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Restrukturierung nach LBO (Ausgabe 4/2008)

A.T.U Auto-Teile-Unger GmbH: Von der Wachstumsstory zum Sanierungsfall

Wie schnell aus einer vermeintlichen LBO-Erfolgsgeschichte ein Restrukturierungsfall werden kann, zeigt das Beispiel des Ersatzteil- und Serviceanbieter A.T.U. 600 Mio. Euro Schulden als Folge der Übernahme durch die US-amerikanische Private Equity-Gesellschaft KKR und herbe Umsatzeinbrüche durch zwei warme Winter brachten das Unternehmen an den Rand der Insolvenz.

Wie schnell aus einer vermeintlichen LBO-Erfolgsgeschichte ein Restrukturierungsfall werden kann, zeigt das Beispiel des Ersatzteil- und Serviceanbieter A.T.U. 600 Mio. Euro Schulden als Folge der Übernahme durch die US-amerikanische Private Equity-Gesellschaft KKR und herbe Umsatzeinbrüche durch zwei warme Winter brachten das Unternehmen an den Rand der Insolvenz. Die aktuelle Krise bei A.T.U macht deutlich, welche Risiken ein Leveraged Buyout (LBO; Übernahme durch einen Finanzinvestor mit hohem Fremdkapitalanteil) mit sich bringen kann, wenn sich die hochgesteckten Erwartungen nicht erfüllen.

Risikogeschäft Leveraged Buyout
Für 1,45 Mrd. Euro hatte die US-amerikanische Private Equity-Gesellschaft KKR vor vier Jahren die Mehrheit an A.T.U vom britischen Finanzinvestor Doughty Hanson übernommen. Seitdem hält KKR 80%, Doughty Hanson 20% der Anteile. 2002 waren die Briten ursprünglich bei dem Weidener Unternehmen eingestiegen, Firmengründer Peter Unger hatte das Unternehmen für 900 Mio. Euro verkauft. Wie bei LBOs üblich, hatte KKR den Großteil des hauptsächlich kreditfinanzierten Kaufpreises dem neu erworbenen Unternehmen aufgebürdet. An sich kein Problem für stark wachsende Unternehmen, den Schuldendienst aus dem Cashflow zu tilgen. Doch die ehrgeizigen Ziele erfüllten sich nicht, im Gegenteil: Das schlechte Konsumklima machte sich plötzlich auch bei den bisher ausgabefreudigen Autofahrern bemerkbar. Zum zweiten Mal in Folge verzichteten viele Konsumenten auf den Kauf oder die Montage von Winterreifen, das Kerngeschäft von A.T.U. Das operative Ergebnis ging von 160,2 Mio. Euro 2006 auf 105,7 Mio. Euro 2007 zurück. Über 600 Mio. Euro Schulden drückten auf die Bilanz, und im Bondhandel wurden die Anleihen von A.T.U nur zu etwa 82% ihres Nennwerts gehandelt. A.T.U war vom Wachstumsunternehmen zu einem Restrukturierungsfall geworden.

140 Mio. Euro Vertrauen der Investoren
Um die Firma vor dem Konkurs zu retten, mussten KKR und Doughty Hanson im April dieses Jahres insgesamt 140 Mio. Euro frisches Eigenkapital nachschießen, ein in dieser Höhe bisher einmaliger Vorgang. Natürlich schmälert die Rettungsaktion gleichzeitig die Rendite der Private Equity-Gesellschaften. Die Hälfte des Zuschusses wird für die außerplanmäßige Tilgung von Bankdarlehen verwendet, der Rest verbleibt als zusätzliche Liquidität bei A.T.U Für frischen Wind soll seit März dieses Jahres Michael Kern als neuer Vorsitzender der Geschäftsführung sorgen. Sieben Jahre hält KKR im Schnitt seine Beteiligungen – damit bleiben Michael Kern und A.T.U noch drei Jahre Zeit, das Blatt zu wenden und die angeschlagene A.T.U wieder auf Erfolgskurs zu trimmen.

Mit neuer Strategie in die Zukunft

Dafür plant A.T.U, die Abhängigkeit vom Wintergeschäft zu reduzieren. Die Strategie: der Handel und Einbau von Ersatzteilen in Originalteilqualität und die Konzentration auf das Flottengeschäft, eine Spezialität des ehemaligen Europcar-Chefs Kern. Kern möchte vor allem mittelständische Unternehmen dazu bewegen, ihre Flotten per Vertrag in A.T.U-Werkstätten warten zu lassen. Außerdem sollen Kooperationsverträge mit Versicherungen helfen, den Wachstumsbereich Autoglas zu stärken. Greift die neue Strategie, will Kern Mitte 2009 die Wende schaffen. Spätestens im nächsten Winter wird sich zeigen, ob die Rechnung aufgeht.

Holger Garbs
redaktion@unternehmeredition.de

Kurzprofil: A.T.U Auto-Teile-Unger GmbHBranche: Ersatzteil- und Serviceanbieter/AutomobilbrancheUnternehmenssitz: Weiden in der OberpfalzMitarbeiterzahl: 15.000Umsatz 2007: 1,4 Mrd. EuroInternet: www.atu.de

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