Von Niederbayern in die weite Welt

Probleme mit der Internationalisierung hatten die beiden Chefinnen des niederbayerischen Bettwaren-Herstellers Mühldorfer nie: Sie haben es einfach gemacht, Schritt für Schritt, entschlossen und auf sehr persönliche Weise. 

Die Wende 1989 veränderte alles. Damals existierte das Familienunternehmen Mühldorfer schon 69 Jahre lang in Haidmühle im Bayerischen Wald, direkt beim Grenzübergang nach Tschechien. Elisabeth Hintermann und Maximiliana Pangerl hatten den von ihrer Ururgroßtante 1920 gegründeten Hersteller von Bettwaren 1987 in wirtschaftlich nicht allzu rosiger Lage übernommen. Aber der Fall des Eisernen Vorhangs, neben dem sie aufgewachsen waren, öffnete für sie auf einen Schlag die Welt. „Uns wurde bewusst, dass wir in den Export müssen“, erinnert sich Elisabeth Hintermann, „denn plötzlich waren wir nicht mehr am Ende der Welt.“ Sie gingen pragmatisch vor, suchten Länder, die sie gut erreichen konnten, mit Menschen, die ihre hochwertigen Betten für Hotels mögen und genug Geld für sie haben würden. Amerika war ihnen zu groß, Tschechien zu schwierig, die Österreicher nicht kaufbereit genug. Die Arabischen Emirate schienen ihnen geeignet, und so schlugen sie den ersten Pflock auf ihrem internationalen Weg in Dubai ein.

„Nichts ist schwierig auf der Welt“

Ein Land nach dem anderen kam dazu, und immer gingen die beiden Unternehmerinnen dabei auf sehr persönliche Weise vor. Heute liefern sie an all die bekannten Unternehmen der Hotelbranche in 60 Ländern, darunter Russland, etliche GUS­-Staaten, Kuwait, Irak, Afrika, China, Taiwan, sogar die Mongolei. Internationalisierung – eine schwierige Sache? „Nichts ist schwierig auf der Welt“, sagt Elisabeth Hintermann lakonisch. Wie das mit der Sprache aussieht? „Alle können Englisch.“ Aber auch an Delegationsreisen des bayerischen Wirtschaftsministeriums nehmen die Unternehmerinnen immer wieder mal gern teil.

Globale Kontakte mit politischer Hilfe

Die Organisation „Bayern International“ GmbH in München veranstaltet jährlich 15 bis 20 solche Reisen, die in aller Herren Länder führen. Durchschnittlich sind 25 führende Vertreter mittelständischer Unternehmen dabei. „Alles ist durchorganisiert“, sagt Rosi Saubert, Referentin für Delegationsreisen bei Bayern International, „und man kommt mit den richtigen Leuten an einen Tisch.“ Nicht zuletzt mit der bayerischen Wirtschaftsministerin Ilse Aigner oder ihrem Staatssekretär Franz Josef Pschierer, die abwechselnd mitfahren. Was das bewirken kann, bestätigen regelmäßig Umfragen unter den Teilnehmern nach den Reisen. Auch auf Auslandsmessen werden Geschäftsgrundlagen geschaffen. „Das macht Bayern International schon sehr gut“, sagt Elisabeth Hintermann. Solche Kontakte seien gerade dort wichtig, wo „Politik und Wirtschaft nah zusammen sind“. 2008 gewann Mühldorfer den Exportpreis Bayern in der Kategorie Industrie.

Auslandsproduktion wird zur Herausforderung

Immer neue internationale Potenziale suchen die Mühldorfer-Chefinnen, zurzeit etwa in Aserbaidschan, Georgien und Indien. Bettzeug für 50.000 Hotelzimmer produzieren sie im Jahr, alles in allem rund 200.000 Stück. Mit etwa 10% Zuwachs jährlich rechnen sie. Mit einer neuen Maschine werden die wieder mal ausgelasteten Kapazitäten zurzeit um ein Drittel erweitert. Auch im Inland ist Mühldorfer bei Fünf-Sterne-Hotels stark vertreten – mit mindestens 60% Marktanteil, wie Elisabeth Hintermann sagt. Doch die Exportquote beträgt etwa 75%. Hergestellt wird alles in Haidmühle. Knapp 50 Mitarbeiter werden zurzeit beschäftigt, mehr als 80% von ihnen sind Frauen. „Wir hoffen, dass keine Männerquote kommt“, witzelt Elisabeth Hintermann. Eine Produktion im Ausland will sie nicht, aber wegen der vielerorts erkennbaren Forderungen nach lokalen Fertigungen werde das wohl auf Dauer nicht zu verhindern sein – eine Herausforderung für viele Branchen in Deutschland, meint sie.

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