„Wir mussten uns von 180 Mitarbeitern trennen“

Der fränkische Fernsehbauer Loewe befindet sich in einer schweren Krise. Im Interview erläutert Vorstandschef Matthias Harsch, warum die Kronacher so tief im Schlamassel stecken, welche Restrukturierungsmaßnahmen vorgenommen wurden und wie die Firma künftig wieder Oberwasser bekommen will.

Unternehmeredition: Herr Harsch, nach Bekanntgabe des Quartalsverlustes in Höhe vor Zinsen und Steuern von 9,9 Mio. EUR stürzte der Aktienkurs um 27% ab. Was waren die Gründe für die schlechten Zahlen?

Matthias Harsch:
Wie die gesamte Branche wurde auch das Geschäft von Loewe in den ersten Monaten des laufenden Jahres von der negativen Marktentwicklung sehr belastet. Das schwierige gesamtwirtschaftliche Umfeld in ganz Europa bremst die Nachfrage nach wie vor. So ging der Umsatz mit Fernsehgeräten allein in Deutschland im ersten Quartal um 19% zurück; bei unserem wichtigsten Partner, dem qualifizierten Fachhandel, sogar um 37%. Vor diesem Hintergrund liegen Umsatz und Ergebnis auch bei Loewe deutlich unter den Vorjahreswerten.

Unternehmeredition: Ihr Grundkapital hat sich nahezu halbiert. Wie steuern Sie dagegen?

Harsch: Als börsennotierte Aktiengesellschaft mussten wir darauf hinweisen, dass bei anhaltender Entwicklung die Wahrscheinlichkeit besteht, dass sich das Grundkapital entsprechend verringert. Um diesen Trend umzukehren und umsatzmäßig wieder zu wachsen, investieren wir in neue Produkte, intensivieren in diesen Wochen etwa mit reichweitenstarker Fernsehwerbung die Ansprache unserer Kunden und stärken insgesamt die Internationalisierung des Unternehmens. Zudem haben wir auf der Kapitalseite einen Prozess für die Umsetzung verschiedener strategischer Optionen einschließlich der Durchführung einer Kapitalerhöhung eingeleitet.

Unternehmeredition: Welche personellen Restrukturierungsmaßnahmen ergreifen Sie, um wieder positiv in die Zukunft zu blicken?

Harsch: Hier haben wir unsere Hausaufgaben bereits gemacht. Im März mussten wir uns von 180 Mitarbeitern trennen, um die Personalkosten zu senken. Das geschah übrigens sehr sozialverträglich. Um den Übergang zu einer anschließenden Beschäftigung zu fördern, haben wir eine Transfergesellschaft gegründet, die mit Weiterbildung und Bewerbungstraining die ehemaligen Mitarbeiter ein Jahr lang fit macht für die berufliche Zukunft. Zudem stärken wir die zentralen Unternehmensprozesse, um unser Unternehmen noch leistungsfähiger zu machen.

Unternehmeredition: Machen sich die Restrukturierungsbemühungen bereits im Jahr 2013 bemerkbar?

Harsch: Unsere Restrukturierungsmaßnahmen werden sich bereits im zweiten Halbjahr 2013 bemerkbar machen – dabei die Einsparungen auf der Kostenseite früher als die Investitionen in neue Produkte, in Kommunikation und Internationalisierung.

Unternehmeredition: Vor allem junge Menschen sollen künftig mehr in den Fokus rücken. Können und wollen diese sich teure Fernseher leisten?

Harsch: Der Markt für Unterhaltungselektronik teilt sich nach wie vor – in Premiumqualität einerseits und billig andererseits. Das gilt zunächst unabhängig von der Preisklasse. Es gibt viele Menschen jeden Alters, die in der jeweiligen Produktkategorie das Beste haben möchten. Um zunehmend auch jüngeren Menschen den Einstieg in die Premiumwelt von zu erleichtern, bieten wir seit gut einem Jahr mit dem Loewe Air Speaker, der Loewe Sound Box oder dem Audio-Loewe Sound Vision Audio-Designgeräte an. Dieses neue Produktfeld entwickelt sich bei Loewe neben den Fernsehgeräten immer mehr zu einem zweiten Standbein.

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