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Wenn die Kinder nicht folgen

Familieninterne Nachfolge – das ist der Wunsch vieler Familienunternehmer. Doch fehlendes Interesse oder Eignung der geplanten Nachfolger machen diesen Wunsch zunehmend zunichte. Eigenes Versagen oder ist der Abschied vom Lebenswerk eine Chance?

Deutschland ist das Land der Familienbetriebe, und besonders im Mittelstand werden Unternehmen zumeist vererbt. Aus Sicht vieler Unternehmer ist die familieninterne Nachfolge die Ideallösung: Wer mit dem Betrieb aufgewachsen ist, hat ein ganz anderes Verhältnis zum Unternehmen als ein Externer: Mitarbeiter, Kunden und Zulieferer sind keine Fremden.
Doch zunehmend bleibt die Übergabe an ein Familienmitglied ein unerfüllbarer Traum. Immer mehr Unternehmen finden auf diesem Weg keinen Nachfolger. Gemäß des Bonner Instituts für Mittelstandsforschung blicken in mehr als 30.000 der jährlich rund 71.000 zu übergebenden Familienunternehmen die Eltern hinter sich und finden kein interessiertes oder geeignetes Familienmitglied. In den nächsten Jahren müssen somit fast die Hälfte der zur Übergabe anstehenden Unternehmen in externe Hände weitergegeben werden.

Unternehmensnachfolge – nein danke!

Die Erkenntnis, die Nachfolge des Lebenswerks an Externe weitergeben zu müssen, ist für viele der Betroffenen gewöhnungsbedürftig. Der gesamte Übergabeprozess ist hochemotional, bringt er doch weitreichende Veränderungen der eigenen zukünftigen Lebensplanung mit sich. Sieht man sich zudem noch mit der Ablehnung oder Nichteignung der eigenen Kinder konfrontiert, kommen schnell Gedanken an Undankbarkeit, Egoismus, fehlendes Traditionsbewusstsein oder gar eigenes Versagen bei der Erziehung der Kinder auf. Aber ist es wirklich so erstrebenswert, der Sprössling eines erfolg- und traditionsreichen Unternehmens zu sein? War es tatsächlich immer der eigene Wunsch, in die großen Fußstapfen des Seniorchefs zu treten?Familieninterne Nachfolge – das ist der Wunsch vieler Familienunternehmer. Doch fehlendes Interesse oder Eignung der geplanten Nachfolger machen diesen Wunsch zunehmend zunichte. Eigenes Versagen oder ist der Abschied vom Lebenswerk eine Chance?

Bereits im Kindesalter musste man lernen, sich dem elterlichen Betrieb unterzuordnen. Die Gespräche am sonntäglichen Frühstückstisch drehten sich fast ausschließlich um firmeninterne Belange. Die ungeteilte Aufmerksamkeit der Eltern zu bekommen, war fast unmöglich. Die wenigen Male, an denen man zum Fußballspiel begleitet wurde, höchst selten. Mit zunehmendem Alter wurde einem bewusst, dass auch den Eltern, aufgrund der Unternehmensführung, nur wenig Zeit für ihre eigenen Bedürfnisse verblieb. Wirtschaftlicher Erfolg, Verantwortung für die Mitarbeiter und das stetige Bemühen, den Betrieb zukunftsfähig auszurichten, standen zwangsläufig immer im Vordergrund. Für manch einen Nachkommen ist dies eine untragbare Last und Einschränkung – die Ablehnung der Nachfolge damit die logische Konsequenz.

Entscheidung der Kinder akzeptieren

Ein weiteres relevantes Kriterium ist die Eignung. Das „Unternehmer-Gen“, so sehr man es selbst im Blut haben mag, ist nicht zwangsläufig in direkter Linie vererbbar. Verständnis und Begeisterung für maschinelle Prozesse und betriebswirtschaftliche Zusammenhänge sind nicht jedem in die Wiege gelegt und auch mit Fleiß allein nicht auszugleichen. Künstlerisches oder sportliches Talent ist nur bedingt kompatibel mit der Ausrichtung des Familienbetriebs. Die Übernahme des Familienunternehmens „einzufordern“ hieße sich, aber vor allem seinen Kindern einen Bärendienst zu erweisen.

Als „Plan B“ nun die Weitergabe der Unternehmensführung an das Management (ad interim) in Betracht zu ziehen liegt nahe, doch in vielen Fällen ist das lediglich ein Aufschub und keine für alle Beteiligten effiziente Lösung. Die Aussicht auf eine Unternehmensnachfolge der Kinder zu einem späteren Zeitpunkt ist mehr als gering. Ratsam ist es, die Entscheidung der Kinder rechtzeitig zu akzeptieren und den nun anstehenden Unternehmensverkauf frühzeitig einzuleiten.Familieninterne Nachfolge – das ist der Wunsch vieler Familienunternehmer. Doch fehlendes Interesse oder Eignung der geplanten Nachfolger machen diesen Wunsch zunehmend zunichte. Eigenes Versagen oder ist der Abschied vom Lebenswerk eine Chance?

Unternehmensverkauf – Chance statt Verlust

Auch wenn der Unternehmensverkauf emotional nicht die Ideallösung darstellt, ist er doch häufig eine tragfähige Alternative für alle Beteiligten. Ziel ist die Sicherung der Vermögensstruktur und die Realisierung des Unternehmenswertes. Ob der Verkauf durch Management Buyout, Übernahme durch einen Wettbewerber oder einen Finanzinvestor erfolgen soll, muss hierfür eingehend betrachtet werden. Die Ermittlung und glaubhafte Darstellung der Werttreiber sowie das rechtzeitige Erkennen möglicher Problemfelder spielen dabei ebenfalls eine entscheidende Rolle. Dem konkreten Nachfolgeprozess sollte eine unvoreingenommene Bestandsaufnahme vorangehen, die sowohl die persönliche Situation der Familie, die Vermögensstruktur als auch die Wertentwicklung des Unternehmens eingehend beleuchtet.

Um den Erfolg des M&A-Prozesses zu gewährleisten, ist die Einbindung eines erfahrenen Beraters, der die gesamte Klaviatur inkl. Prozessführung, Kaufpreismaximierung, Vertragsverhandlung etc. beherrscht, zwingend notwendig. Noch empfehlenswerter ist es, diesen schon sehr früh als neutralen „Sparringspartner“ in den gesamten, für den Unternehmer hochemotionalen, Nachfolgeprozess einzubinden.

Ein erfolgreicher Unternehmensverkauf generiert bis dahin unbeachtete Chancen. Das frei gewordene Kapital ermöglicht dem Unternehmer sowohl die Erfüllung eigener bislang unerfüllter Träume als auch Investitionen in die Zukunft seiner Nachkommen – ob durch finanziellen Support bei Gründung eines Start-ups oder deren Selbstverwirklichung.

Fazit: Immer mehr Familienunternehmer sehen sich mit dem externen Unternehmensverkauf konfrontiert. Die frühzeitige Einbindung eines professionellen, neutralen Beraters in den gesamten Nachfolgeprozess ist entscheidend für den Erfolg. Die rechtzeitige Akzeptanz der Entscheidung der Kinder generiert Chancen für alle Beteiligten.


Zur Person

(© Helbling Business Advirsors)

Nicolas Gutbrod ist Director M&A bei Helbling Business Advisors, einem der führenden Beratungshäuser in den Bereichen M&A, Restrukturierung und Operational Excellence. www.helbling.de/hba

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