Trotz Krisen kein Einbruch bei Unternehmensnachfolgen

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Die Nachrichten über Krisen und steigende Preise reißen nicht ab. Auch der Mittelstand ist von den Auswirkungen stark betroffen. Gerade erst haben Deutschlands führende Wirtschaftsforschungsinstitute eine düstere Perspektive aufgezeigt. Bei den Unternehmensnachfolgen sind aktuell praktisch keine Auswirkungen erkennbar. Das ist das Ergebnis des „Nachfolgemonitor 2022“, der gerade veröffentlicht worden ist. Bereits zum vierten Mal wurde diese umfangreiche und detaillierte Untersuchung über die Unternehmensnachfolgen in Deutschland erstellt auf der Basis von Zahlen des Verbandes Deutscher Bürgschaftsbanken e. V. (VDB) – ergänzt durch zusätzliche Angaben seitens der Creditreform Rating AG.

Mittelstand steht vor großen Herausforderungen

„Derzeit stehen die vielen voneinander abhängigen Krisen im Mittelpunkt. Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der demografische Wandel sich fortsetzt und der deutsche Mittelstand auch hier vor großen Herausforderungen steht. Wenn fast 40 Prozent der Übergebenden zum Zeitpunkt der Übergabe bereits über 65 Jahre alt sind, ist das in vielen Fällen eigentlich zu spät“, so der wissenschaftliche Leiter der Studie Prof. Dr. Holger Wassermann von der FOM Hochschule für Oekonomie & Management.

Nachfolgemonitor 2022
Quelle: Nachfolgemonitor 2022

Der Nachfolgemonitor 2022 hat ergeben, dass das durchschnittliche Übergabealter bei Unternehmen bei knapp 64 Jahren lag. Allerdings waren zum Zeitpunkt der Übergabe rund 38 % der Übergebenden älter als 65 Jahre. Insgesamt ist die Anzahl der Übernehmenden im Jahr 2021 wieder gestiegen und folgt damit dem Trend der Anzahl der übergebenen Unternehmen. Der Frauenanteil schwankte zwischen 2014 und 2020 insgesamt nur zwischen 23 und 25% und liegt auch 2021 bei 25%. Er ist damit weiterhin geringer als der Anteil der Frauen in Führungspositionen in Deutschland, der bei 29% liegt sowie deutlich geringer als der Anteil an den Arbeitskräften insgesamt (47 %).

Wenige Teams bei Firmenübernahmen

Interessant ist im Nachfolgemonitor der Vergleich zwischen Nachfolgen und Startups. Nach dem deutschen Startup-Monitor 2021 werden 82% der Startups in Deutschland von Teams gegründet, während das bei Nachfolgen nur 23% sind. Dies könnte nach den Autoren des Nachfolgemonitors mehrere Gründe haben: So sei der Anteil an Hochschulabsolventen bei Startups recht hoch und entsprechend sei auch der Besuch der gleichen Hochschule mit 36 % der häufigste Kontaktpunkt für Gründer. Dies führt zu Bildung von Teams, während bei Nachfolgen dürfte dies eine deutlich geringere Rolle spielen dürfte

Großteil der übernommenen Firmen eher klein

Betrachtet man die Größe der übertragenen Unternehmen, so wurden viele Kleinstunternehmen viele kleine Unternehmen übertragen. 97% der untersuchten Unternehmen haben weniger als 50 Mitarbeitende.  Im Zeitraum 2014 – 2021 erfolgten

Nachfolgemonitor 2022
Quelle: Nachfolgemonitor 2022

72% der Unternehmensnachfolgen in Großstädten oder städtischen Kreisen. Nach Ansicht der Autoren gibt diese Beobachtung Anlass zur Sorge, denn jede Betriebsaufgabe infolge einer fehlenden Nachfolgelösung führe zu einer weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen Attraktivität im ländlichen Raum. „Insbesondere der Ausbau der Breitbandverkabelung würde Flächenregionen als Standorte für Nachfolger attraktiver machen,“ meint Studienautor Wassermann: „Homeoffice und remotes Arbeiten wären erleichtert, so dass sich auch der Fachkräftemangel lindern ließe.“

Übernommene Unternehmen steigern Umsatz

Die Entwicklung der Umsätze zwei Jahre nach im Vergleich zu zwei Jahre vor der Übergabe mit Hilfe des bereits vorgestellten Vervielfältigers zeigt für den Beobachtungszeitraum des Nachfolgemonitors, dass in der überwiegenden Anzahl der Fälle der Umsatz gesteigert werden konnte. Dicht am früheren Umsatz (± 20 %) bleiben rd. 44,4% der Unternehmen, deutlich darunter, rd. 15,6 %. Das bedeutet gleichzeitig, dass rd. 40% der übernommenen Unternehmen den Umsatz deutlich steigern konnten. Bezieht man in die Betrachtung die Analyse der Unternehmen vor Übergabe ein, nach der 50,9 % der Unternehmen weniger Umsatz vor Übergabe hatten, bedeutet dies, dass die Geschäftstätigkeit der Unternehmen durch die Übernahme wieder erheblich an Dynamik gewonnen hat und ein wesentlicher Teil der analysierten Unternehmen das alte Umsatzniveau zurückgewinnen oder übertreffen konnte.

Rückstand bei Digitalisierung

Hinsichtlich des Einsatzes moderner Digital-Technologien nimmt Studienautor Wassermann dabei einen immer deutlicheren Bruch zwischen den Einstellungen der Altinhaber und denen der wahr: „Unternehmensnachfolger sind typischerweise zwischen und 30 und 40 Jahre alt und sie sind zeitlich mit dem Computer und der Entwicklung des Internets in die Ausbildung und das Berufsleben eingetreten. Selbst jene Eigentümer, die bereits im relativen frühen Alter zwischen 55 und 65 Jahren die Unternehmensnachfolge anstreben, wuchsen hingegen mit traditionellen Geschäftsprozessen auf. Da kann es dann jeweils erheblichen Veränderungsbedarf geben.“

Übernahmeboom bei „grünen“ Branchen

Beim Langzeit-Blick auf einzelne Branchen und die Anzahl der Nachfolgen fallen weitere Besonderheiten auf: Unternehmen, deren Produkte zu einer nachhaltigen, umweltfreundlichen Lebensweise beitragen, werden als Übernahmeziele immer beliebter. So „boomten“ nicht nur die Übernahmen in der Heizungs- und Klimatechnik, sondern auch im Fahrradhandel und bei Campingartikeln.

Wichtige Rolle der Bürgschaftsbanken

„Die Analyse zeigt eindrucksvoll, insbesondere mit Blick auf die durch die Pandemie geprägten Jahre 2020 und 2021, dass die deutschen Bürgschaftsbanken ein unverzichtbarer Finanzierungsbaustein bei Unternehmensnachfolgen sind. Damit sorgen sie für Stabilität und unterstützen die Finanzierungsmöglichkeiten für den deutschen Mittelstand – nicht zuletzt für die notwendigen Transformationsprozesse. Nachfolgen können das Wachstumspotenzial stützen, Arbeitsplätze erhalten und zur Wettbewerbsfähigkeit beitragen“, erläutert Dr. Michael Munsch, Vorstand der Creditreform Rating AG.

Guy Selbherr
Guy Selbherr

„Das Besondere an dieser Studie ist, dass wir hier Aussagen zu tatsächlich realisierten Transaktionen treffen können und uns nicht auf Hochrechnungen, Schätzungen sowie Umfragedaten beziehen müssen. Die Daten können im Quer- wie im Längsschnitt untersucht werden und somit wertvolle Anhaltspunkte für die Entwicklung und die Charakteristika des Unternehmensnachfolgegeschehens in Deutschland bieten“, betont Guy Selbherr, Vorsitzender des Verbandes Deutscher Bürgschaftsbanken (VDB).

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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