Vom Transporteur zum Systempartner

Wie Vecturio Service durch strategische Nachfolge, Digitalisierung und neue Services zum Komplettanbieter im Gesundheitswesen wurde.

Die Vecturio Service GmbH mit Hauptsitz in Hannover zählt zu den führenden Speziallogistikdienstleistern für sogenannte „regulierte und sensible“ Güter in Deutschland. Dazu gehören unter anderem Medikamente, medizinische Produkte, Gefahrgüter, Temperatur- oder feuchtigkeitsempfindliche Produkte sowie medizinische Proben und Labormaterialien. Mit 17 Standorten und einem engmaschigen Netzwerk aus über 100 Partnerstandorten ist das Unternehmen bundesweit präsent. Das operative Geschäft konzentriert sich auf die Durchführung komplexer Transport- und Fulfillment-Prozesse – insbesondere für zeitkritische, temperatursensible und streng regulierte Lieferungen.

Die Stärken des Unternehmens Vecturio Service liegen in spezialisierten Bereichen wie Healthcare- und Homecare-Logistik, der Transportorganisation für temperatursensitive Proben, der sicheren Zustellung medizinischer Geräte, der Dokumentenlogistik für Banken und Krankenkassen sowie der gesetzeskonformen Entsorgungslogistik medizinischer Abfälle. Zu den wichtigsten Kunden zählen renommierte medizinische Labore, Medizintechnikhersteller, gesetzliche Krankenkassen, Augenoptik-Ketten sowie Banken. „Unser Anspruch ist es, nicht nur Transporte auszuführen, sondern operative Prozesse aktiv mitzugestalten – digital, präzise und nachhaltig“, sagt Geschäftsführer Marc Muschkeit. Dabei verfolge man einen ganzheitlichen Lösungsansatz, der sich über Transport, Lagerlogistik, Planung, Beratung, Fulfillment und Callcenter-Services erstreckt.

Stabilität durch kluge Nachfolgelösung

Marc Muschkeit
Marc Muschkeit

Die heutigen Gesellschafter und Geschäftsführer Marc Muschkeit und Thomas Scheffler begleiten die Aktivitäten der heutigen Vecturio als Mitarbeiter seit mehr als 20 Jahren in verschiedenen Funktionen. Als die früheren Gesellschafter mit den Vorbereitungen für eine Unternehmensnachfolge begannen, äußerten beide früh Interesse an einer Übernahme. Im Rahmen einer geplanten und strukturierten Nachfolgeregelung wurde die Unternehmensgruppe vollständig über einen Share Deal übernommen. Dabei sicherte die Zusammenarbeit mit der Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Niedersachsen (MBG) mbH die finanzielle Basis der Übernahme. Das eingebrachte Mezzaninekapital der MBG war ein zentraler Baustein, um den Übergang strukturell abzusichern. „Mit der MBG  hatten wir von Anfang an einen Partner an unserer Seite, der unser Geschäftsmodell versteht und unser Wachstum langfristig mitträgt“, betont Marc Muschkeit. Der Kontakt zur MBG kam über ein beteiligtes Kreditinstitut zustande, das auch die Komplementärfinanzierung stellte. Die Zusammenarbeit zwischen Verkäufer, MBG, Bank und neuen Gesellschaftern verlief konstruktiv und zielgerichtet.

Matthias Zorn
Matthias Zorn

Matthias Zorn, Prokurist der MBG und zuständig für die Firmenkundenbetreuung begründet das Engagement wie folgt: „Vecturio Service hat ein attraktives Geschäftsmodell mit dem klaren Fokus auf die Systemlogistik im Gesundheitswesen. Hier sehen wir einen wachsenden Markt mit hohen Qualitätsanforderungen – und damit auch einen echten USP. In der bisherigen Zusammenarbeit hat uns auch das Management mehr als überzeugt.“ Der Kontakt von Vecturio zur MBG wurde durch ein Kreditinstitut hergestellt.

 

Neue Dienstleistungen als Wachstumstreiber

Nach der erfolgreich abgeschlossenen Nachfolgelösung investiert Vecturio Service gezielt in die Digitalisierung und Automatisierung seiner Prozesse. Aktuell wird ein neues Transportmanagementsystem eingeführt, das eine lückenlose Steuerung und Dokumentation aller Logistikprozesse ermöglicht. Ergänzend dazu prüft das Unternehmen den Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Tourenoptimierung, Kapazitätsprognose und operativen Entscheidungsunterstützung. Ein weiteres Wachstumsfeld ist der Ausbau des Fulfillment-Angebots. Neben klassischen Leistungen wie Konfektionierung und Lagerhaltung entwickelt Vecturio neue Value-Added-Services.

Ein aktuelles Pilotprojekt ist ein digitales Ausgabesystem, das eine automatisierte Materialversorgung ermöglicht. Das System basiert auf Chip-gesteuerten Modulen. Mittelfristig werden auch externen Kunden diesen Service nutzen können. „Die Kombination aus Logistikkompetenz, Digitalisierung und Nähe zum Kunden ist unser Schlüssel zur erfolgreichen Skalierung“, erklärt Marc Muschkeit. Die geplante Weiterentwicklung umfasst darüber hinaus den Aufbau einer strukturierten Vertriebsorganisation sowie Maßnahmen zur ökologischen Optimierung der Transportprozesse. Im urbanen Raum setzt das Unternehmen zunehmend auf E-Mobilität, Tourenoptimierung und CO₂-Monitoring.

Langfristiger Umbau zur Systemplattform

Die Vecturio Service GmbH ist das Ergebnis eines mehrjährigen Integrationsprozesses verschiedener Speziallogistiker aus dem Gesundheitsbereich. Unternehmen wie MEDLOG24, meljo, METRA und Regiomed wurden unter dem Dach der Unternehmensplattform Vecturio gebündelt und verschmolzen. Durch diesen Zusammenschluss entstand ein skalierbarer Komplettanbieter mit standardisierten, digitalen und zertifizierten Prozessen. Die Unternehmenshistorie reicht bis ins Jahr 1984 zurück, als die ursprüngliche Kruip GmbH in Bochum gegründet wurde. Seitdem hat sich Vecturio stetig weiterentwickelt und agiert heute als Systemanbieter mit einem klaren Branchenfokus.

Im Jahr 2024 erwartetet das Unternehmen einen Umsatz von rund 44 Mio. EUR. Über 539 Mitarbeitende und rund 1.300 eingesetzte Fahrer sichern täglich den reibungslosen Betrieb – mit mehr als 43.657 Aufträgen, 1.912 Touren und 29.105 Stopps pro Tag. Mit dem klaren Ziel, sich vom klassischen Logistikdienstleister hin zu einem prozessorientierten Partner zu entwickeln, setzt Vecturio auf Technologie, Kundennähe und eine zukunftssichere Organisation. Die Weichen für weiteres Wachstum sind gestellt – dank stabiler Finanzierung, starken Partnerschaften und einer klaren strategischen Ausrichtung.

 

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen und Tech-Start-ups.

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