KI mischt mit. Sie beantwortet Fragen, shoppt, spuckt Routen aus und dichtet. Suchmaschinen läuft sie den Rang ab. Im unternehmerischen Umfeld schreibt sie Texte, durchpflügt Tabellen, erstellt Grafiken, chattet und protokolliert. Veränderung, Regularien-Wust, Transparenz – ein Teil der Belegschaft hegt der künstlichen Kollegin gegenüber bockigen Groll. Wollen Leitungspersonen in einer KI-bereicherten Welt ihr Team zusammenhalten, müssen sie Verantwortung, Kontrolle und Vertrauen neu verhandeln. Der Beitrag zeigt auf, wie Leader Organisationen und Teams in eine KI-gestützte Zukunft führen.
Führungskräfte agieren als Vorbilder und tragen ihre Begeisterung für KI nach außen. Unverdrossen loben sie die Vorteile, die KI generiert. Dahinter steckt das Mantra: KI überflügelt Menschen nicht, sondern assistiert ihnen. „KI automatisiert Routinetätigkeiten, damit wir uns auf interessante Aufgaben konzentrieren können“ – so lautet die Kernbotschaft, die engagierte Teammitglieder erreichen und beflügeln soll.
Zuspruch für KI fördern
Quick Wins schüren Lust auf mehr: Erleben Mitarbeitende Arbeitserleichterung am eigenen Leib, schafft das Akzeptanz für neue Technologien. Daher führen Leitungskräfte KI prozessual an einem konkreten Objekt ein. Während der Entwicklung fordern sie, dem agilen Arbeiten ähnlich, regelmäßig Feedback ein und suchen Einsatzchancen für KI. Sie durchdenken Abwehrhaltungen und finden Formulierungen zu deren Entkräftung. Bewährt hat sich das Ernennen technisch begabter Kolleginnen und Kollegen zu KI-Multiplikatoren: Auf hierarchisch gleicher oder ähnlicher Ebene wie das Team angesiedelt, sammeln die auserwählten Early Adopters Erfahrungen, testen Tools, teilen Eindrücke und hören zu. Trainings vertiefen die positive Einstellung und senken Anwendungsscheu. Bezifferte Visionen wie etwa: „Mit Hilfe der KI gewinnen wir 20 % Zeit, die wir in kreative Projektarbeit stecken können“ spornen das Team an.
Weitblickende Führende weisen KI und Personen klar verteilt Rollen zu. Leitplanken setzen Aussagen wie „Die KI schlägt Kandidaten vor, der Personaler trifft die finale Auswahl“ oder „Der KI-Assistent entwirft einen Projektplan, der Teamleiter prüft und genehmigt ihn.“ Solche Sätze zerstreuen Bedenken, die KI könne die Macht an sich reißen und Menschen überflüssig machen. Wie beim Kennenlernen zweier Personen brauchen auch Mensch und Maschine Zeit, um sich aneinander zu gewöhnen. Im Rahmen einer positiven Fehlerlernkultur darf das Team großzügig mit neuen Tools experimentieren. Die KI liefert falsche Outputs? Mitarbeitende bedienen das Programm dauernd falsch? Im Safe Space des Erprobens zählt das als Lerneffekt.
EU AI Act fordert unternehmerische KI-Kompetenz
Der EU AI Act bringt Compliance-Pflichten mit sich und fordert ausreichende unternehmerische KI-Kompetenz ein. Datenschutzrechtliche Versäumnisse können teuer werden. Schulungen, Datenschutzberatungen und Dokumentationen rüsten die Leitungsebene für die sich immer wieder verändernden Regularien. Schriftliche Vereinbarungen mit präzisen Regeln über eingesetzte KI-Tools, Nutzungszweck und Datenhandhabung liefern nachvollziehbare Richtlinien über Löschfristen, Zugriffsbeschränkungen oder Zweckbindung der Daten. Ebenfalls wichtig: Entscheidungen, die rechtliche Wirkung für eine Person entfalten, dürfen nicht ausschließlich durch KI erfolgen. Ein Verstoß verletzt das Verbot rein automatisierter Entscheidungen (Art. 22 DSGVO).
KI-Verständnis: Wie viel müssen Führungskräfte wissen?
Von Mitarbeitenden verlangen, was man selbst nicht liefert – lame. Wollen Führungskräfte KI in der Mitarbeiterführung einsetzen, machen sie sich zunächst grundlegend mit Machine Learning, Large Language Models und Algorithmen vertraut. Urteilskompetenz über erzielte KI-Ergebnisse setzt basales Wissen über Fehlerraten, Trainingsbias oder Überanpassung voraus. Zudem verspielt Respekt, wer tapsig Tools bedient. Und wer erkennt, dass er oder sie Fortbildung braucht, sorgt auch bei seiner Crew proaktiv für Aufbau von KI-Kompetenzen durch Schulungen.
Im Spiegelkabinett der Vorurteile: KI im Einstellungsprozess
Im Recruiting schenkt KI viel Zeit. Nie schlafende Chatbots vereinbaren Termine, beantworten als typisch kategorisierte Fragen und kommunizieren alles, was Routine ist. Recruitment-Tools scannen in Sekunden Lebensläufe und picken passende Bewerbende aus dem Pool Interessierter heraus. Ebenso wie Personen dürfen auch KI-Systeme niemanden aufgrund von Geschlecht, Alter oder Herkunft benachteiligen. Das widerspricht dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Moralische Beweggründe liegen einer KI allerdings fern: Sie denkt nicht, sondern klaubt Gedachtes zusammen. KI-Modelle übernehmen völlig unbefangen diskriminierende Muster. Fehlerhafte Modelle und trügerische Trainingsdaten trüben den Blick Bewertender und führen in Kombination mit dem Bauchgefühl zu verzerrten Be- und Verurteilungen.
Um der Bias-Falle zu entkommen, fordern Führungskräfte beim KI-Anbieter aktiv Nachweise über Transparenz, Tests und Kontrollen ein: Ein ernstzunehmender Anbieter legt offen, welche Daten in die KI einfließen und welchen Kriterien sie folgt. Dokumentationen wie Datenblätter oder Erklärungsberichte untermauern dies schriftlich. Am Markt existieren bereits HR-Softwareanbieter, die ihre Algorithmen zum Check in externe Hände geben und anschließend transparent Fairness Reports veröffentlichen. Gütesiegel und Zertifikate dienen als weitere Auswahlkriterien in puncto Vorurteilsfreiheit. Hinsichtlich Ethik verschaffen Leitfäden Klarheit. Personaler können zum Beispiel anhand des kostenlosen Self-Check-Tools „Ethik Check KI“ des Ethik-Beirats KI-Anwendungen evaluieren.
Leadership-Qualifikationen im Zusammenspiel mit KI
KI-Integration wandelt die Führungsrolle weg vom Entscheider hin zum Wertevermittler. Leitende überlassen dem maschinellen Assistenten entspannt Routine- sowie Analyseaufgaben und widmen sich menschlichen Stärken: Mitarbeitende wertschätzend begleiten, Teams festigen, Strategien verfolgen, Souveränität ausstrahlen, Neues austüfteln. Der logikgetriebenen KI setzen Empathie, Achtsamkeit, Urteilsvermögen und Kreativität ein Gegengewicht; Organisationstalent oder Zahlenzentriertheit rücken in die hinteren Ränge. Lernfreude, Wendigkeit und ein konsequenter Wertekompass vervollkommnen ein KI-begleitendes Leadership-Profil.