„Wir wollen die Internationalisierung des Mittelstands in NRW vorantreiben“

Sind Geschäftsmodell und Ertragslage im Heimatmarkt etabliert, steht weiteren Wachstumsmöglichkeiten im Sinne einer Internationalisierungsstrategie nichts im Wege – notwendig ist dafür jedoch genügend Eigenkapital, über das nicht jedes Unternehmen in gleichem Maße verfügt. In solchen und anderen Fällen betätigt sich die NRW.BANK über ihren Mittelstandsfonds als Partner für Unternehmen in Nordrhein-Westfalen. Im Interview erklärt Christoph Büth, Abteilungsleiter Mittelstandsfinanzierung im Bereich Beteiligungen der NRW.BANK, Ziele und Finanzierungsbedingungen des Fonds.

Unternehmeredition: Durch ihren Mittelstandsfonds vergibt die NRW.Bank bis zu 7 Mio. EUR an wachstumsstarke Mittelständler. Nach welchem Fokus wählen Sie Ihre Beteiligungen aus? Welche Voraussetzungen müssen Unternehmen mitbringen?

Büth: Zunächst setzen wir voraus, dass der Sitz oder wirtschaftliche Schwerpunkt der betreffenden Unternehmen in Nordrhein-Westfalen (NRW) liegt, was jedoch Investitionen im Rahmen einer Internationalisierungsstrategie oder für den Aufbau einer Dependance im Ausland nicht ausschließt. Was das Unternehmen selbst angeht, müssen wir vom Geschäftsmodell, seinen Wachstumsaussichten und dem Management überzeugt sein. Das Unternehmen muss in der Lage sein, langfristig zu wachsen und gute Erträge zu erwirtschaften. Unsere Mittelstandsdefinition ist breit angelegt. Das betrifft auch die Umsatzgrößen der Unternehmen, die im Regelfall von 10 Mio. EUR bis zu 500 Mio. EUR rangieren können. Auf bestimmte Branchen sind wir dabei nicht festgelegt.

Unternehmeredition: Inwieweit spielen Internationalisierungsvorhaben kapitalsuchender Unternehmen im Zweifelsfall eine entscheidende Rolle?

Büth: Grundsätzlich wollen wir erfolgreiche Mittelständler aus NRW auch im Hinblick auf das Thema Globalisierung stärken und die Internationalisierung des Mittelstands vorantreiben. Je nach Geschäftsmodell schauen wir stark darauf, in welchen Märkten das Unternehmen tätig ist. Ein Maschinenbauer, der heute nicht ins Ausland exportiert, ist eher die Ausnahme und auch nicht zukunftsfähig. Eine Diversifizierung in regionaler Hinsicht ist oftmals unerlässlich. Gerne unterstützen wir deshalb entsprechende Wachstumspläne. Besonders sinnvoll ist oft der Einstieg in Schwellenländer oder der Ausbau der dortigen Tätigkeit, da dort die größten Wachstumsmärkte vorhanden sind. Insofern stellen Internationalisierungspläne von Unternehmen meist ein positives Kriterium bei der Investitionsentscheidung dar.

Unternehmeredition: Wie sieht Ihre Investitionsstrategie aus?

Büth: Wir gehen Minderheitsbeteiligungen bis maximal 49% ein, gemeinsam mit Co-Investoren und anderen Kapitalgebern ist auch eine mehrheitliche Beteiligung möglich. Bei Nachfolgelösungen und Wachstumsthemen investieren wir zudem Mezzanine-Kapital, beispielsweise in Form von stillen Beteiligungen.

Unternehmeredition: Was war das ursprüngliche Zielvolumen des Fonds?

Büth: Der NRW.Bank Mittelstandsfonds hat ein Volumen von 75 Mio. EUR und wird derzeit stark nachgefragt. Als Finanzierer nordrhein-westfälischer Unternehmen sind wir mit unserem Eigenkapitalangebot dauerhaft am Markt vertreten. Sowohl der NRW.Bank Mittelstandsfonds als auch beispielsweise der NRW.Bank Venture-Fonds für junge Technologieunternehmen sind als Tochtergesellschaften der NRW.Bank eigenständig und somit unabhängig von externen Kapitalgebern, was ein langwieriges Fundraising erspart. Damit sind wir also in vielerlei Hinsicht nicht der klassische Private-Equity-Kapitalgeber.

Unternehmeredition: Die weltweit unsichere konjunkturelle Weiterentwicklung und Turbulenzen an den Aktienmärkten lassen Investoren Zurückhaltung üben, das Fundraising gestaltet sich als schwierig. Auch wenn sie nicht zu den klassischen Private-Equity-Investoren gehören: Haben Sie eine Einschätzung, wie es weitergeht?

Büth: Derzeit herrscht am Markt kein ganz einheitliches Bild. Bei einigen Fonds war die bisherige Performance sehr zufriedenstellend, und dementsprechend gibt es wenige Probleme, Folgefonds aufzulegen. Bei Fonds, die sich nicht erfolgreich entwickelt haben, kann die Situation aber zur Herausforderung werden. Es wird sich zeigen, ob ihnen ein erneutes erfolgreiches Fundraising gelingt. So gesehen befinden wir uns momentan weder in einem Katastrophenszenario noch in einer Situation, in der alle Vorzeichen auf Wachstum stehen.

Unternehmeredition: Aber führt dieses Auf-und-Ab im Fundraising nicht auch zu großer Verunsicherung innerhalb der Branche?

Büth:
Nachdem wir zwei sehr gute Jahre hinter uns haben, trübt sich die Konjunktur aktuell ein. Alleine daraus lassen sich jedoch keine Schlüsse über das Investitions- und Fundraising-Verhalten ziehen. Vielmehr können auch fondsspezifische und externe Faktoren, insbesondere die jeweils aktuellen rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen für Investoren und Fondsmanager, zu Unsicherheit und somit zu Schwankungsverhalten innerhalb der Branche führen.

Unternehmeredition: Gleichzeitig wurde dieses Jahr bisher recht verhalten im Buyout-Bereich investiert: Laut BVK-Halbjahreszahlen waren es 1,16 Mrd. EUR. Inwieweit hat die Gesamtsituation Auswirkungen auf den Mittelstand? Inwieweit ist davon Ihr Investitionsverhalten betroffen?


Büth:
Es stimmt, die Zahlen der Unternehmen spiegeln nicht mehr die positive Stimmung von 2011 wider. Für 2012 sehen wir weiterhin eine ordentliche Entwicklung, jedoch mit deutlich reduziertem Wachstum und nicht selten auch mit Planverfehlungen. Wachstumsraten werden sich also nach unten anpassen. Die Situation wirkt sich insgesamt nicht auf unser Investitionsverhalten aus, wir haben auch in diesem Jahr wieder stark in erfolgreiche Mittelständler investiert. Das wird voraussichtlich auch so bleiben, denn unser Beteiligungsportfolio wollen wir weiter ausbauen.

Unternehmeredition: Was sind hier Ihre Pläne für die nächsten zwölf Monate?

Büth:
Wir sind weiterhin aktiv am Markt und suchen erfolgreiche Mittelständler in NRW. Dabei sind wir offen für flexible Eigenkapitallösungen und nicht auf eine bestimmte Form der Beteiligung festgelegt. Wenn beispielsweise eine Minderheitsbeteiligung nicht in Frage kommt, ist für uns die Einigung auf eine mezzanine Lösung grundsätzlich möglich.

Unternehmeredition: Herr Büth, vielen Dank für das Gespräch!

Das Gespräch führte Verena Wenzelis.
verena.wenzelis@unternehmeredition.de



Zur Person: Christoph Büth
Christoph Büth ist Abteilungsleiter Mittelstandsfinanzierung im Bereich Beteiligungen der NRW.Bank. Über ihren Mittelstandsfonds vergibt die NRW.Bank bis zu 7 Mio. EUR Eigenkapital oder eigenkapitalähnliche Mittel an mittelständische Unternehmen, über die Kapitalbeteiligungsgesellschaft NRW können zudem eigenkapitalähnliche Mittel bis zu 1 Mio. EUR investiert werden. www.nrwbank.de.

Autorenprofil

Verena Wenzelis war bis Juli 2016 Redakteurin bei der Unternehmeredition.

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