Das auf Sensortechnologie für autonomes Fahren spezialisierte Unternehmen Scantinel Photonics GmbH aus Ulm hat beim Amtsgericht Ulm einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Rechtsanwalt Georg Jakob Stemshorn von Pluta Rechtsanwälte wurde als vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt. Der Geschäftsbetrieb des Start-ups läuft trotz der Insolvenz weiter. Nach Angaben des vorläufigen Insolvenzverwalters sind die Gehälter der rund 50 Mitarbeiter für August, September und Oktober durch Insolvenzgeld abgesichert. Die Vorfinanzierung dieser Leistungen werde derzeit vorbereitet. Stemshorn betonte, dass die Technologie des Unternehmens sehr innovativ sei und ein Investorenprozess eingeleitet werde, um einen Partner zu finden, der das Marktpotenzial ausschöpfen könne.
Hintergrund der finanziellen Schieflage
Die Insolvenz ist nach Unternehmensangaben auf Liquiditätsprobleme zurückzuführen. Eine geplante Finanzierungsrunde sei aufgrund der angespannten Lage in der europäischen Automobilindustrie nicht zustande gekommen. Zusätzlich hätten Verzögerungen bei der Einführung autonomer Mobilität die Lage verschärft. Die Entwicklung der eigenen Sensortechnologie wurde daher vorerst gestoppt. Scantinel Photonics wurde 2019 gegründet und ist eine Tochtergesellschaft der Carl Zeiss AG. Das Unternehmen gilt als führend in der Entwicklung von FMCW-LiDAR-Technologie für autonome Fahrzeuge und Robotik. LiDAR steht für Light Detection and Ranging und ermöglicht die präzise Erkennung von Objekten. Die von Scantinel genutzte FMCW-Technologie unterscheidet sich von gängigen Time-of-Flight-Verfahren durch höhere Reichweite und Zuverlässigkeit, insbesondere bei schlechten Wetterbedingungen. CTO Andy Zott erklärte: „Unsere Technologie hat großes Potenzial, und ich bin zuversichtlich, dass unser Start-up eine Zukunftsperspektive hat. Unser Team ist hochmotiviert und wird das Verwalterteam bestmöglich unterstützen.“ Auch der vorläufige Insolvenzverwalter Stemshorn ist optimistisch, dass ein passender Investor gefunden wird.
Strukturierter Investorenprozess geplant
Für die Suche nach einem Käufer oder strategischen Partner wurden die M&A-Experten von Dr. Wieselhuber & Partner beauftragt. Sie sollen einen strukturierten Investorenprozess umsetzen, um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern. Die Technologie gilt als strategisch wichtig für die europäische Automobilindustrie und könnte einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung autonomer Mobilität leisten. Der Markt für autonome Fahrzeuge hat sich in den vergangenen Jahren langsamer entwickelt als ursprünglich erwartet. Frühere Prognosen, wonach autonomes Fahren zeitnah marktreif werde, konnten nicht eingehalten werden. Der Rückgang der Investitionen in Elektromobilität und autonome Systeme trifft insbesondere Start-ups wie Scantinel Photonics, die stark von externen Finanzierungsrunden abhängig sind. Dennoch sehen Branchenexperten in der FMCW-LiDAR-Technologie einen entscheidenden Baustein für die Mobilität der Zukunft.