Adcuram ist eine deutsche Industrieholding, die ihre Unternehmen konservativ finanziert und lange hält – und außerdem eine umfangreiche operative Unterstützung bietet. Wir sprachen mit dem Geschäftsführer Broder Abrahamsen über die Besonderheiten des Geschäftsmodells und über Strategien für die aktuelle Marktlage.
Unternehmeredition: Welche Vorteile hat ein Private-Equity-Unternehmen, das von einer Industrieholding und nicht durch Fonds finanziert wird?
Broder Abrahamsen: Für uns ist es ein Vorteil, dass wir gegenüber Unternehmern durch unseren längerfristigen Investitionsansatz punkten können und dadurch, dass wir eigenes Geld investieren, also unternehmerisches Eigenkapital statt Drittmittel. Für die Beteiligungen sind die Vorteile noch wichtiger, denn es geht ja darum, unsere Unternehmen weiterzuentwickeln. Ein Vorteil dabei ist, dass wir konservativer finanzieren als ein klassischer Finanzinvestor. Wir leben davon, dass wir operative Ertragssteigerungen in den Beteiligungen erzielen und die Unternehmen gut entwickeln. Beides macht Unternehmen in Krisen auch resistenter, etwa gegen steigende Zinsen, zähe Refinanzierungen oder Engpässe in der Lieferkette. Ein weiterer Vorteil ist unser Durchhaltevermögen. Als Industrieholding begleiten wir unsere Unternehmen in der Krise und unterstützen sie langfristig mit Kapital und unserem dritten Vorteil: unserem eigenen Expertenteam, das langjährige Erfahrung in der Weiterentwicklung und auch Krisenentwicklung besitzt.
In welchen Fällen kommt das vor?
Gerade in den letzten Jahren hatten die Unternehmen große Herausforderungen zu meistern, zum Beispiel Lieferkettenprobleme, Personalengpässe, aber auch eine Vielzahl neuer Regularien und Berichtspflichten im Zusammenhang mit ESG. Wir helfen mit unseren Experten direkt im Unternehmen mit, diese Probleme zu lösen. Unsere Experten haben zum Beispiel Firmen dabei unterstützt, neue Lieferanten zu finden, um lieferfähig zu bleiben. Dadurch konnten unsere Unternehmen Marktanteile gewinnen. Wir haben auch eigene Finanzierungsexperten, die den Unternehmen dabei helfen, Zinssicherung zu betreiben. Unsere Mitarbeiter sind so lange da, wie sie gebraucht werden. Unser eigenes Expertenteam ist ein echtes Alleinstellungsmerkmal. Es hat sich gerade in der jüngeren Vergangenheit sehr ausgezahlt.
Wie ist die Situation im Neugeschäft?
Es ist schwieriger geworden, gerade bei Unternehmensnachfolgen. Aufgrund der Finanzierungssituation klaffen die Bewertungserwartungen zwischen Verkäufer und Käufer auseinander, sodass viele Unternehmer aktuell gar nicht verkaufen wollen. Wir glauben aber, dass sich die Lage im zweiten Halbjahr wieder etwas normalisiert und wir weitere Unternehmen für die Adcuram-Familie erwerben können. Unser Optimismus gründet auch darin, dass sich unser Geschäft von dem vieler anderer Finanzinvestoren unterscheidet. Die suchen nach gut laufenden, ertragreichen Unternehmen – wir dagegen suchen Beteiligungen, bei denen operative Expertise und strategischer Weitblick gefragt sind. Wenn das Umfeld schwieriger wird, gibt es in der Regel mehr Unternehmen, die vor Herausforderungen stehen, die sie allein nicht lösen können.
Wie sieht es mit Carve-outs aus?
Konzernverkäufe sind unser zweites Hauptgeschäftsfeld neben Unternehmensnachfolgen. Wir sehen aktuell zwar Konzernverkäufe, die für uns interessant sein könnten. Im Markt sehen wir Konzerne im Moment aber eher auf der Käuferseite, weil sie reichlich Geld für Investitionen verfügbar haben.
Wie beurteilen Sie die Aussichten des Beteiligungsgeschäfts?
Wir halten unser Geschäftsmodell für widerstandsfähig und nachhaltig. Natürlich leiden Finanzinvestoren etwas unter dem aktuellen Zinsumfeld, aber Finanzinvestoren gab es auch schon in Zeiten wesentlich höherer Zinsen. Eigenkapital als Finanzierungsquelle wird immer wichtiger, je schwieriger es wird, Bankkredite zu bekommen. Langfristig werden Finanzinvestoren deshalb ein wichtiger Baustein für die Weiterentwicklung des Mittelstands sein.
ZUR PERSON
Broder Abrahamsen, Geschäftsführer,
ADCURAM Group GmbH
welcome@adcuram.com
Dieses Interview erscheint Mitte Mai in unserer Spezialausgabe “Investoren im Mittelstand”.
Bärbel Brockmann
Bärbel Brockmann ist eine freie Wirtschaftsjournalistin, die schwerpunktmäßig über Finanz-, Energie- und Immobilienthemen schreibt. Die frühere Leiterin des Düsseldorfer Korrenspondentenbüros der Nachrichtenagentur Reuters begann ihre berufliche Karriere bei einer großen Regionalzeitung.
