„Unsere Kronjuwelen sind die Rezepturen“

In Windach bei München stellt Delo hocheffiziente Industrieklebstoffe her.
Bild: Delo

Unternehmeredition: Wie genau sieht Ihr Geschäftsmodell aus? In welchen Alltagssituationen begegnet uns Klebetechnik von Delo?

Herold:
Unser Geschäftsfeld sind Spezialklebstoffe vorrangig in der Hightech-Industrie. Dabei suchen wir ganz gezielt nach Branchennischen in einer Größe von 5 bis 50 Mio. EUR Weltumsatz. Wir haben somit ein Geschäftsmodell entwickelt, das für kleine Betriebe schwer umzusetzen und für größere Konzerne nicht lukrativ genug ist. In Frage kommt hauptsächlich der Elektronikbereich, hier aber über viele Branchen hinweg: Automotive, Maschinen- und Anlagenbau im weitesten Sinne, Optoelektronik, Photovoltaik, Glas und Consumer Electronics, um nur einige zu nennen. Selbst wenn wir uns an große Branchen wie die Automobilindustrie wenden, liefern wir keine Massenprodukte, sondern konzentrieren uns auch hier auf Spezialanwendungen, z.B. Sensoren zum Abblenden des Rückspiegels oder allgemein Kamerasysteme. Innerhalb dieser Nischen ist unser Ziel ganz klar, Weltmarktführer zu werden und einen Marktanteil von über 50% zu erreichen, was uns auch sehr gut gelingt.

Unternehmeredition: Wie spüren Sie die für Sie relevanten Branchenlücken auf?


Herold:
Mit unserem Branchenmanagement haben wir ein System aufgebaut, das sich vom Key Account Management anderer Firmen deutlich unterscheidet: Wir suchen gezielt Geschäftsfelder aus, bei denen wir überzeugt sind, dass unsere Spezialklebstoffe den Kunden einen entscheidenden Mehrwert bieten. Dadurch sind wir in der Lage, den Kunden mit seinen Besonderheiten zu positionieren, und versuchen dann, die entsprechenden Opinion Leaders zu erreichen. Meist erfolgt der Kontakt durch eine unverbindliche und kostenfreie Beratung, und natürlich geraten wir bei unserer Suche nach geeigneten Unternehmen sehr schnell in internationale Gefilde.

Unternehmeredition: Neben Europa sind Sie heute mit Repräsentanzen und Vertretungen in Asien und einer Tochtergesellschaft in den USA international aufgestellt. Was spricht für diese Märkte? Wie haben Sie dort jeweils den Markteintritt vollzogen? Mit welchen Schwierigkeiten hatten Sie am meisten zu kämpfen?


Herold:
Unser ursprünglicher Internationalisierungsfokus lag anfangs ausschließlich auf Kunden aus Europa. Da die meisten von ihnen zwar in Europa entwickeln, aber in Asien produzieren, mussten unsere Ingenieure vor Ort sein und in der Anwendung von Delo-Produkten Hilfestellung leisten. Somit lag der Schritt nahe, 2004 auch dort den Markteintritt zu wagen: Wir haben also unsere europäischen Kunden nach Asien begleitet. In den USA ist das Marktumfeld komplett anders, die größten Klebstoffhersteller haben hier ihren Sitz. Entscheidend für den Eintritt in USA war das erhöhte Interesse an Sicherheitstechnik nach dem Jahr 2001; dadurch konnten wir mit unseren Spezialklebstoffen für den Smart-Card-Sektor erfolgreich in den amerikanischen Markt einsteigen. Wie auch in anderen Ländern arbeiten wir hier eng mit unseren Kunden bereits in der F&E-Phase zusammen, um maßgeschneiderte, auf die jeweilige Anwendung abgestimmte Klebstoffe zu entwickeln. Gerade in den USA sind deutsche Ingenieure hoch angesehen, so dass wir von den meisten Kunden mit offenen Armen aufgenommen werden. Letztendlich hatten wir uns den Markteintritt hier schwieriger vorgestellt.

Unternehmeredition: Welche Märkte haben Sie als nächstes im Blick?


Herold:
Als mittelständisches Unternehmen sind unsere Kapazitäten zur Internationalisierung begrenzt, wir expandieren lieber peu à peu. Im Entwicklungsbereich suchen wir im Schnitt jährlich sieben bis acht neue strategische Geschäftsfelder. Als Weltmarktführer werden wir momentan eher in neue Märkte hineingezogen, aktuell z.B. nach Brasilien, wo 2014 und 2016 die Fußballweltmeisterschaft und die Olympiade anstehen. Auch hier wird momentan intensiv in Sicherheits- und Smart-Label-Technik investiert. Anfangs war auch eine Ausweitung unserer dortigen Tätigkeit auf weitere Branchen im Gespräch, wofür wir uns vorerst jedoch nicht entschieden haben. Konzentration auf das Wesentliche ist für einen Mittelständler auch wichtig; momentan steht für uns die Konsolidierung in Asien und den USA im Vordergrund.

Unternehmeredition: Wie sind Sie im internationalen Vergleich positioniert, was ist Ihr größter Wachstumsmarkt? Wo sehen Sie die größten Wettbewerber?


Herold:
Unser größter Wachstumsmarkt ist Asien, da es hier zahlreiche Kunden aus der Elektronik und Mikroelektronik gibt, bei denen unsere speziellen Elektronikklebstoffe stark gefragt sind. Den asiatischen Markt bedienen wir mittlerweile sehr gut. Ein ähnlich gut aufgestelltes Unternehmen wie Delo gibt es international glücklicherweise nicht. Natürlich haben große Klebstoffhersteller Konzernsparten, die sich mit unseren Geschäftsfeldern decken. Den größten Wettbewerb sehe ich jedoch durch kleine flexible Betriebe in Asien, die über ein sehr hohes Chemiewissen verfügen und unseren Kunden oft sehr gute Produkte anbieten.

Unternehmeredition: Spielt in diesem Zusammenhang auch Industriespionage eine Rolle?

Herold:
Unsere Kronjuwelen sind die Rezepturen, die geben wir nicht außer Haus und produzieren deshalb gezielt nur am Standort Windach. Da unsere hocheffizienten Klebstoffe in „homöopathischen Dosen“ angewendet werden, können sie problemlos in alle Welt verschickt werden. Dem größten Angriffspunkt für Industriespionage sind wir somit nicht ausgesetzt, stattdessen weiten wir unsere Produktion in Deutschland momentan massiv aus. Vor Produktkopien im weitesten Sinne ist man im chinesischen Markt aber generell nie sicher. Hier ist eine enge Bindung an den Kundenstamm und Aufklärung über unser weltweites Netz autorisierter Händler wichtig. Bislang sind uns von Kundenseite auch keine größeren Vorkommnisse bekannt.

Unternehmeredition: Seit Jahren verzeichnen Sie Wachstumsraten im zweistelligen Prozentbereich, selbst das Krisenjahr 2009/2010 konnten Sie mit einem leichten Umsatzplus abschließen. Welche Auswirkungen hatte das volatile weltwirtschaftliche Umfeld auf Ihre Unternehmensentwicklung? Wie haben Sie es geschafft, Ihr Unternehmen über diese turbulente Zeit hinwegzuretten?


Herold:
2009/2010 hatten einzelne Chemieunternehmen sogar Einbrüche von bis zu 30% zu verzeichnen. Wir dagegen konnten unseren Umsatz auf einem konstanten Niveau halten. Unsere Strategie aus der Krise war eine intensive Konzentration auf unser Kerngeschäft, die Forschung und Entwicklung, und hier keineswegs zu sparen. Das Gute an dieser turbulenten Zeit war vielleicht, dass man sich wieder auf das Wesentliche konzentrieren konnte, auch unsere Kunden hatten Zeit, ihr Geschäftsmodell zu überdenken und sich neu aufzustellen. Auch wenn wir in der Produktion durchaus weniger zu tun hatten, waren unsere Mitarbeiter in der Entwicklung rund um die Uhr beschäftigt. Frucht der Bemühungen war, dass wir 2011 mit einem Jahresumsatz von 44 Mio. EUR ein Plus von fast 40% erreichen konnten. Insgesamt sind wir aus der Krise also gestärkt hervorgegangen.

Unternehmeredition: Frau Herold, vielen Dank für das Gespräch!

Das Gespräch führte Verena Wenzelis.
verena.wenzelis@unternehmeredition.de

Kurzprofil: Delo Industrieklebstoffe GmbH & Co. KGaA
Grundüngsjahr: 1961
Branche: Industrieklebstoffe
Unternehmenssitz: Windach b. München
Mitarbeiterzahl: ca. 300
Umsatz 2011: 44 Mio. EUR
Internet: www.delo.de

Autorenprofil

Verena Wenzelis war bis Juli 2016 Redakteurin bei der Unternehmeredition.

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