Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland ist im Juli stark angestiegen. Nach Angaben des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) wurden im Monatsverlauf insgesamt 1 588 Unternehmensinsolvenzen gezählt. Das entspricht einem Zuwachs von 12 % gegenüber dem Vormonat. Im Vergleich zum Juli des Vorjahres liegt die Steigerung bei 13 %. Auch gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019 – also der Zeit vor der Corona-Pandemie – ergibt sich ein deutlicher Anstieg von 64 %. Laut IWH wurde im Juli damit ein Insolvenzwert erreicht, der – mit Ausnahme des Rekordmonats April 2025 – so hoch war wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr. Die aktuellen Zahlen basieren auf dem monatlichen IWH-Insolvenztrend, der Entwicklungen bei Insolvenzen und den betroffenen Beschäftigten dokumentiert und analysiert.
Regional unterschiedliche Entwicklungen
Die Entwicklung zeigt sich regional uneinheitlich. Besonders hohe Fallzahlen registrierten die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Berlin. In Bayern lagen die Werte knapp unterhalb der jeweiligen Höchststände. Dagegen blieben die Zahlen in vielen kleineren Bundesländern stabil. In den ostdeutschen Ländern ging die Zahl der Insolvenzen sogar leicht zurück. Die Wissenschaftler des IWH machen für den Anstieg teilweise saisonale Effekte verantwortlich. Demnach kommt es regelmäßig zur Jahresmitte zu einer erhöhten Zahl an Insolvenzanträgen, die sich mit zeitlicher Verzögerung in der Statistik niederschlagen. Hinzu kommt, dass der Juli mit 23 Arbeitstagen besonders viele mögliche Gerichtstermine bot, was sich ebenfalls auf die Anzahl der verzeichneten Fälle ausgewirkt habe.
Weniger betroffene Arbeitsplätze
Trotz der gestiegenen Fallzahlen sank die Zahl der betroffenen Arbeitsplätze deutlich. In den größten 10 % der insolventen Unternehmen waren im Juli rund 10 000 Arbeitsplätze betroffen. Das entspricht einem Rückgang von 39 % im Vergleich zum Juni. Damit lag die Zahl etwa auf dem Niveau des Vorjahresmonats sowie auf dem Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019. „Wir sehen im Juli eine auffällig hohe Zahl an Insolvenzen bei gleichzeitig nur moderater Arbeitsplatzgefährdung“, sagt Steffen Müller, Leiter der IWH-Insolvenzforschung. Hauptursache sei die geringe Zahl von Großinsolvenzen. Schließungen großer Unternehmen führen laut Müller häufig zu erheblichen und dauerhaften Einkommensverlusten bei Beschäftigten. In diesem Monat habe sich dieses Risiko jedoch nicht realisiert.
Frühindikatoren auf Höchststand
Besonders auffällig ist der Anstieg bei den Frühindikatoren, die dem Insolvenzgeschehen zwei bis drei Monate vorauslaufen. Sie erreichten laut IWH im Juli den bislang höchsten Stand seit Beginn der Erhebung im Januar 2020. Der Indexwert lag rund 8 % über dem bisherigen Höchststand aus dem Juli 2024. Die Zahl der pro Fall betroffenen Beschäftigten blieb jedoch weiterhin niedrig. „Die Höhe der Frühindikatoren ist ungewöhnlich und lässt auch für den Herbst hohe Insolvenzzahlen erwarten, die sich jedoch vergleichsweise moderat auf den Arbeitsmarkt auswirken werden“, so Müller.