Kein Stigma des Scheiterns

Die gute Konjunkturlage, aber auch die Einführung des ESUG hat dafür gesorgt, dass es 2013 weniger Insolvenzen gab. Was Unternehmen tun sollten, damit das auch künftig so bleibt, beschreiben fünf Experten.

 2013 gingen die Unternehmerinsolvenzen deutlich zurück. Wie lässt sich dieser Trend fortschreiben?


Dr. Jörg Eschmann, Partner, Business Strategy & Transformation bei Bearing Point

Dr. Jörg EschmannGute Konjunktur und stabile Auftragslage haben von Illiquidität bedrohte Betriebe vor der Pleite bewahrt. Zudem hat das ESUG einige Regel-Insolvenzverfahren verhindert. Um die Liquidität nachhaltig zu sichern, ist jedoch die Eigenkapitalstruktur mit „fresh money“ und echter Kapitalerhöhung zu stärken. Riskante, hochverzinste Finanzierungen, wie Mittelstandsanleihen, bieten aufgrund meist nicht garantierter Anschlussfinanzierung kaum Stabilität.


Wolfgang Hentschel, Director, Angermann M&A International GmbH

Wolfgang Hentschel

Mit der ESUG-Einführung wurde in Deutschland ein erster Schritt gemacht, damit Unternehmenskrisen und Insolvenzen nicht mehr das Stigma des Scheiterns tragen. Es ist jedoch noch ein weiter Weg hin zu einer Kultur, in der Unternehmenslenker erkennen, dass mit Hilfe externer Berater und Investoren eine Sanierung des Unternehmens erleichtert wird. Hierbei hat die Kommunikation zwischen den Stakeholdern und möglichen Investoren eine besondere Bedeutung.


Reinhard Willemsen, Partner, Luther Rechtsanwaltsgesellschaft

Reinhard Willemsen/LutherLetztlich muss die Konjunktur weiter so gut laufen wie bisher. Ein weiterer Grund für den Rückgang der Insolvenzen dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass die Zinsen auf einem historischen Tiefpunkt sind, wodurch die Unternehmen liquiditätsmäßig stark entlastet werden. Schließlich ist Deutschland als Exportweltmeister auch auf eine stabile politische und wirtschaftliche Lage in den Abnehmerländern angewiesen, wie die Krise in der Ukraine gezeigt hat, die unmittelbare Auswirkungen auf den Export hatte und hat.


Carl-Jan v. der Goltz, Geschäftsführer, Maturus Finance

Carl-Jan von der GoltzUnentbehrlich ist eine strategische Unternehmenssteuerung. Dazu gehört eine Planung genauso wie die regelmäßige Auswertung wirtschaftlicher Kennzahlen zu Umsatzentwicklungen, Erträgen oder offenen Posten. Auch eine breit aufgestellte Finanzierungsstruktur ist entscheidend. Unternehmer sollten auf mehrere Geldgeber und einen Mix aus Bankfinanzierungen und alternativen Lösungen setzen – für die größtmögliche Unabhängigkeit sowie ausreichenden finanziellen Spielraum.


Dr. Klaus Weigel, Partner, WP Board & Finance

Dr. Klaus Weigel, WP Board & Finance GmbHDer Rückgang der Insolvenzen 2013 hat nicht alle Branchen erfasst. So gibt es etwa im Einzelhandel oder in der Speditions- und Logistikbranche weiterhin ein hohes Insolvenzrisiko. Das liegt unter anderem am extremen Konkurrenzdruck und harten Preiswettbewerb. Generell sind ein gutes Konsumklima, stabile Exportmärkte, ein kalkulierbares regulatorisches und steuerliches Umfeld sowie solide Finanzierungsmöglichkeiten außerordentlich wichtig.

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