Stark im Vertrieb – auch in volatilen Zeiten

Mit klarer Marktbearbeitung und stringenter Umsetzung profitables Wachstum sichern

Rasanter Markt, unsichere Kunden und Produkte, steigender Wettbewerbsdruck – nur eine klare Vertriebsstrategie sichert nachhaltigen Erfolg.
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Der Markt verändert sich rasant – nahezu jedes Unternehmen ist davon betroffen. Die Entwicklung der eigenen Kunden ist ungewiss, die Entwicklung der angebotenen Produkte und Leistungen unsicher und der Wettbewerbsdruck steigt, zum Beispiel durch eine steigende Offenheit der eigenen Kunden für importierte Produkte. Ein wesentlicher Hebel, um Antworten darauf zu entwickeln, ist eine schlüssige Vertriebsstrategie zu erarbeiten und diese im Tagesgeschäft umzusetzen.

Der bisherige Markt befindet sich im Umbruch. In der Unsicherheit liegen erhebliche Chancen, weil die vielleicht häufigste Reaktion auf Unsicherheit das Abwarten ist. Wer aktiv wird, während andere abwarten, erschließt sich echte Wachstumschancen. Nicht blind für das Risiko, aber mit dem Mut auszuprobieren, zu lernen und so zu wachsen.

Wieso ist eine Vertriebsstrategie das richtige Werkzeug?

Betrachten wir kurz die Alternative: Das Marktumfeld verändert sich und wir erarbeiten keine Vertriebsstrategie. Dies ist in etwa so, als würde man bei dichtem Nebel ein unbekanntes Gebirge ohne Karte und Kompass überqueren – man weiß, dass der Gipfel irgendwo ist, aber nicht, welcher Weg dorthin führt und welche Stellen im Gebirge unpassierbar sind. Die Vertriebsstrategie ist eben jene Karte, um auch bei erschwerten Rahmenbedingungen den Gipfel, also gesundes, profitables Wachstum, zu erreichen.

Eine Vertriebsstrategie ist eine dokumentierte Wegbeschreibung des Vertriebs zu gesundem, profitablem Wachstum. Nicht mehr und nicht weniger. Ist die Karte 100% akkurat? Nein, sicher nicht, aber …

Was gehört in eine Vertriebsstrategie?

Eine Vertriebsstrategie zu erarbeiten, ohne dass eine Unternehmensstrategie vorliegt, ist, als würde man einen Motor entwickeln, bevor klar ist, in welches Fahrzeug dieser eingebaut wird. Ein Traktor mit dem Formel 1 Motor macht einfach wenig Sinn. Und noch schlimmer: Man weiß auch noch nicht, wo einen das Fahrzeug hin befördern soll. Mit dem Traktor in den Urlaub? Eher nicht.

Es braucht also eine Unternehmensstrategie, um notwendige Rahmenbedingungen für die Vertriebsstrategie abzuleiten. Gehen wir nun davon aus, dass eine belastbare Unternehmensstrategie vorliegt. Was braucht es, um eine Vertriebsstrategie zu erarbeiten? Was sollte diese enthalten? Für eine vollständige und schlüssige Vertriebsstrategie gilt es elf Schritte zu unternehmen:

1. Annahmen und Startfoto aufnehmen                                                                       Am Anfang steht der klare Blick auf Markt und Vertrieb. Welche Entwicklungen sind in den kommenden Jahren zu erwarten, wo steht das Unternehmen heute – wirtschaftlich, organisatorisch und im Team? Aus diesen Annahmen entsteht ein „Startfoto“: eine gemeinsame, möglichst objektive Ausgangsbasis, auf der alle weiteren strategischen Überlegungen aufbauen. Erst wenn Vergangenheit und Gegenwart ehrlich analysiert sind, lässt sich der nächste Schritt planen.

2. Zielbild des Vertriebs definieren                                                                          Darauf folgt das Zielbild: eine zugkräftige Vorstellung davon, welche Rolle der Vertrieb künftig im Unternehmen und am Markt spielen soll. Es beschreibt, wofür das Vertriebsteam stehen möchte, wie es wahrgenommen werden will und worauf man später mit Stolz zurückblicken kann. Dieses Bild stiftet Identität, schafft Orientierung und macht den Anspruch des Vertriebs greifbar.

3. Ziele/Prioritäten des Vertriebs definieren                                                             Aus dem Zielbild werden konkrete Prioritäten abgeleitet. Messbare Kennzahlen und qualitative Zielsetzungen geben vor, welche Ergebnisse kurz- bis mittelfristig erreicht werden sollen – und welche Faktoren dafür entscheidend sind. Sie dienen als Leitplanken für Aktivitäten und Ressourceneinsatz und verhindern, dass der Vertrieb von Tagesgeschäft und Einzelanfragen getrieben wird.

4. Zielgruppe und ideale Kunden definieren                                                              Zentral ist die Frage, mit welchen Kunden das Unternehmen wirklich wachsen will. Statt „jeder, der bei uns kauft“, braucht es ein klares Bild der Zielgruppe: Welche Unternehmenstypen und -größen passen, welche Personen treffen Entscheidungen, wie sieht eine gute Zusammenarbeit aus? Erst dann können Vertrieb, Produktentwicklung, Marketing und andere Bereiche selbstständig priorisieren – ein wichtiger Hebel für Tempo und Wachstum.

5. Kundenbedürfnisse herausarbeiten                                                                         Sind die idealen Kunden beschrieben, folgt der nächste Schritt: ihre Bedürfnisse im Detail zu verstehen. Welche Ziele verfolgen sie, wo liegen ihre größten Herausforderungen und Probleme, wie treffen sie Entscheidungen? Wer diese Muster kennt, kann Angebote, Argumentation und Vorgehen so ausrichten, dass sie wirklich zum Kunden passen – statt nur Produkte zu „verkaufen“.

6. Kernsortiment/Kernleistungen und idealen Auftrag beschreiben                           Auf dieser Basis wird das eigene Leistungsportfolio überprüft. Deckt das Kernsortiment die Bedürfnisse der idealen Kunden ab oder zeigen sich Lücken, aus denen sich Wachstumschancen ergeben? Gleichzeitig lohnt sich ein Blick auf den „idealen Auftrag“: Wie sieht ein Geschäft aus, das für Kunde und Unternehmen gleichermaßen attraktiv ist? Diese Definition hilft den Vertriebsteams, im Alltag gute von weniger guten Anfragen zu unterscheiden und eigenständig zu priorisieren.

7. Positionierung und Abgrenzung vom Wettbewerb definieren                                 Sind Kunden und Angebot geschärft, geht es um die Positionierung im Markt. Sie macht deutlich, wofür das Unternehmen stehen soll, welche Eigenschaften Kunden mit ihm verbinden und was es besser macht als andere. Eine klare Abgrenzung vom Wettbewerb zeigt den Mehrwert und erleichtert es Kunden, sich bewusst für das Unternehmen zu entscheiden.

8. Marktbotschaft herausarbeiten                                                                               Die Positionierung bleibt wirkungslos, wenn sie nicht verständlich kommuniziert wird. Deshalb braucht es eine prägnante Marktbotschaft, die den geschaffenen Wert auf den Punkt bringt – über Website, Vertriebsgespräche, Präsentationen und Marketingunterlagen hinweg. Sie sorgt für Wiedererkennung und Konsistenz, egal über welchen Kanal Kunden mit dem Unternehmen in Kontakt kommen.

9. Vertriebsansatz beschreiben
Der Vertriebsansatz legt fest, wie der Markt bearbeitet werden soll. Steht aktive Marktbearbeitung im Vordergrund oder reagiert der Vertrieb vor allem auf eingehende Anfragen? Liegt der Schwerpunkt auf Neukundengewinnung oder auf der intensiven Betreuung bestehender Kunden? Die Antworten prägen Geschwindigkeit, Arbeitsweise und Prioritäten im Vertriebsalltag.

10. Vertriebsorganisation definieren
Damit die gewählte Strategie im Tagesgeschäft ankommt, muss die Organisation passen. Rollen, Zuständigkeiten und Strukturen werden so gestaltet, dass sie die Ziele unterstützen – etwa durch spezialisierte Teams je Zielgruppe, klare Schnittstellen zu Marketing und Produktentwicklung oder neue Formen der Zusammenarbeit. Wo nötig, werden bestehende Strukturen angepasst, um die Leistungsfähigkeit des Vertriebs spürbar zu erhöhen.

11. Vertriebssteuerung ermöglichen
Zum Schluss entscheidet die Steuerung darüber, ob die Strategie auch wirklich umgesetzt wird. Transparente Kennzahlen, regelmäßige Auswertungen und strukturierte Gespräche über Erfolge, Erfolgsmuster und Verbesserungsmaßnahmen machen Fortschritte sichtbar und ermöglichen rechtzeitige Kurskorrekturen. So wird aus dem Konzept gelebte Praxis.

Gemeinsam bilden diese elf Facetten eine Art Gebirgskarte für den Weg durch unsichere Märkte: Sie zeigen Ausgangspunkt, Ziel und mögliche Routen. Was noch fehlt, ist der Kompass – eine systematische Realisierung, die hilft, regelmäßig zu prüfen, ob das Unternehmen noch auf Kurs ist, und bei Bedarf rechtzeitig die Richtung zu korrigieren.

Die oben geschilderten elf Facetten sind alles, was gebraucht wird, um die Gebirgskarte zu erarbeiten. Für eine gelungene Wanderung trotz des Nebels in Richtung Gipfel, braucht es nun noch den Kompass. Der Kompass dient dazu, sich regelhaft zu vergewissern, dass man noch auf dem richtigen Weg ist und falls dies nicht der Fall ist, hilft er dabei, korrigierende Schritte einzuleiten. Unser Kompass ist eine systematische Realisierung.

Was braucht es für eine gelungene Realisierung?

Jeder kennt die Klischees über Strategierealisierungen und wie diese misslingen: Die Führungskräfte haben eine Strategie erarbeitet, diese im Rahmen einer Betriebsversammlung vorgestellt und die Strategie ausgedruckt und im Pausenraum aufgehängt. Nun besteht die Erwartungshaltung, dass die Mitarbeiter die Strategie umsetzen. Meist springen diese Geschichten zu kurz oder lassen Wesentliches außen vor, aber eins verdeutlichen die Geschichten dennoch gut: Eine Strategie richtig einzuführen und zu realisieren, ist nicht so einfach, wie es zunächst klingt. Im Folgenden noch einige wesentlich Erfolgsmuster aus der Strategierealisierung:

Erfolgsmuster 1: Betroffene zu Beteiligten machen

Auch wenn die Überschrift abgedroschen ist: Es ist richtig und wichtig. Dazu, lohnt es sich, operative Vertriebsmitarbeiter früh in die Strategiearbeit einzubinden, beispielsweise in die Erarbeitung des idealen Kunden und dessen Bedürfnisse. Einerseits bringen die Vertriebsmitarbeiter wertvolle Einblicke und neue Impulse in die Diskussion ein und andererseits steigert dies den Zuspruch und Legitimität der Strategie, da kaum jemand etwas erarbeitet und dann sagt, dass es schlecht sei.

Erfolgsmuster 2: Drama und Begeisterung

Die richtige Mischung aus Drama und Begeisterung sorgen für Akzeptanz und Umsetzungsbereitschaft beim Vertriebsteam. Drama bedeutet deutlich zu machen, warum die Veränderung zwingend notwendig ist für den erfolgreichen Fortbestand des Unternehmens. Begeisterung bedeutet herauszuarbeiten, welche Chancen und positiven Veränderungen für die Vertriebsmitarbeiter mit der Strategierealisierung einhergehen. Beispielsweise haben wir im Rahmen der Strategiearbeit mit einem Klienten unter anderem Artikel 1 des Sortiments, welcher seit 50 Jahren verkauft wurde, eingestampft. Dies war natürlich eine hochemotionale Situation für die langjährigen

Mitarbeiter. Es war jedoch nötig, um das Sortiment stärker zu fokussieren und hat die Komplexität des Sortiments deutlich reduziert, was den Vertrieblern und der Produktion zu Gute kommt.

Erfolgsmuster 3: Keine positive Veränderung ohne Follow-up

Regelhafte Follow-ups, beispielsweise im Rahmen von Meetings im Vertriebsteam durchzuführen, hält die Aufmerksamkeit auf den leisen, aber wichtigen Themen. Diese Follow-up Treffen sind praktisch der vergewissernde Blick auf den Kompass bei der Gebirgswanderung. Die Treffen bieten den passenden Rahmen, um Fortschritte zu reflektieren, Erfolge zu loben und Herausforderungen gemeinsam zu lösen. Das Tagesgeschäft ist der Erzfeind der Strategie und Gewohnheiten zu verändern ist sehr anspruchsvoll – es lohnt sich ein geeignetes Format einzuführen, um regelhaft über die Strategierealisierung zu sprechen.

Fazit

Eine schlüssige Vertriebsstrategie ist wie eine gute Karte: Sie zeigt den Weg zu gesundem, profitablen Wachstum – auch bei Nebel und schwierigem Terrain. Doch selbst die beste Karte nützt wenig ohne einen verlässlichen Kompass. Dieser Kompass ist die konsequente Umsetzung im Alltag, das regelmäßige Prüfen der Richtung und das Nachjustieren bei Abweichungen. So erreicht der Vertrieb die ausgesprochenen Ziele – auch wenn sich das Marktumfeld weiter verändert.

Autorenprofil
Fabian Vollberg

Fabian Vollberg ist Geschäftsführender Gesellschafter der Mandat Managemenberatung GmbH. Als Experte für Vertrieb und Expansion trägt er Sorge für den Aufbau und die passgenaue Weiterentwicklung des Vertriebs in Klientenunternehmen, um Strategien zu operationalisieren und weitere Wachstumsschübe zu ermöglichen

Autorenprofil
Sebastian Kraemer

Sebastian Kraemer ist Managementberater bei der Mandat Managementberatung GmbH. Durch die inhaltliche Arbeit in und Führung von Strategierealisierungsprojekten trägt er dazu bei Wachstumsstrategien in Unternehmen umzusetzen und so gesundes, profitables Wachstum zu erzeugen.

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