Wenn Nachfolge zur Chance wird – Ein Softwareunternehmen im Wandel

Wie BIP Capital Partners den Weg von SEP in eine neue Wachstumsphase ebnet

Im oberbayerischen Holzkirchen, gut 30 Kilometer südlich von München, ist die digitale Welt ein Stück weit zu Hause. Dort, wo andere Ferien machen, entwickelt die SEP GmbH seit über 30 Jahren Backup- und Disaster-Recovery-Software. Der Name ist vor allem in Fachkreisen längst bekannt, doch das könnte sich ändern. Mit der Beteiligung der Investmentgesellschaft BIP Capital Partners beginnt für die SEP ein neues Kapitel – strategisch, personell und technologisch.

SEP, gegründet 1992, hat sich über die Jahre zu einem führenden Anbieter von Sicherungslösungen für komplexe, heterogene IT-Infrastrukturen entwickelt. Ihr Hauptprodukt, „SEP sesam“, schützt heute IT-Umgebungen von Behörden, Energieversorgern, Krankenhäusern, Universitäten und mittelständischen Unternehmen in über 50 Ländern. Was die Lösung auszeichnet, ist ihre außergewöhnliche Breite: „Ob physisch, virtuell, in der Cloud oder hybrid – das System kann nahezu jede Plattform abdecken. Dabei bleibt es flexibel, skalierbar und erfüllt höchste Anforderungen an Datenschutz und Compliance. Ein weiteres Produkt, der Cloud Application Protection Service (CAPS), sichert Cloud-Dienste wie Microsoft 365 oder Salesforce DSGVO-konform ab“, erklärt SEP-CEO Susanne Moosreiner. Das Label „Made in Germany“ ist hier also kein Marketingslogan, sondern gelebte Realität.

Die Nachfolgefrage als Ausgangspunkt

Doch selbst das stabilste System braucht irgendwann ein Update. Im Fall von SEP bedeutete dies die Klärung der Nachfolgefrage. Der Unternehmensgründer, auf die Achtziger zugehend, suchte eine Lösung, wie er sich schrittweise aus dem operativen Geschäft zurückziehen konnte. Die Geschäftsführung lag da bereits in den Händen seiner Schwiegertochter Susanne Moosreiner, die seit Jahren mit Weitblick und technischer Expertise die Geschicke des Unternehmens mitbestimmte – als Frau in der IT-Branche immer noch eine Ausnahme. „Die SEP stand vor einer klassischen Nachfolgesituation“, erklärt Sebastian Brose, Partner bei BIP Capital Partners. „Der Gründer wollte altersbedingt seine Anteile abgeben, die Mitgesellschafter – darunter Frau Moosreiner sowie ein institutioneller Investor – entschieden sich gemeinsam für einen strukturierten Verkaufsprozess.“ Unterstützt durch einen erfahrenen M&A-Berater wurde ein Auktionsverfahren gestartet, an dessen Ende BIP für sein überzeugendes Konzept den Zuschlag erhielt.

Bis zu diesem Moment hatten sich BIP und SEP nicht gekannt. „Wir sind im Rahmen des Auktionsprozesses erstmals aufeinandergetroffen“, so Brose. Doch was wie eine zufällige Begegnung klingt, entwickelte sich schnell zu einer fundierten strategischen Partnerschaft. Im Verlauf der Due Diligence erkannte das Luxemburger Beteiligungshaus nicht nur das Potenzial des Marktes, sondern vor allem die Qualität des Produkts und des Teams. „Was uns überzeugt hat, war die tief verwurzelte Kundenorientierung“, sagt Brose. „Die SEP ist ein Paradebeispiel für einen mittelständischen Technologieführer – mit klarer Vision, aber bislang begrenzter Marktdurchdringung. Genau dort setzen wir für die Zukunft an.“ Die technische Exzellenz sei unbestritten, doch im Vertrieb und Marketing gebe es großes Potenzial für weiteres Wachstum. Diese strukturelle Lücke will BIP nun gemeinsam mit der Geschäftsführung schließen.

Verantwortung bleibt im Haus

Susanne Moosreiner
Susanne Moosreiner

Ein zentraler Bestandteil der Transaktion im Zuge der Nachfolgelösung war es, die operative Kontinuität zu sichern. Susanne Moosreiner bleibt Geschäftsführerin, auch weitere Schlüsselkräfte aus der Entwicklung und dem Vertrieb sind nunmehr mit eigenen Investments am Unternehmen beteiligt. „Die Kontinuität war uns extrem wichtig“, betont Brose. „Wir glauben an die Stärke interner Nachfolgelösungen – insbesondere, wenn die Führungskräfte mit Herzblut bei der Sache sind. Das ist hier definitiv der Fall.“ SEP-CEO Moosreiner bestätigt: „Mit BIP haben wir einen Partner gefunden, der uns strategisch ergänzt, aber nicht verändert. Wir erhalten die unternehmerische Freiheit, die wir brauchen, um unsere technologische Linie weiterzuführen.“ Gerade im Hinblick auf die aktuelle Marktentwicklung sieht sie große Chancen: „Cyberbedrohungen nehmen zu, Backup ist nicht mehr optional – es ist geschäftskritisch. Wir setzen auf neue Funktionen wie Immutable Storage und KI-basierte Anomalie-Erkennung, um unsere Kunden noch besser abzusichern.“

Technologie und Strategie unter einem Dach

Dass BIP nicht nur Kapital mitbringt, sondern auch Erfahrung mit technologisch geprägten Unternehmen, war ein weiterer Pluspunkt. Die Luxemburger Investmentgesellschaft hat bereits andere Softwareunternehmen begleitet – immer mit dem Ziel, Nischenführer zu skalieren. „Wir suchen keine Sanierungsfälle, sondern Unternehmen, die hervorragend aufgestellt sind, aber ihr volles Potenzial noch nicht ausschöpfen“, so Brose. Genau das sei bei SEP der Fall gewesen. „Die Branche ist im Umbruch“, sagt er weiter. „Mit dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung ist eine Investitionsoffensive in die Digitalisierung der öffentlichen Hand zu erwarten. Gleichzeitig wächst der Druck auf Unternehmen, sichere und datensouveräne IT-Lösungen zu implementieren. Da kommt eine Lösung wie SEP genau zur richtigen Zeit.“

Ungewöhnlich intensiver Start

Seit der Beteiligung läuft die Zusammenarbeit zwischen Investor und Unternehmen auf Hochtouren. „Wir arbeiten an vielen Themen parallel – von Vertriebsstrategien über Produktpositionierung bis hin zu neuen Partnerschaften“, sagt Brose. Trotz der intensiven Phase sei das Verhältnis zum Managementteam hervorragend. „Die Offenheit, mit der wir aufgenommen wurden, ist nicht selbstverständlich. Das schafft Vertrauen.“ Auch innerhalb des Unternehmens ist der Aufbruch spürbar. Neue Mitarbeitende werden gesucht, insbesondere im Sales- und Marketing Bereich. Die Internationalisierung, insbesondere über Partnerschaften mit europäischen Cloud-Anbietern, wird aktiv vorangetrieben.

Eine Frau an der Spitze

Dass mit Susanne Moosreiner eine Frau die Leitung eines Softwareunternehmens übernommen hat, ist ein bemerkenswerter Aspekt dieser Geschichte. Doch sie selbst macht daraus kein Thema. „Es geht nicht darum, ob man Mann oder Frau ist, sondern ob man versteht, was der Markt braucht. Und der Markt braucht Vertrauen – in Technologie, Prozesse und Menschen.“ Ihre Rolle als Geschäftsführerin ist das Ergebnis jahrzehntelanger Aufbauarbeit im Unternehmen – nicht eines gesellschaftspolitischen Statements. Die Beteiligung von BIP Capital Partners markiert nicht das Ende, sondern den Beginn eines neuen Kapitels. Das Ziel ist klar: Wachstum, nicht nur in Zahlen, sondern in Relevanz. Der deutsche Mittelstand, sagt Brose, sei voll von verborgenen Champions. „Die SEP ist einer davon – und wir freuen uns, ein Teil dieser Reise zu sein.“

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen und Tech-Start-ups.

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