„Der Markt ist nach wie vor extrem schwierig“

Im Zuge der Krise in der Solarwirtschaft musste auch die Solarwatt AG Insolvenz anmelden. Über das Schutzschirmverfahren gelang der Weg aus der Misere. Mit dem BMW-Erben Stefan Quandt als Großaktionär, neuen Produkten und der Umfirmierung in eine GmbH blickt das Unternehmen wieder in eine bessere Zukunft.

Unternehmeredition: Herr Bovenschen, die Krise in der Solarbranche ist längst nicht ausgestanden. Gibt es im Moment Hersteller von Solarmodulen, die noch Geld verdienen?

Carsten Bovenschen: Derzeit wohl nicht wirklich. Wenn man sich den Preisverfall anschaut, ist dies allerdings auch nicht verwunderlich. Vor allem die chinesischen Unternehmen kommen mit regelrechten Kampfpreisen von deutlich unter 50 Cent pro Watt auf den Markt.

Unternehmeredition: Im vergangenen Jahr schlüpfte Solarwatt wegen drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung unter den Insolvenzschutzschirm. Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen?

Bovenschen: Wir haben die gesamte Bandbreite der zur Verfügung stehenden Instrumente abgedeckt. Wo wir Kosten senken konnten, haben wir das gemacht. Dabei haben wir jede einzelne Ausgabe auf ihre Sinnhaftigkeit überprüft und auch einige langfristige Verträge gekündigt. Wir haben seitdem sozusagen jeden Euro zweimal umgedreht, bevor wir ihn ausgegeben haben. Das fing an bei der Reduzierung der sonstigen betrieblichen Aufwendungen, zum Beispiel der drastischen Kürzung des Marketingbudgets, und ging bis zu Personalmaßnahmen. Die Anzahl der Arbeitsplätze reduzierte sich von 435 auf 337.

Unternehmeredition: Ein wenig Glück hatten Sie dennoch: Das Schutzschirmverfahren gibt es ja erst seit dem vergangenen Jahr …

Bovenschen: Glück im Unglück, in der Tat. Im März wurde das Schutzschirmverfahren eingeführt und wir haben dieses Instrument dann im Juni nutzen können. Den Gläubigern wurde so zunächst der Zugriff auf das Vermögen entzogen und wir konnten uns auf die Sanierung und die Restrukturierung vorbereiten. Geholfen hat uns, dass wir bereits Ende 2011 Sanierungsgespräche mit den Banken geführt haben. Zur Umsetzung des Plans benötigten wir frisches Geld, und letztlich mussten wir auch die Passivseite restrukturieren. So verloren Anleger 84% ihrer Forderungen aus Anleihen. Auch die Lieferanten wurden nur noch quotal bedient, genauso wie alle sonstigen nicht nachrangigen Gläubiger. Dennoch konnten wir im Rahmen der Fortführung des Unternehmens eine wesentlich höhere Quote anbieten, als dies bei einer Abwicklung zu erwarten gewesen wäre. Bei den Banken war es schwer, mehr als die zeitweise Tilgungsaussetzung abzuringen.

Unternehmeredition: Warum war die Insolvenz in Eigenverwaltung für Sie der richtige Schritt? Hätte ein Insolvenzverwalter nicht härter durchgegriffen und mehr verändert?

Bovenschen: Ich denke nicht. Auch wir stellten alles auf den Kopf und sind der Meinung, dass ein Insolvenzverwalter vieles ganz genauso gemacht hätte. Klar ist jemand, der das jahrelang gemacht hat, etwas souveräner und natürlich auch emotionsloser. Aber das muss nicht immer richtig sein. Außerdem hat man den Sachwalter als Kontrollorgan. Im Übrigen waren wir mit zwei erfahrenen Restrukturierungsberatern sehr professionell aufgestellt. Sie unterstützten uns sowohl in Haftungsfragen für den Vorstand als auch im Insolvenzplan und Restrukturierungskonzept.

Unternehmeredition: Warum sind Sie so tief in die Krise gerutscht?

Bovenschen: Die Auftragslage hatte sich extrem verschlechtert: Vom Allzeithoch 2010, als wir einen Umsatz von mehr als 320 Mio. EUR hatten, sind 2011 keine 200 Mio. übrig geblieben. 2012 waren es dann deutlich unter 100 Mio. Dies war bedingt durch den dramatischen Preisverfall bei den Solarmodulen. Als Folge wurden verschiedene Finanzkennzahlen für die Finanzierung 2012 verfehlt. Wir traten in Verhandlungen mit den Banken, um die Kreditrahmen zu verlängern. Dafür wurden u.a. verschiedene Beiträge der Altaktionäre gefordert. Stefan Quandt, seit 1998 im Unternehmen investiert und mit mehr als 30% Großaktionär, war jederzeit bereit, Geld ins Unternehmen zu stecken. Trotzdem konnte man sich im Aktionärskreis auf die konkreten Sanierungsbeiträge offensichtlich nicht einigen. Es fehlte uns dann die positive Fortführungsprognose, um die Kredite zu verlängern.

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