Wehrle-Werk AG stellt Insolvenzantrag

©kelifamily - stock.adobe.com
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Die Wehrle-Werk AG mit Sitz in Emmendingen hat beim Amtsgericht Freiburg einen Insolvenzantrag gestellt. Das Gericht bestellte Marc-Philippe Hornung, Partner der Kanzlei SZA Schilling, Zutt & Anschütz, zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Der Geschäftsbetrieb des Unternehmens wird im Rahmen des vorläufigen Verfahrens fortgeführt. Die rund 250 Mitarbeitenden wurden bereits informiert. Löhne und Gehälter sind über das Insolvenzgeld abgesichert. Der vorläufige Insolvenzverwalter wird zunächst die wirtschaftliche Lage des Unternehmens analysieren und Maßnahmen zur Sicherung der Vermögenswerte prüfen. Zudem wird er den laufenden Geschäftsbetrieb überwachen. Ziel ist es, den Betrieb zu stabilisieren und eine Fortführungslösung außerhalb des Insolvenzverfahrens zu entwickeln. Die Tochtergesellschaften der Wehrle-Werk AG sind von der Insolvenz nicht betroffen.

Traditionsbetrieb in der Krise

Die Wehrle-Werk AG zählt zu den traditionsreichsten Industrieunternehmen im Südwesten Deutschlands. Das 1860 gegründete Unternehmen entwickelte sich vom Kesselbauer zu einem Anbieter im Bereich Umwelttechnik. Heute liegt der Schwerpunkt auf der Entwicklung und dem Bau von Anlagen zur Abwasser- und Abfallbehandlung, zur Rückgewinnung von Wertstoffen und zur Biogasproduktion. Das Unternehmen sieht sich selbst als „Treiber der Green Transformation“. Die aktuelle wirtschaftliche Krise des Unternehmens hat mehrere Ursachen. Laut Angaben aus dem Umfeld des Unternehmens führten insbesondere die schwache Konjunktur, Projektverzögerungen sowie stark schwankende Auftragseingänge zu erheblichen Belastungen. Zusätzlich wurde der Geschäftsbetrieb im Mai 2024 durch einen schweren Hackerangriff massiv beeinträchtigt. Auch eine problematische Softwareumstellung und der Ausfall mehrerer Großaufträge wirkten sich negativ aus. Das Russland-Geschäft, das vor dem Krieg etwa 5 % des Umsatzes ausmachte, brach nach dem Angriff auf die Ukraine vollständig weg.

Restrukturierungsmaßnahmen bereits eingeleitet

Bereits Ende 2024 war der Sanierungsexperte Axel Buchholz als externer Vorstand verpflichtet worden, um einen schlimmere Krise Kollaps abzuwenden. Hintergrund war ein Jahresverlust von 17 Mio. EUR bei einem Umsatz von 50 Mio. EUR im Geschäftsjahr 2022/23. Laut Buchholz war der Insolvenzantrag nach den Entwicklungen der letzten Wochen und Tage nicht mehr vermeidbar. Im Fokus des vorläufigen Insolvenzverfahrens stehen nun die Stabilisierung des operativen Geschäfts, die Sicherung der Arbeitsplätze und die Prüfung von Sanierungsoptionen. Der vorläufige Insolvenzverwalter will zeitnah Gespräche mit Kunden, Lieferanten und potenziellen Investoren führen. Auch die Immobilie am Standort Emmendingen, die aktuell nur noch teilweise genutzt wird, könnte in das Verfahren einbezogen werden.

Die beauftragte Kanzlei SZA Schilling, Zutt & Anschütz verfügt nach eigenen Angaben über langjährige Erfahrung in der Insolvenzverwaltung und Unternehmenssanierung. Das Team begleitet regelmäßig Restrukturierungen bei mittelständischen und größeren Unternehmen, insbesondere bei Betriebsfortführungen im Rahmen von Insolvenzverfahren sowie bei übertragenden Sanierungen oder durch Insolvenzpläne.

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen und Tech-Start-ups.

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