Industrie und Export als Schlüssel zum Erfolg

Die exportorientierte Industrie wurde im Jahr 2009 massiv vom weltweiten Nachfrageeinbruch getroffen. Dies hat die üblichen Verdächtigen auf den Plan gerufen, die meinen, man müsse nun verstärkt auf Dienstleistungen setzen, die Industrie habe ausgedient. Zudem müssten wir uns von unserer Exportorientierung lösen und die Binnennachfrage stärken. Wer so argumentiert, befindet sich auf dem Holzweg. Die Industrie war und ist der Motor für Wachstum und Beschäftigung in Deutschland, sie ist die Basis unseres Wohlstands. Zudem gilt: Zu einer weiteren Internationalisierung gibt es keine Alternative.

Wachstumstreiber Industrie

Wir verfügen in Deutschland über einen großen und starken Industriesektor. Der Anteil der Industrie an der gesamten Wertschöpfung lag in Deutschland 2008 bei gut 23%. Zum Vergleich: In den USA lag er bei 17,1%, in Großbritannien bei 17,6% und in Frankreich bei 13,8%. Zählt man den Vorleistungsverbund aus industrienahen Dienstleistungen hinzu, beträgt der Wertschöpfungsanteil der Industrie in Deutschland fast 35%. Das ist weltweit ein absoluter Spitzenwert. Ausgelöst durch die schwierige wirtschaftliche Lage zu Beginn des Jahrtausends haben die heimischen Industrieunternehmen und deren Beschäftigte riesige Anstrengungen unternommen, um sich fit zu machen für den internationalen Wettbewerb. Das hat sich ausgezahlt: Im Wirtschaftsboom 2006-2008 stieg die Industrieproduktion in Deutschland um 16%, in Bayern sogar um knapp 20%. In den anderen Industriestaaten waren die Zuwächse im gleichen Zeitraum weitaus geringer.

Industrie und Dienstleistung Hand in Hand

Wenn ich hier eine Lanze für die Industrie breche, heißt das nicht, dass ich den Strukturwandel hin zur Wissensgesellschaft leugnen will. Die sogenannte Tertiarisierung geht aber nicht zu Lasten der Industrie, sie findet vielmehr mit und in der Industrie statt. Wir sprechen hier von der hybriden Wertschöpfung. Das heißt, dass einerseits innerhalb des industriellen Sektors der Dienstleistungsanteil an der Wertschöpfung zunimmt und andererseits die Industrie für zusätzliche Wertschöpfung im Servicesektor sorgt. Unsere Industrieunternehmen verkaufen nicht mehr nur Produkte, sondern Lösungen, also Produkte und dazugehörige Dienstleistungen. Das Gewicht der Dienstleistungen wird ohne Zweifel zunehmen. Das Entscheidende ist aber, dass es diese Dienstleistungen ohne den industriellen Kern nicht gäbe!

Starke Exportorientierung

Ein wesentliches Merkmal der starken deutschen Industrie ist die Exportorientierung. Die Industrie ist für 90% des deutschen Ausfuhrvolumens verantwortlich. Dass die deutsche Wirtschaft 2010 schneller als erwartet aus der Jahrhundertkrise gekommen ist und mit einem erwarteten Wachstum von fast 3,5% das mit Abstand wachstumsstärkste Land in der Europäischen Union ist, geht vor allem auf die Ausfuhren unserer Industrie zurück. Auch die Zukunft liegt im Export. Die Musik spielt dabei immer mehr in den Schwellenländern. Die gesamten deutschen Exporte nahmen von 2000 bis 2008 um 64,7% zu, die Ausfuhren in die Schwellenländer hingegen um 136%! Ein gutes Viertel der deutschen Exporte fließt inzwischen in die “Emerging Markets”.

Megatrend Globalisierung

Einen weiteren Beleg dafür, dass die deutsche Industrie auf den Weltmärkten auch in den kommenden Jahren große Chancen hat, liefert eine Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft. Demnach wird die Zukunft maßgeblich durch die folgenden zehn globalen Megatrends bestimmt: Globalisierung, Wohlstandsorientierung, demografische Entwicklung, Urbanisierung, Ressourcenknappheit, Klimawandel, technologischer Fortschritt, Wissen und Information, Investition in Infrastruktur und Sicherheit. Diese Trends verursachen weltweit einen enormen Anpassungsdruck, bieten damit aber gleichzeitig beträchtliche Marktpotenziale. Die dadurch ausgelösten Veränderungen erfordern allesamt Kompetenzen, die die deutsche Industrie wie keine andere hat: Herstellungskompetenz für technologisch hochwertige Investitionsgüter sowie die Fähigkeit, die industriellen Produkte mit industrienahen Dienstleistungen zu kombinieren.

Wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen verbessern

Wie können die Chancen genutzt werden? Für die Firmen geht es darum, verstärkte Anstrengungen im Bereich Forschung und Entwicklung zu unternehmen und sich weiter konsequent zu internationalisieren. Die Bundesregierung muss den Industriestandort Deutschland im internationalen Wettbewerb stärken. Um Wertschöpfung im Lande zu behalten, ist das Thema Arbeitskosten von zentraler Bedeutung. Die Lohnzusatzkosten müssen dauerhaft unter 40% gehalten werden. Entscheidend sind zudem bessere Rahmenbedingungen für die Technologie- und Innovationspolitik. Die staatlichen Ausgaben für Forschung sind im internationalen Vergleich zu gering. Zudem muss die deutsche Politik im Rahmen einer optimierten Außenwirtschaftspolitik die deutsche Industrie bei der Erschließung neuer Märkte unterstützen. Länder wie China, Indien oder Brasilien unternehmen größtmögliche Anstrengungen, um sich Zug um Zug neue Märkte und Industrien zu erschließen. Die deutsche Industriepolitik muss der neuen internationalen Wettbewerbssituation aktiv begegnen. Dazu gehört auch, dass sie den Zugang zu Rohstoffen sichert, welche für die Industrieproduktion unabdingbar sind.

Autorenprofil

Randolf Rodenstock ist Präsident der vbw - Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. Die vbw vertritt die Interessen von 90 bayerischen Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbänden sowie 29 Einzelunternehmen. www.vbw-bayern.de

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