4. M&A Insurance Summer Forum: Siegeszug der W&I-Police

4. M&A Insurance Summer Forum: v. li. n. re.: Michael Drill, Lincoln, Mirjam Boche, Arqis, Boris Dürr, Heuking Kühn Lüer Wojtek, Robert Engels, WTW, Markus Rieger, GoingPublic Media AG. Foto: © GoingPublic Media AG

Der M&A-Markt schwächelt aktuell ein wenig, der Siegeszug der Warranty&Indemnity-Police setzt sich ungebremst fort: So lautet das Fazit nach dem 4. M&A Insurance Summer Forum der GoingPublic Media AG.

Das Event zum GoingPublic Magazin Special „M&A Insurance“ hat sich mittlerweile zum führenden Branchentreffen entwickelt. Mehr als 70 Gäste trafen sich in den Räumlichkeiten von ADVANT Beiten, um die neuesten Trends und Entwicklungen zu erfahren, sich auszutauschen und zu vernetzen – und damit der Aufforderung von Gastgeberin Angelika Kapfer, Partnerin bei ADVANT Beiten, und von Markus Rieger, Gründer und Vorstand der GoingPublic Media AG, in ihren jeweiligen Begrüßungsreden zu folgen.

Zahlreiche interessante Impulsvorträge und eine Podiumsdiskussion legten die Basis für lebhaften Austausch. Michael Drill, Lincoln International, brachte das aktuelle Marktgeschehen nach einer Fülle von Zahlen und Einschätzungen prägnant auf den Punkt: „Wir erwarten einen Rückgang der M&A-Aktivität um etwa 20% bis weit ins kommende Jahr hinein. Das beeinflusst aber nicht die Verbreitung von W&I-Policen, diese werden einen Marktanteil von bis zu 90% erreichen.“

Das bedeutet: Insbesondere über die Private-Equity-Branche hinaus dürften Transaktionsversicherungen Anwender finden. Denn Anlagedruck hin oder her: „Wir sehen einen Rückgang von Deals mit Private-Equity-Beteiligung“, berichtete Jan Peter Hatje von Oaklins. Bei sechs der zehn größten Deals seien zwar Private-Equity-Häuser dabei gewesen, derzeit aber würden strategische Investoren mit Cash dominieren. Hatje bezeichnete den hiesigen Markt als stabil, der Rückgang gelte vor allem für den Bereich Cross-Border-Transaktionen.

Chancen und Risiken von Künstlicher Intelligenz

In vielen Vorträgen wurden Chancen und Risiken des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz (KI) thematisiert. Kai Hesselmann von Deal Circle betonte die Chancen: „Effizienzgewinne, verbesserte Entscheidungsfindung, Risikominimierung.“ Er stimmte die Teilnehmer auf eine mehr als rasante Entwicklung ein. Die erwarten auch Andreas Börner und Adriaan Louw von Clyde & Co., die beiden gaben aber einige rechtliche Hemmnisse zu bedenken: IP/Copyright, Datenschutz, Kartell- und Kapitalmarktrecht waren dabei nur besonders nahe liegende Themen. Spannende Frage des Duos: „Versichert eine Versicherung einen Deal, wenn die Due Diligence von einer KI erstellt worden ist?“

Was wäre ein Abend rund um Merger und Akquisitionen und den Kapitalmarkt ohne die breite Erörterung von Steuerfragen? Genau: Unvollständig. Alexander Heist und Joyce Koch, Deloitte, stellten zu Wertpapiergeschäften mit steuerlicher Implikation fest, dass steuergetriebene Wertpapiergeschäfte nicht nur nicht neu seien, sondern „angesichts ungleicher Besteuerung immer Arbitrage-Geschäfte triggern werden.“ Die Bekanntschaft mit dem Vermögensabschöpfungsgesetz bereite zugleich die Diskussionsrunde zu Steuerversicherungen vor. Gunnar Harlacher von AIG, Uwe Eppler von Möhrle Happ Luther und Gunnar Knorr von Oppenhoff sehen ein klares Vordringen der Tax Insurance, obwohl sie als bekanntes Risiko nicht zum Kerngedanken einer W&I-Police zählt, die ja auf unbekannte Risiken abhebt. „Das Tax Insurance Problem liegt zu einem großen Teil darin begründet, dass Ansprüche entweder gar nicht oder voll kommen“ sagte Harlacher aus der Perspektive eines Versicherers. Dass der Markt in Bewegung ist, illustrierte Eppler griffig: „Heute werden steuerliche Risiken versichert, für die man vor zehn Jahren keine Deckung erhalten hätte.“ Knorr sieht die Tax Insurance als Mittel der Wahl, denn die Alternative sei ja eine Verbindliche Auskunft durch das Finanzamt. Dies dauere nicht nur häufig sehr lange, sondern präsentiere den Prüfern Sachverhalte, „auf die das Finanzamt erstmal selber hätte draufkommen müssen.“

Steigende Anzahl von Claims zu erwarten

Die großen Linien zu Markt, Steuern, Künstlicher Intelligenz wurden während des Summer Forums gezogen, darüber aber nicht die Finessen des Tagesgeschäftes vernachlässigt. Jonas Bauer und Patrick Müller (PWC Deutschland) referierten zu den neuesten Trends bei der Financial Due Diligence und der Durchsetzung von Claims. Ihre klare Aussage: „Die Zahl der Claims wird steigen“. Treiber dafür sei der Umstand, dass „hohe Bewertungen auf geringe Zahlungsbereitschaft treffen.“ Dies führe zu hoher Finesse bei den Käufern, Garantieverletzungen zu melden. Deshalb sei die Qualität der Due Diligence wichtiger denn je.

Julius Wedemeyer, Heuking Kühn Lüer Wojtek, machte auf neue rechtliche Rahmenbedingungen aufmerksam, die bei der Due Diligence beachtet werden müssen. Ganz aktuell gibt es eine neue Anmeldepflicht für Zuwendungen aus Drittstaaten, die bei Überschreiten von Stellenwerten angegeben werden müssen. Heiko Bertelmann, Norton Rose Fulbright, unterstrich die zunehmende Bedeutung von ESG-Faktoren im Übernahmeprozess. „ESG ist kein Hype, sondern konkret greifbar, weil es inzwischen in hartes Recht überführt ist.“ Der Markt reagiere darauf mit gesonderten ESG-Reports. Deren Zahl habe stark zugenommen, wenngleich einstweilen von stark schwankender Qualität zu berichten sei. Marco Niehaus, Acquinex, berichtete über die neuesten Trends bei Preisfindung und Deckungsumfang und forderte aus der Sicht einer MAG ein weiterhin gutes Miteinander der beteiligten Parteien während eines Deals, auch und gerade, wenn deren Zahl derzeit zurückgehe: „Wir sitzen alle in einem Boot, es macht keinen Sinn, auf zu harten Forderungen zu bestehen.“ Eine W&I-Police sei ein flexibles Produkt, „und diese Flexibilität muss man als Underwriter auch leben“.

Der Abend klang mit Networking, Drinks und angeregten Gesprächen auf der Dachterrasse des Gastgebers vor der fulminanten Frankfurter Skyline aus. Wir danken allen Teilnehmenden, Referenten, Partnern und Organisatoren für den informativen Abend und freuen uns schon auf die nächste Veranstaltung im kommenden Jahr!

Autorenprofil
Stefan Preuss

Stefan Preuß arbeitet seit mehr als 25 Jahren als Redakteur im Kapitalmarktumfeld. Der gelernte Tageszeitungsredakteur sammelte zudem Erfahrung als Investor Relations Manager. Der Redaktion der GoingPublic Media AG gehört er als ständiger Mitarbeiter mit den Schwerpunktthemen IPOs, Vermögensanlage und Nachfolgelösungen an. Er betreut als Redaktionsleiter die jährlichen Spezialausgaben "Mitarbeiterbeteiligung" sowie "M&A Insurance".

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