiten zeigt sich, dass passive Strategien mit dem Markt raufgehen, aber eben eins zu eins auch wieder runter. Um Wert zu erhalten und Verluste zu minimieren, sind aktive Strategien gefragt. In guten Zeiten gut zu performen ist immer leicht, aber in schlechten Zeiten Vermögen zu schützen eine ganz andere Hausnummer. Da haben wir bei DJE mit den vielen Jahrzehnten Erfahrung in der Vermögensverwaltung schon viel gesehen. Wir können Krise – etwas, das keine passive Strategie leistet.

Bei aktivem Management denkt man zunächst an Aktien – wie wichtig ist dies inzwischen im Segment Anleihen?

Die Zeiten, in denen man sich langlaufende Staatsanleihen ins Depot legte und gut, die sind lange vorbei. Auch hier ist aktives Management gefragt, um den jüngsten Zinsanstieg nutzen zu können. Sowohl die Auswahl als auch die Laufzeitstruktur müssen klug gesteuert werden. Die Märkte und insbesondere der monetäre Einflussfaktor der Notenbanken sind zu unberechenbar, um hier einfach langfristig laufen zu lassen. Auch hier: Aktives Management ist gefragt, um vom jüngsten Zinsanstieg auch wirklich profitieren zu können.

Sind Anleihen nach den Zinsschritten wieder hinreichend attraktiv, das von vielen Marktteilnehmern als zinsloses Risiko bezeichnete Intermezzo überwunden?

Im Anleihesegment gibt es mittlerweile wieder Chancen. Selbst bei Emittenten mit gutem Rating sind die Renditeniveaus oftmals wieder attraktiv geworden. Bei Laufzeiten von drei bis fünf Jahren bekommt man hier stellenweise wieder Renditen von 4-6% und mehr. Ausgewählte hochwertige Unternehmensanleihen bieten aus unserer Sicht gute Chancen. Attraktiv sind hier vor allem Emissionen, die Stand November 2022 bis zu 5% Rendite oder mehr bringen, und dass bei kürzeren Laufzeiten. Für die Umsetzung bei DJE heißt das, selektiv Unternehmensanleihen zu kaufen, aber noch nicht am langen Ende.

Welche Segmente im Fixed Income-Universum halten Sie für besonders geeignet für Unternehmervermögen – sind Unternehmer eher Corporates-affin anstatt Staatsanleihen?

Letztendlich ist es wie bei der Aktienauswahl, hier schauen wir auch auf die Branche, in der der Unternehmer/die Unternehmerin aktiv ist, um mögliche Klumpenrisiken, die direkt von seiner Tätigkeit und seiner Anlage ausgehen, auszuschließen. Der Unternehmer kennt sich in seiner Branche aus, sollte aber nicht zusätzlich seine Anlage hier investieren. Risikostreuung ist auch hier oberstes Gebot. Wie schon erläutert ergeben sich durch die veränderte Zinssituation wieder attraktive Chancen, die man abgestimmt auf das entwickelte Anlagekonzept einsetzen kann. Hier würden wir Unternehmensanleihen gegenüber Staatsanleihen übergewichten (Stand November 2022).

Sie verweisen auch auf die notwendige Diversifikation innerhalb eines Portfolios. An welche Assetklassen über Aktien und Anleihen hinaus denken Sie da?

Wir denken da zum Beispiel an Gold und Edelmetalle, da sich diese Werte mit niedriger Korrelation optimal langfristig ergänzen.

Stichwort Gold: In welcher Form oder Mischung gehört es in ein Depot? Und gehört Gold in jedes Depot?

Gold erhielt zuletzt Gegenwind von steigenden Anleiherenditen und damit fallenden Realzinsen. Nachhaltig positive Realzinsen würden Gold belasten, allerdings erscheint ein solches Szenario vor allem in der Eurozone immer noch eher unwahrscheinlich. Generell dürfte der Goldpreis weiter durch eine ganze Reihe von Risikofaktoren gestützt werden, darunter vor allem der Krieg in der Ukraine, Rezessions- und Wachstumsängste sowie die volatilen Aktienmärkte. Ob es ins Depot gehört und welche Funktion es dort haben kann, schauen wir uns mit unseren Kunden gemeinsam an. Wie auch bei den anderen Anlageklassen auch: Vermögensverwaltung ist ein Maßanzug, der wird mit Kundin oder Kunde gemeinsam angepasst.

Welche Rolle, etwa Risikominimierung oder Performancesteigerung, spielen bei Ihnen ESG-Faktoren oder sogar der Impact-Gedanke bei der Vermögensanlage?

Das Thema Risikominimierung liegt seit jeher auf der Hand. Denn Unternehmen, die ihr Geschäft oder ihre Reputation mit ESG-Risiken gefährden, gefährden auch ihre Anleger. Reputationsschäden von heute können Kursverluste von morgen sein, wenn Kunden die Produkte eines Unternehmens boykottieren. Empfindliche Strafzahlungen sind ein weiterer Aspekt. Wir wenden daher seit langem eigene Ausschlusskriterien an, sind seit 2018 Unterzeichner der „Prinzipien für verantwortungsvolles Investieren“ der Vereinten Nationen und arbeiten mit MSCI ESG Research zusammen. Außerdem engagieren wir uns in über 500 Gesprächen mit Unternehmensentscheidern pro Jahr und nutzen die Möglichkeiten der verwalteten Stimmrechte. Langfristig muss Kapital Einfluss nehmen auf die Praktiken von Unternehmen.

Sehr geehrter Herr Janas, vielen Dank für diese interessanten Einblicke.


ZUR PERSON

Christian Janas ist Leiter der Vermögensverwaltung der DJE Kapital AG.

www.dje.de

Der Artikel ist in der neuen Magazin-Ausgabe der Unternehmerediton zum Thema “Unternehmervermögen” erschienen.

Autorenprofil
Stefan Preuss

Stefan Preuss ist Mitglied der GoingPublic Redaktion.

Vorheriger ArtikelHöchster Porzellanmanufaktur wird verkauft
Nächster ArtikelFernsehlächeln fürs Fertighaus