Go East?

Viele, auch gerade mittelständische, Unternehmen haben bereits den Weg ins Reich der Mitte gewagt. Andere stehen derzeit vor der Frage, ob sich ein Investment wirklich „lohnt“. Es locken neue Absatzmärkte und günstigere Kostenstrukturen. Davor aber steht der richtige Weg nach China – die eine Lösung gibt es nicht, jeder Fall muss für sich betrachtet werden.

Die Entscheidung über das „Ob“

Die Entscheidung über das Ob kann mannigfaltige Gründe haben. Manchmal muss die Nachfrage globaler Automobilhersteller nach globalen Lieferanten erfüllt werden. In anderen Fällen gilt es, German Engineering nach China zu transformieren, ohne dem deutschen Hang zum „Over-Engineering“ zu verfallen. In wieder anderen Fällen will man schlicht den Zugang zu einem der Wachstumsmärkte Nr. 1.

Die Entscheidung über das „Wie“

Ist die Entscheidung über das Ob gefallen, stellt sich die Frage nach dem Wie. Grob gesagt stehen dem potenziellen Investor folgende Wege offen: Mit dem sogenannten „Equity Merger and Acquisition“ kann der Investor entweder Anteile an einem chinesischen Unternehmen (der sog. „Domestic Company“) erwerben oder im Wege einer Kapitalerhöhung in eine Domestic Company einsteigen. Daneben steht dem Investor der Weg des Asset-Deals zur Verfügung ( „Asset Merger and Acquisition“). Hierbei gründet der Investor in einem ersten Schritt ein neues Unternehmen (sog. „foreign investment enterprise“) und erwirbt dann mittels dieses Unternehmens die Vermögensgegenstände des Zielunternehmens. Auch der umgekehrte Weg, also Erwerb der Assets und Gründung eines Foreign Investment Enterprise mit diesen Assets danach, ist möglich.

Zulassungsbeschränkungen

Der Zugang zum chinesischen Markt ist allerdings nicht in allen Branchen ohne weiteres zulässig. So unterscheidet man zwischen den Kategorien „gefördert“, „beschränkt zulässig“, „verboten“ sowie „erlaubt“. In manchen Industrien ist ein sog. „wholly foreign ownership“ erlaubt – hier kann der Investor das gesamte Kapital oder das gesamte Unternehmen übernehmen und dann allein betreiben. Dieser Bereich, der für einen ausländischen Investor sicherlich am interessantesten ist, muss er sich doch nicht mit chinesischen Partnern auseinandersetzen, ist relativ weit gefasst. Besonders gefördert werden z.B. Investitionen in Umwelttechnologie, E-Mobilität, Automobiltechnik oder Logistik. Allerdings ist Vorsicht geboten, da es immer wieder auch Bereichsausnahmen geben kann, die so nicht ohne weiteres ersichtlich sind. In anderen Industrien sieht das Gesetz vor, dass ein chinesischer Partner entweder die absolute oder zumindest die relative Kontrolle des Zielunternehmens innehaben muss. Üblicher Weg ist hier das Eingehen eines Equity Joint Ventures oder auch Cooperative Joint Ventures.

Abwägung mehrerer Faktoren

Welchen Weg man wählt, hängt von einer Reihe von Faktoren ab. Fällt man nicht unter den Katalog einer beschränkten oder gar verbotenen Industrie, so kann sich ein Asset Deal anbieten, da der Investor in diesem Fall nicht auch die Verbindlichkeiten und die „Leichen im Keller“ einer potenziellen Zielgesellschaft übernehmen muss. Gerade im chinesischen Markt wird man immer wieder von mannigfaltigen Schattenrechnungen und Unregelmäßigkeiten überrascht, die oft erst nach der Übernahme eines Unternehmens ans Tageslicht kommen und dann mühsame und oft auch teure „Reparaturlösungen“ erforderlich machen. Auch ist Steuerhinterziehung weit verbreitet und auch kreative Buchführung nicht selten anzutreffen. Während solche Risiken beim Share Deal durch umfangreiche Garantiekataloge abgesichert werden müssen, die im Zweifel aber nur schwer durchsetzbar sind, stellen sich diese beim Asset Deal nur in verringertem Ausmaß. Beim Share Deal kann auf der anderen Seite der „lebende Organismus“ erworben werden und mühsame Aufbauarbeiten fallen weg.

Empfehlungen für den Mittelstand

Allgemein gilt: Wie in jedem ausländischen Rechtskreis müssen auch in China die kulturellen Unterschiede beachtet werden. Diese sind in China uns Westeuropäern allerdings oftmals besonders fremd. Daher empfiehlt es sich neben dem Einsatz der richtigen mit dem System vertrauen Berater auch, sich durch umfangreiche Recherchen vor Ort ein Bild von der Lage zu machen. Denn anders als in Europa gilt ein „pacta sunt servanda“ (Verträge sind einzuhalten) in China nicht besonders; eine Änderung der Umstände führt schnell zu einem völlig anderen „Verständnis“ des Vertrages und macht erneute Verhandlungen oftmals unumgänglich. Und schließlich: Ein erfolgreicher M&A-Prozess ist nicht das Ende, sondern erst der Beginn des Erfolges: Eine enge Kontrolle des chinesischen Managements nach Abschluss einer Transaktion durch mit dem chinesischen System vertraute externe Personen/Berater ist daher unerlässlich.

Fazit:

Ein erfolgreicher Gang nach China unterliegt je nach Branche und Zielsetzung unterschiedlichen rechtlichen, aber auch strategischen Anforderungen, die im Vorfeld sorgfältig untersucht und mit der eigenen Strategie in Einklang gebracht werden sollten. Wer dies beachtet, der ist für den Gang nach China gut gerüstet.

Empfehlungen für erfolgreiches M&A in China

  • Beachtung von kulturellen Unterschieden
  • Einsatz von mit China vertrauten Beratern
  • Chinesische Kontakte vor Ort nutzen
  • Intensive Due Diligence, um Schattenrechnungen aufzudecken und Nachverhandlungen zu vermeiden
  • Bei unvermeidbaren Behördenkontakten auf gute Beziehungen achten
  • Enge Kontrolle des chinesischen Managements
Autorenprofil

Dr. Henning Blaufuß ist Gastautor ist Wirtschaftsjurist und Sozius der interdisziplinären Kanzlei aus Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern, Peters Schönberger & Partner GbR in München. Er berät nationale wie internationale Mandanten u.a. in den Bereichen M&A, Corporate Finance, Private Equity, in Umstrukturierungen sowie bei gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten. www.psp.eu

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