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Ist der Gipfel schon erreicht?

Unternehmen sind begehrt, die Preise schießen weiter durch die Decke. Die Frage ist, ob sich jetzt noch ein Kauf lohnt oder die Baisse kurz bevorsteht. Vier Experten klären auf, für welchen Käufer sich eine Akquisition noch lohnt.

Das Ende der Preisspirale ist absehbar, es zeigen sich erste Anzeichen einer Zinswende. Wie lange können sich die hohen Unternehmenskaufpreise am Markt noch halten?

Mark Miller, Gründer und Geschäftsführer, CatCap

Solange Unternehmer eine erfolgreiche Geschäftsentwicklung dokumentieren können, wird es auch hohe Kaufpreise geben. Dies wird sich durch eine Zinswende nicht ändern. Es gibt in Deutschland weiter mehr Investoren als Deals pro Jahr. Da bleiben verkaufswillige Unternehmer das knappe Gut bei weiter starker Nachfrage, und das treibt die Preise. Wenn es wieder Zinsen gibt, dann wird sicher auch der Unternehmensverkauf leichter fallen, da der Unternehmer sein Geld dann auch wieder verzinst anlegen kann.

Holger Habermann, Partner, K.E.R.N – die Nachfolgespezialisten

Unsere Zielgruppe sind KMU bis 150 Mitarbeiter. Da diese Unternehmen oft sehr an den Inhaber gebunden sind, kommen hohe Unternehmenskaufpreise selten zum Tragen. Das Risiko ist für den Investor zu hoch. Unserer Erfahrung nach bewegen sich die Kaufpreise beim dreieinhalb- bis fünffachen EBIT, bei besonders attraktiven Unternehmen auch mal mehr. Da wir hier zahlenmäßig von circa 85 Prozent der deutschen Unternehmen sprechen, ist die Herausforderung eher, genügend geeignete Nachfolger zu finden.

Dr. Lutz Becker, Vorstand, Oaklins Angermann

Die Höhe der Multiplikatoren ist klar invers beeinflusst von der Höhe der Zinsen. Wieder steigende Zinsen werden damit – eventuell mit einem gewissen Time Lag – die aktuellen Rekord-Multiplikatoren drücken. Konkret erwarten wir daher in den kommenden ein bis drei Jahren einen leichten Druck auf die Unternehmenswerte.


“Hohe Kaufpreise werden in engeren Märkten mit Synergiepotenzialen bestehen bleiben”

Lars Härle

 

 


Lars Härle, Managing Director, IEG – Investment Banking Group

In der Tat haben wir seit acht Jahren ein sehr positives Umfeld, und Gefahr für das weitere Wachstum droht insbesondere aus den bevorstehenden Handelskriegen und nationalen Abschottungstendenzen. Dies wird das internationale Wachstum abschwächen. In den vergangenen Wochen lag in vielen Branchen das EBITDA-Multiple-Niveau schon nicht mehr über 10. Hohe Kaufpreise werden aber in engeren Märkten mit signifikanten Synergiepotenzialen bestehen bleiben.

Unternehmen sind begehrt, die Preise schießen weiter durch die Decke. Die Frage ist, ob sich jetzt noch ein Kauf lohnt oder die Baisse kurz bevorsteht. Vier Experten klären auf, für welchen Käufer sich eine Akquisition noch lohnt.

Wirkt sich das niedrige Zinsumfeld auf den Anteil der Leveraged Buyouts aus?


“Wer Leverage will, der kriegt ihn auch – und das zu Schnäppchenzinsen.”

Mark Miller

 

 


Mark Miller

Wer Leverage will, der kriegt ihn auch – und das zu Schnäppchenzinsen. Wir sehen aber, dass die Akteure im Markt – Investoren wie Unternehmer – die Möglichkeiten hier nicht ausreizen. Sie wissen nur zu gut, dass der Regenschirm, der bei Sonne verteilt wird, mit entsprechenden Covenants (Anleihebedingungen, Anmerkung der Redaktion) bei Regen wieder eingezogen wird.

Holger Habermann

Das Zinsniveau ist äußerst attraktiv für Unternehmenskäufe und ermöglicht einer größeren Gruppe, einen Unternehmenskauf mit vertretbarem Kapitaldienst zu finanzieren. Allerdings machen oft die Banken einen Strich durch die Rechnung, da sie einen Eigenkapitaleinsatz von 20 bis 25 Prozent fordern. Auch bei der Finanzierungsdauer sind je nach Bank nur maximal fünf bis sieben Jahre möglich, da die Geschäftsmodelle immer kurzlebiger sind.


 

“Die günstigen Refinanzierungskonditionen befeuern die Kaufpreisgebote”

Dr. Lutz Becker

 


Dr. Lutz Becker

Das aktuell noch sehr niedrige Zinsniveau findet sich auch im Segment der Akquisitions-/Unternehmenskaufpreis-Finanzierung wieder. Die Zinsmarge ist hier – nach 2007 wieder – auf einem historisch niedrigen Niveau. Auch die von Finanzinstitutionen erhältlichen Verschuldungsgrade (EBITDA-Faktoren) sind wieder auf Rekordniveau. Diese günstigen Refinanzierungskonditionen befeuern die Kaufpreisgebote von Finanzinvestoren.

Unternehmen sind begehrt, die Preise schießen weiter durch die Decke. Die Frage ist, ob sich jetzt noch ein Kauf lohnt oder die Baisse kurz bevorsteht. Vier Experten klären auf, für welchen Käufer sich eine Akquisition noch lohnt.

Lars Härle

Ja und nein. Sicherlich sind die Finanzinvestoren aufgrund des günstigen Zinsumfelds in der Lage, höhere Kaufpreise im Vergleich zu anderen Käufergruppen zu zahlen, die überwiegend mit Eigenkapital ihre Transaktionen finanzieren. Auf der anderen Seite ist das Leverage-Niveau für bestimmte Branchen nicht mehr so hoch wie vor einigen Jahren, da die Banken nicht mehr so risikofreudig agieren. Zudem fehlen interessante Spin-offs von großen Konzernen, sodass die Transaktionen derzeit von Secondaries zwischen den Finanzinvestoren dominiert werden.

Welche Bedeutung haben Family Offices inzwischen bei Transaktionen im Mittelstand? 

Mark Miller

Family Offices sind eine feste Größe unter den Investoren. Familienunternehmen lieben Family Offices, nehmen sie doch viele Gemeinsamkeiten wahr. Allerdings sind Family Offices bei der Unternehmensbewertung mitunter nicht so ambitioniert. Sie stellen den Kapitalerhalt in den Vordergrund und investieren am liebsten in sichere Branchen, in denen sie sich auskennen. Bei echten Wachstumsbranchen wie Software und Technologie bleiben sie häufig außen vor. Aber auch da gibt es Ausnahmen. Das ist das Schöne an Family Offices: Das ist Family Business, nicht Institutional Investment.


“Family Offices gehen professionell vor und bezahlen faire Kaufpreise”

Holger Habermann

 

 


 Holger Habermann

Die Family Offices gewinnen auch für unsere Mandanten zunehmend an Bedeutung, da sie mangels guter Targets innerhalb von Buy-and-build-Strategien auch kleinere Unternehmen kaufen und dadurch Synergien schaffen. Diese Käufergruppe ist für unsere Unternehmer sehr interessant, da die Betriebe meist langfristig weitergeführt werden und sich gut entwickeln. Außerdem gehen die Family Offices meist professionell vor und bezahlen faire Kaufpreise.

Dr. Lutz Becker

Die Anzahl der Family Offices und deren Professionalisierungsgrad haben sich in den vergangenen fünf Jahren signifikant erhöht. Direktbeteiligungen an mittelständischen Unternehmen und ganze Übernahmen sind für diese Häuser in aller Regel sehr interessant und haben zugenommen. Dennoch bleibt die Anzahl der konkreten Fälle hinter den Erwartungen zurück. Dies ist unserer Meinung nach begründet in den besonderen Entscheidungsstrukturen in Family Offices. Auch ist die Zahlungsbereitschaft niedriger als bei Private Equity.

Lars Härle

Family Offices sind bei Transaktionen im Mittelstand insbesondere mit einem Transaktionsvolumen bis zu 100 Mio. Euro zunehmend stärker vertreten. Der große Pluspunkt liegt in der langfristigen Ausrichtung, da Family Offices nicht aus einem zeitlich befristeten Fonds heraus investieren und daher keinen Exit-Druck haben. Die flexiblen und individuellen Lösungsmöglichkeiten machen sie als Investoren attraktiv.

 

 

 

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