Versicherungen bei steuerlichen Betriebsprüfungen richtig einbinden

Gute Vorbereitung auf mögliche Hürden ist essenziell

Versicherungen bei steuerlichen Betriebsprüfungen richtig einbinden
Foto: © Sutthiphong – adobestock.com

Kommt es nach einem Unternehmenskauf, bei dem eine Versicherung abgeschlossen wurde, zu einer Betriebsprüfung, sind die Versicherer bei der Betreuung der Betriebsprüfung einzubeziehen. Die Erfahrung zeigt, dass es hierbei einige Punkte zu beachten gilt. 

Versicherer waren vor einigen Jahren noch überrascht, wie viele Claims Notices sie erreichten, weil emsige Steuerabteilungen jede Betriebsprüfung an die Versicherer als möglichen Claim gemeldet haben. Inzwischen hat sich hierbei eine gute Routine etabliert, die es den Versicherten ermöglicht, unkompliziert durch die Betriebsprüfungen zu ­gehen, während Versicherer es schaffen, Kosten für das Claims Handling möglichst gering zu halten. So werden externe Berater in ­aller Regel erst eingeschaltet, wenn sich abzeichnet, dass es tatsächlich zu einem versicherten Schaden kommen mag. Umgekehrt haben die Versicherer das Claims Handling in Betriebsprüfungen sehr effizient aufgestellt, sodass sie üblicherweise innerhalb weniger Tage imstande sind, ­etwaige Kommunikation des Versicherten mit der Betriebsprüfung freizugeben.

Sprachbarrieren durch Kurzzusammenfassungen überwinden

Den größten Aufwand in der Praxis stellen Übersetzungen dar, die erforderlich werden, wenn Steuerbehörden und Versicherer aus unterschiedlichen Sprachräumen kommen. Gerade hier sind Versicherer aber pragmatischen Lösungsansätzen sehr zugänglich und zeigen sich offen, etwa anhand englischsprachiger Kurzzusammenfassungen weite Teile der Kommunikation freizugeben, ohne dass es hier einer genaueren Übersetzung bedarf. Solche Kurzzusammenfassungen sind in internationalen Unter­nehmensgruppen oftmals auch für das interne Reporting erforderlich, sodass sich Doppelaufwand häufig vermeiden lässt.

Einbindung von Beratern: richtigen Zeitpunkt finden

Letztlich ist für die Versicherer die Entscheidung wichtig, an welchem Punkt sie prüfen, ob eine Verteidigung gegen die Rechtsauffassung der Betriebsprüfung ziel­führend ist. Je früher man die materielle Verteidigung gegen den Anspruch betreibt, desto mehr Möglichkeiten bestehen, eine Festigung der Ansichten der Betriebsprüfung zu vermeiden. Umgekehrt löst eine frühzeitige Abwehr unter Einbindung von Beratern Kosten aus, die gerade in der Frühphase einer Betriebsprüfung keinem Mehrwert für den Versicherer oder den Versicherten gegenüberstehen.

Mit zunehmender Erfahrung der Versicherer etabliert es sich, bei Erhalt von Prüfungsfeststellungen und teilweise auch bei vorher ergehenden Stellungnahmen der Betriebsprüfung erstmals Kontakt mit Beratern zu suchen und eine mögliche Abwehr eines Schadens aus materiellen Gründen zu erwägen. Das ist natürlich nur dort von­nöten, wo der Schaden überhaupt in den Bereich der Versicherungsdeckung und nicht offenkundig in eine der üblichen oder eine dealspezifische Deckungsausnahme fällt. In der Praxis bleiben damit nur wenige Fälle zurück, in denen eine solche Prüfung überhaupt ansteht, zumal viele der verbleibenden, von der Deckung umfassten Prüfungsfeststellungen tatsächlicher Natur sind und eine Verteidigung mit rechtlichen Argumenten hier oftmals schwerfällt.

Mitwirkungsrechte des Versicherers erhalten

Ungeachtet dessen gilt es für den Ver­sicherten, einige Besonderheiten zu beachten. Zum einen ist die oben bereits erwähnte Benachrichtigung des Versicherers erforderlich, um diesen nicht seiner Mitwirkungsrechte zu berauben und dadurch den Versicherungsschutz zu gefährden. Zum anderen muss dann sichergestellt werden, dass etwaige Weisungen des Versicherers auch angemessen umgesetzt werden.

Versicherung bei laufender Betriebs­prüfung umgehend informieren

Wo bereits zum Akquisitionszeitpunkt Betriebsprüfungen laufen, ist es besonders wichtig, diese alsbald an die Versicherung zu melden und das weitere Vorgehen mit der Versicherung abzustimmen. Dies wird oft übersehen, da die Eröffnung der Betriebsprüfung bereits erfolgt ist und die tägliche Bearbeitung von Anfragen als Routine gesehen wird.

Konkurrenz mit anderen ­Versicherungen

In Transaktionen, in denen neben der W&I-Versicherung auch transaktionsbezogene Steuerversicherungen bestehen, kann es zu Konkurrenzproblemen bei den Weisungen der verschiedenen Versicherer kommen. Zwar gibt es regelmäßig keine Überschneidungen in der Deckung, da das spezialver­sicherte Thema in der allgemeinen Transaktionsversicherung als bekanntes Risiko ausgenommen ist. Da aber Anfragen und Stellungnahmen der Betriebsprüfung nicht zwischen diesen Themen unterscheiden, bedarf es gerade hier besonderer Aufmerksamkeit.

Während in der Frühphase einer Betriebsprüfung oft nur Informationen angefragt werden, bei denen die Versicherer erfahrungsgemäß schnell und unkompliziert die Vorlage gestatten, wird es in der Endphase einer Betriebsprüfung notwendig, sich auch inhaltlich zu äußern. In einem solchen Fall muss sichergestellt werden, dass die Instruktionen der jeweiligen Ver­sicherer für den Bereich befolgt sind, für den sie Deckung erteilt haben.

„Affirmative Cover“ spart ­Diskussionen

Kommt es dabei zu Widersprüchen zwischen den Vorstellungen der verschiedenen Versicherer, lassen sich diese oft durch Diskussion der verschiedenen Vorgehensweisen zwischen den verschiedenen Claims Handlern beseitigen. Gelingt das nicht, steht der Versicherte vor der Entscheidung, in welcher der Policen ihm aus der Nichtbefolgung einer Weisung des Ver­sicherers der größere Schaden droht. Dies wird oftmals die Spezialversicherung sein. Wo es möglich ist, über ein Affirmative ­Cover vom allgemeinen Versicherer auch das Sonderthema abzudecken, spart man sich diesen potenziellen Diskussionspunkt.

Beim Versicherten verbleibende Risiken

Insgesamt muss der Versicherte die Betriebsprüfung vollständig betreuen und kann sich nicht auf die Streithilfe des Versicherers verlassen. Einerseits sind die am häufigsten beanstandeten Themen in Betriebsprüfungen oft nicht von den Versicherungen gedeckt, andererseits bestehen bei der Deckung ­Lücken durch Wesentlichkeitsschwellen und Retention Amounts. Es ist damit wohlverstandenes Eigeninteresse des Versicherten, in Betriebsprüfungen möglichst keine steuerlichen Beanstandungen zu erleiden.

Fazit

Betriebsprüfungen sind den Versicherern als potenzielle Claims zu melden. Die anschließende Betreuung der Betriebsprüfung funktioniert in der Praxis auch mit dem Umweg über den Versicherer sehr gut und schnell, solange keine Sprachbarrieren bestehen. Bei Abdeckung von bekannten Steuerrisiken über Spezialversicherungen kann die Abstimmung mit verschiedenen Ver­sicherern etwas komplexer werden.

Dieser Beitrag ist im Special M&A Insurance erschienen.

Autorenprofil
Dr. Gunnar Knorr

Dr. Gunnar Knorr ist Rechtsanwalt bei Oppenhoff und ist spezialisiert auf die steuerliche Beratung bei M&A-Transaktionen sowie Unternehmensfinanzierungen und berät bei Versicherungslösungen zu Steuerrisiken.

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Till Liebau

Till Liebau ist Rechtsanwalt bei Oppenhoff und berät nationale sowie internationale Unternehmen und Finanzinvestoren bei M&A- und Private-Equity-Transaktionen. Außerdem berät er seit langem Versicherungen und Versicherungsnehmer im Zusammenhang mit M&A-Insurance-Produkten.

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Dr. Markus Rasner

Dr. Markus Rasner arbeitet als Rechtsanwalt bei Oppenhoff und ist zudem auch als Berater für nationale wie internationale Unternehmen und Finanzinvestoren bei M&A- und Private-Equity-Transaktionen tätig. Darüber hinaus berät Seit Langem Versicherungen und Versicherungsnehmer im Zusammenhang mit M&A-Insurance-Produkten.

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