Zahlungsverzug in Deutschland nimmt weiter zu

Foto: © Miha Creative_AdobeStock
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Die Zahlungsmoral deutscher Unternehmen hat sich im zweiten Halbjahr 2024 weiter verschlechtert. Wie der Creditreform Zahlungsindikator Winter 2024/25 zeigt, sind überfällige Forderungen im Vergleich zum Vorjahr erneut gestiegen. Durchschnittlich wurden pro Kreditnehmer Rechnungen in Höhe von 22.239 EUR verspätet beglichen – ein spürbarer Anstieg gegenüber den 20.847 EUR aus dem Vorjahreszeitraum. Die Gründe für diese Entwicklung seien vielfältig. Einerseits wirken sich gestiegene Preise auf die Rechnungsbeträge aus, andererseits steigt auch die Anzahl der überfälligen Rechnungen. Unternehmen geraten zunehmend unter finanziellen Druck, was zu verlängerten Zahlungsprozessen führt.

Lieferanten verkürzen Zahlungsfristen

Um Zahlungsausfälle zu minimieren, reagieren Unternehmen laut Creditreform mit verschärften Maßnahmen im Forderungsmanagement. Eine zentrale Strategie sei die Verkürzung der Zahlungsfristen. Im Jahr 2024 lag die durchschnittliche Zahlungsfrist bei 31,22 Tagen – im Vorjahr war es noch fast ein Tag mehr. Auch die Überfälligkeit im B2B-Geschäft habe sich leicht verbessert: Im Schnitt betrug die Verzögerung 8,41 Tage, was auf eine striktere Handhabung von Zahlungszielen hindeute. Dennoch bleibt die Belastung für Lieferanten hoch, da sie ihre Leistungen weiterhin vorfinanzieren müssen.

„2024 schnellten die Insolvenzzahlen in Deutschland um 25 Prozent nach oben – der höchste Stand seit 2015. Die damit verbundenen Ausfallrisiken zwingen Lieferanten und Kreditgeber, ihr Forderungsmanagement weiter zu verschärfen“, erläutert Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung.

Zahlungslaufzeiten sinken

Die gesamte Forderungslaufzeit, bestehend aus Zahlungsfrist und Überfälligkeit, sank im zweiten Halbjahr 2024 auf 39,63 Tage. Das ist der niedrigste Wert seit über zehn Jahren. „Kürzere Zahlungsfristen und eine geringere Überfälligkeit beschleunigen den Geldfluss für Lieferanten. Dennoch bleibt eine durchschnittliche Vorfinanzierungsdauer von rund 40 Tagen eine Herausforderung“, erklärt Janine Stappen, Leiterin des Creditreform Debitorenregisters Deutschland (DRD). Die Zahlungsziele würden zudem stärker differenziert: Großhändler sowie Metall- und Elektrounternehmen müssen schneller zahlen, während Chemieunternehmen längere Fristen erhalten. Diese Entwicklung zeigt, dass Unternehmen zunehmend individuelle Risikobewertungen in ihre Kreditentscheidungen einfließen lassen.

Wirtschaftskrise setzt Unternehmen unter Druck

Der durchschnittliche Wert verspätet bezahlter Rechnungen sei im zweiten Halbjahr 2024 auf 2.034 EUR (VJ 1.955 EUR). Besonders betroffen seien Chemieunternehmen, wo Rechnungen im Schnitt 3.878 EUR überfällig sind. „Die wirtschaftliche Schwächephase zeigt sich nicht nur in stagnierenden Transaktionen, sondern auch in wachsenden Zahlungsausfällen. Preissteigerungen verschleiern oft das wahre Ausmaß der Krise – insbesondere in der Industrie bleiben die Geschäfte schwierig“, warnt Hantzsch. Der Creditreform Zahlungsindikator Deutschland basiert auf der Analyse von 3,9 Millionen Rechnungsbelegen aus dem Creditreform Debitorenregister. Er liefert wichtige Hinweise auf die finanzielle Stabilität der deutschen Wirtschaft. Die nächste Ausgabe des Berichts erscheint im August 2025.

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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