Zahlungsmoral verschlechtert sich weiter

© rrice – stock.adobe.com

Die Zahlungsmoral in der deutschen Wirtschaft hat sich im Jahr 2025 weiter verschlechtert. Nach Angaben des Kreditversicherers Coface kämpfen immer mehr Unternehmen mit verspäteten Zahlungen ihrer Kunden. Im Vergleich zu den vergangenen Jahren nimmt das Problem deutlich zu. Seit 2021 steigt der Anteil der Firmen, die von Zahlungsverzögerungen betroffen sind, jedes Jahr an. Inzwischen berichten vier von fünf Unternehmen über säumige Schuldner. Das zeigt die aktuelle Coface-Studie zu den Zahlungserfahrungen deutscher Firmen.

Transportsektor besonders belastet

Vor allem die Transportbranche ist mit verspäteten Zahlungen konfrontiert. Im Jahr 2025 melden fast alle Logistikunternehmen Zahlungsausfälle oder Verzögerungen. Laut Coface hat sich die Situation im Vergleich zum Vorjahr nochmals verschärft. Christiane von Berg, Volkswirtin bei Coface, erklärt die Gründe: „Die Transportbranche leidet unter der Rezession des Verarbeitenden Gewerbes und den schwachen Handelsdaten. Weniger Aufträge für die Industrie bedeuten auch eine schlechtere Situation der Logistikkunden.“ Weniger dramatisch sei die Lage in der Automobilbranche. Dort zahlen Kunden im Jahr 2025 etwas pünktlicher als zuvor. Nach Angaben von Coface ging der Anteil der Unternehmen mit Zahlungsausfällen zurück. Grund dafür sind Bereinigungseffekte. In der Vergangenheit mussten viele Firmen der Branche Insolvenz anmelden. Die verbliebenen Unternehmen können ihre Rechnungen nun verlässlicher begleichen.

Wartezeiten gefährden Liquidität

Die durchschnittliche Dauer von Zahlungsverzögerungen nimmt weiter zu. Im Jahr 2025 müssen deutsche Unternehmen im Schnitt 32 Tage länger auf ihr Geld warten als vertraglich vereinbart. Besonders kritisch ist die Lage im Baugewerbe. Dort lassen sich Schuldner im Durchschnitt sogar 40 Tage Zeit. In der Metallbranche sind es rund 25 Tage. Ein Geschäftsrisiko sind vor allem Forderungen, die über Monate oder sogar Jahre nicht beglichen werden. Laut Coface betrifft das inzwischen jeden achten Betrieb. Der finanzielle Schaden kann erheblich sein. Bleiben Rechnungen länger als sechs Monate offen, gefährdet das die Liquidität der betroffenen Firmen. Christiane von Berg warnt: „Das Problem ist, dass unserer Erfahrung nach rund 80 % solcher Rechnungen nie bezahlt werden. Sie können die Liquidität gefährden, zum Geschäftsrisiko werden und letztlich zur Insolvenz führen.“

Kurze Zahlungsziele trotz hoher Ausfallrisiken

Trotz der schwierigen Situation gewähren die meisten Unternehmen ihren Kunden weiterhin Zahlungsziele. Der sogenannte Lieferantenkredit bleibt für viele Branchen ein fester Bestandteil des Geschäfts. Die durchschnittliche Frist, die Kunden eingeräumt wird, liegt bei 32 Tagen. Besonders exportorientierte Unternehmen wie der Maschinenbau bieten fast immer Zahlungsziele an. Das zeigt laut Coface, dass sich deutsche Unternehmen im internationalen Wettbewerb anpassen müssen. Im Vergleich zu anderen Ländern sind die Fristen jedoch eher kurz. In Frankreich oder Polen sind deutlich längere Zahlungsziele üblich.

Baugewerbe bleibt Sorgenkind

Besonders kritisch bleibe die Situation im Baugewerbe. Neben den langen Verzugszeiten sind dort auch die strukturellen Probleme besonders ausgeprägt. Laut Christiane von Berg leidet die Branche seit mehreren Jahren unter einer Rezession. Schon in wirtschaftlich guten Zeiten wie 2019 war die Zahlungsmoral in der Bauwirtschaft schlechter als in anderen Sektoren.

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen und Tech-Start-ups.

Vorheriger ArtikelBestens beteiligt