Wachstum kommt von innen

Nicht die Politik, die Konjunktur oder das Wetter sind es, die über Wohl und Wehe eines Unternehmens entscheiden. Wachstum kommt von innen und Wachstum wird auch von innen gebremst. Dabei gibt es Muster, die es sich lohnt aufzudecken.

Unternehmenslenker machen es sich zu oft unnötig schwer, denn sie suchen die Ursachen für Wachstum und mangelndes Wachstum außen statt innen. Die Konjunktur, die politischen Rahmenbedingungen, Umweltauflagen, das Wetter oder einfach der böse Kunde, der partout nicht kaufen will, werden für ausbleibendes Wachstum verantwortlich gemacht.

„Wir können es nicht ändern, wir tun doch alles Menschenmögliche.“ Wirklich? Wachstum kommt von innen, denn sonst wäre es kaum erklärbar, dass Unterschiede zwischen Unternehmen der gleichen Branche so groß sind. Die Bremsen liegen innen. Schauen wir uns einmal drei wichtige Bremsen an:

Bremse 1: Falsches Verständnis von Wachstum

Wachstum durch schiere Addition führt nicht zum Ziel. Wachstum durch Addition ist „Mehr des Gleichen“, und dieses „Mehr des Gleichen“ wird irgendwann an Grenzen stoßen. Profitables Wachstum entsteht durch permanente Erneuerung, teilweise sogar durch Erneuerung, bevor ein Produkt, eine Dienstleistung oder ein Verfahren den eigenen Zenit überschritten hat.
Profitables Wachstum fordert Innovation, fordert konsequentes Infragestellen der eigenen Position, fordert Unruhe. Allerdings ist damit ein erheblicher Kulturwandel im Unternehmen verbunden und es wird ein wenig unbequem, wenn das Marketing – häufig eine Insel der Glückseligkeit –, der Vertrieb – häufig das Abbild einer Silo-Organisation – und die Produktentwicklung – kreativ, aber zu häufig am Markt vorbei – permanent von der Unternehmensführung nach absehbaren Bedarfen der Kunden gefragt werden.

Bremse 2: Mangelnde Marktkenntnis

„Selbstverständlich kennen wir unseren Markt!“ – Dies höre ich häufig. Wirklich? Warum gibt es dann Rabattschlachten – in harter Währung oder in „Naturalrabatt“ ausgetragen? Warum gibt es so viele Produkte und Dienstleistungen, die floppen? Warum gibt es Preislisten, die das Papier nicht wert sind, auf dem sie geschrieben stehen? Warum gibt es unbezahlte Serviceleistungen? Wenn „wir unseren Markt“ tatsächlich so gut kennen, müsste es doch möglich sein, Produkte und Dienstleistungen zielgerecht und zu Preisen, die ein profitables Wachstum ermöglichen, an genau diesen Markt zu bringen.

Den Markt zu kennen bedeutet, nicht nur die aktuellen Wünsche der Kunden zu kennen und erfüllen zu können, sondern vielmehr Bedarfe abzusehen, aus denen neue Produkte und Leistungen entstehen. Niemand – das darf unterstellt werden – hätte Steve Jobs auf die Frage, wie unser neues Handy aussehen soll, eine Antwort gegeben, die auch nur nahezu in Richtung iPhone gegangen wäre.

Fragen Sie Ihre Marketingabteilung, Ihren Vertrieb, Ihre Produktentwicklung regelmäßig, wo sich Trends abzeichnen, wie diese Trends begründet werden und was Ihr Unternehmen daraus machen kann. Geben Sie sich nicht mit Platzhaltern zufrieden oder damit, den Status quo zu verwalten. Ändern Sie auch die internen Belohnungs- und Sanktionierungssysteme entsprechend.

Bremse 3: Millionen an den Schnittstellen

Viele Unternehmen haben sich durch zahlreiche Optimierungsinitiativen gequält. Der Webfehler ist der, dass sehr wohl die einzelnen Unternehmensbereiche optimiert, die Schnittstellen zwischen den Bereichen aber außer Acht gelassen wurden. Für die Führungskräfte in den einzelnen Bereichen ist die Sache damit erledigt, denn wenn ich meinen Bereich gemäß den Verabredungen optimiert habe, bin ich „fein raus“. An den Schnittstellen ist Niemandsland und es herrscht Anarchie. Genau diese Schnittstellen zwischen den Bereichen sind es aber, an denen Millionen Euro vergraben werden – und das nicht einmal aus böser Absicht.

Unternehmenslenkern muss dringend empfohlen werden, sich insbesondere die Schnittstellen zwischen den einzelnen Bereichen anzusehen und die Leiter der tangierenden Bereiche auf Regelung zu verpflichten. Schnittstellenvereinbarungen helfen nachdrücklich dabei, wenigstens einen Teil der vergrabenen Millionen zu heben – und das ohne zusätzlichen Aufwand.

Fazit

Wachstum kommt von innen. Bereits das gemeinsame Verständnis darüber, was Wachstum für ein Unternehmen spezifisch bedeutet, der konsequente, strukturierte Dialog über zukünftige Bedarfe der Zielgruppe (oder über neue Zielgruppen) und das Heben der Potenziale an den Bereichsschnittstellen lösen interne Wachstumsbremsen nachhaltig. Wenn Unternehmenslenker dann noch in die einzelnen Bereiche hineinschauen, in denen typische Bremsen wirken – wozu an dieser Stelle kein Raum mehr ist –, ergeben sich wesentliche weitere Wettbewerbsvorteile. Nur eines noch: Wenn Sie sich zeitbedingt nur auf einen Bereich konzentrieren können, schauen Sie in Ihren Vertrieb. Sie werden staunen.

Autorenprofil

Prof. Dr. Guido Quelle ist als Unternehmer, Autor und Redner national und international gefragter Wachstumsexperte. Er ist geschäftsführender Gesellschafter der Mandat Managementberatung GmbH in Dortmund und hat zwölf Bücher veröffentlicht. www.mandat.de

Vorheriger ArtikelEin gutes Auge für die Märkte
Nächster ArtikelZukunftspreis Brandenburg vergeben