Veränderungskommunikation bei Fusionen in der Industrie 

Foto: © Nattapat_AdobeStock
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Fusionen bringen tiefgreifende Veränderungen mit sich – organisatorisch, strukturell und vor allem menschlich. Verständlicherweise ist das mit Unsicherheit und Ängsten verbunden. Damit daraus kein Widerstand, Leistungsabfall oder sogar eine Abwanderung von Personal wird, braucht es eine gut geplante und mitarbeitergerechte Change Communication. Dieser Beitrag zeigt, wie eine solche aussehen sollte.

Laut dem IMAA-Institut fanden in Deutschland im Jahr 2024 mehr als 1.700 Übernahmen und Fusionen statt. Im laufenden Jahr rechnet das Institut mit über 1.900. Damit sind Unternehmenstransaktionen trotz der angespannten Konjunktur weiter ein wichtiger Bereich der hiesigen Wirtschaft. Gerade die Verschmelzung zweier Industrieunternehmen ist aber viel mehr als eine technische und strukturelle Aufgabe. Sie ist auch ein Zusammenspiel von individuellen Erwartungen und Kulturen. Vor allem im Mittelstand, wo persönliche Bindung und Hands-on-Mentalität prägend sind, entscheidet interne Kommunikation über den Erfolg des Wandels.

Veränderung beginnt mit Kommunikation

Bei einer Fusion werden häufig Abteilungen zusammengeführt, Aufgaben zentralisiert oder Prozesse vereinheitlicht – mit direkten Auswirkungen auf die betreffenden Mitarbeitenden. Auch wenn diese Einsicht noch nicht in allen Führungsetagen angekommen ist: Change Communication stellt dabei keinen Nebenschauplatz, sondern einen zentralen Erfolgsfaktor dar. Schließlich nimmt sie Mitarbeitende mit, schafft Orientierung und gibt Vertrauen, bevor Unsicherheit zu Unmut und Stillstand wird. Erfolgreiche Veränderungskommunikation beginnt in der Industrie nicht mit vorgefertigten Management-Konzepten, sondern mit Offenheit, lässt Fragen zu und gibt nachvollziehbare Antworten. Denn: Mitarbeitende wollen wissen, was die Fusion für sie bedeutet – sachlich, konkret, ohne Floskeln. Arbeitsplatzsicherheit, Veränderungen in den Tätigkeiten oder neue Standorte sind Themen, die transparent benannt werden müssen.

Begegnen statt Übergehen

Akzeptanz für Veränderungen wird selten allein durch Memos oder Rundmails geschaffen – vor allem nicht, wenn längst Nägel mit Köpfen gemacht wurden. Persönliche Gespräche, Austauschformate und ein aktives Miteinander sind wirkungsvoller. Gerade wenn es darum geht, neue Teams zu bilden oder Arbeitsbereiche im Zuge der Fusion zu vereinen. Hier kann es sehr effektiv sein, dass sich die Beteiligten früh persönlich kennenlernen – sei es durch Standortbesuche, Tandemprogramme oder gemeinsame Workshops.

Verunsicherung geht mit Veränderungen einher – gerade, wenn sie schnell und tiefgreifend sind. Strategische Veränderungskommunikation greift diese menschliche Reaktion auf, statt sie zu übergehen. Sie bietet Raum für Sorgen, adressiert Betroffene bewusst und schafft Formate für regelmäßigen Austausch – sowohl persönlich als auch digital. Ohne Kommunikation droht Leistungsabfall, Verweigerung oder im schlimmsten Fall eine Abwanderung wichtiger Fachkräfte.

Leitfaden für die Fusions-Kommunikation:

  1. Analyse der Zielgruppen: Wer ist in welchem Ausmaß betroffen? Verschiedene Abteilungen benötigen meistens eine unterschiedliche Ansprache.
  2. Change-Story: Eine einheitliche, verbindende Erzählung ist wichtig – im Vorfeld wird dafür eine Change-Story entwickelt, die in allen Maßnahmen immer wieder Sie enthält unter anderem Aussagen darüber, welche Vorteile die Veränderung mit sich bringt, warum sie wichtig ist, was das Ziel ist und auch, was passiert, wenn die Veränderung nicht gelingt. Sie gibt ein klares Zielbild und zeigt den Weg dahin auf.
  3. Auswahl der Kommunikationsmittel: Von Aushängen über das Intranet bis zu Mitarbeiter-Mailings, offenen Gesprächsrunden (auch in digitalen Talks), Mitarbeiterzeitungen oder Kollaborationstools – immer die Mittel wählen, die mit Sicherheit ankommen.
  4. Zeitliche Planung: Die Kommunikation folgt einem klaren Fahrplan – wer wann was erfährt, sollte strategisch im Zuge der Fusionsvorbereitung mitgeplant werden.
  5. Verantwortlichkeiten definieren: Wer steuert die Kommunikation und steht als AnsprechpartnerIn zur Verfügung?
  6. Dialog ermöglichen: Rückfragen, Feedbackrunden, Gesprächsangebote, Workshops – echte Beteiligung stärkt die Akzeptanz und nimmt Ängste.
  7. Kulturentwicklung mitdenken: Neue Teams brauchen verbindende Rituale, Werte und Erlebnisse, Kennenlern-Runden, gegenseitige Besuche und gemeinsame Events können einen großen Unterschied machen.

Change Communication bei Fusionen auf einen Blick:

  • Veränderungen erzeugen Unsicherheit

Organisatorische, strukturelle und emotionale Themen erfordern gezielte Kommunikation.

  • Die Sprache der Veränderung sprechen

Change Communication schafft Orientierung, Vertrauen und verhindert Widerstand oder Leistungsabfall.

  • Klarheit schaffen

Mitarbeitende wollen konkret und ehrlich informiert werden – besonders zu Veränderungen bezüglich Arbeitsplatz, Aufgaben und Standorten.

  • Persönlichen Austausch bieten

Direkte Gespräche, Workshops und Austauschformate sind wirksamer als Memos oder E-Mails.

  • Emotionen ernst nehmen

Gute Kommunikation berücksichtigt Ängste und Unsicherheiten und bietet Raum für Austausch.

  • Bewusst planen und handeln

Strategische Change Communication umfasst unter anderem Zielgruppenanalyse, Entwicklung einer Change-Story, die Wahl geeigneter Kommunikationsmittel, Zeitplanung und feste Verantwortlichkeiten.

  • Intern vor extern

Mitarbeitende sollten als Erste vom Unternehmen informiert werden – und nicht durch Dritte wie die Presse von der Veränderung erfahren.

Fazit:

Fusionen in der Industrie sind keine rein technischen Zusammenschlüsse von Strukturen, sondern komplexe Transformationsprozesse, die Menschen betreffen und oft Verunsicherung auslösen. Interne sowie externe Veränderungskommunikation ist hier der entscheidende Faktor, um Vertrauen zu schaffen und Widerstand zu vermeiden. Denn: Wer die Betroffenen früh einbindet, eine klare Change-Story vermittelt und aktive Mitwirkung ermöglicht, kann Ängste abbauen und den Wandel gemeinsam erfolgreich gestalten.

Ilka Stiegler
Ilka Stiegler

Autorin:

Ilka Stiegler,

Geschäftsführung ABG Marketing GmbH www.abg-marketing.de

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Ilka Stiegler
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