„Reiss musste sich immer neu erfinden“

Seit kurzem setzt Gerd Widule gemeinsam mit Hans-Ulrich Weishaupt den Generationswechsel beim Büromöbelhersteller Reiss um. Das Traditionsunternehmen soll organisch im In- und Ausland wachsen und zum 140-jährigen Bestehen die Umsatzmarke von 40 Mio. Euro erreichen. 

Wie wollen Sie das Unternehmen für die Zukunft aufstellen?

Firmensitz von Reiss in Bad Liebenwerda: Er soll bald erweitert werden (© Reiss Büromöbel GmbH)
Firmensitz von Reiss in Bad Liebenwerda: Er soll bald erweitert werden. (© Reiss Büromöbel GmbH)

Wir bleiben unserem Stil auch nach dem Generationswechsel treu und werden ein Hersteller im mittleren Preissegment bleiben. Das Unternehmen soll bis zum 140-jährigen Firmenjubiläum die Umsatzmarke von 40 Mio. Euro erreichen, auch weiterhin mit der Produktion Made in Germany. In Deutschland haben wir noch Reserven. Hier wollen wir unseren Marktanteil zusammen mit den Fachhändlern signifikant steigern. Dazu werden wir verstärkt Themen wie Qualität, Nachhaltigkeit und Umweltmanagement kommunizieren und Reiss als Marke weiter etablieren. Internationale Märkte haben wir in der Vergangenheit noch nicht systematisch bearbeitet. Wir werden hier selektiv in ausgewählten Ländern unsere Aktivitäten verstärken.

Ist der Standort in Bad Liebenwerda für ein solches Wachstum ausgelegt?

Wir sind in der Tat an unserem Standort mitten in der Stadt räumlich etwas begrenzt, sodass wir mittelfristig eine Produktionserweiterung planen. Nach den neuesten Anforderungen der Industrie 4.0. Dazu schaffen wir gerade die Grundlagen für ein entsprechendes Investitionsprogramm, um weiter organisch zuwachsen.

Büromöbel von Reiss: Ständige Innovationen sind entscheidend (© Reiss Büromöbel GmbH)
Büromöbel von Reiss: Ständige Innovationen sind entscheidend. (© Reiss Büromöbel GmbH)

Firmengründer Robert Reiss erfand das Reissbrett und die Reisszwecke. Der von ihm 1910 entwickelte Sitz-Steh-Schreibtisch mit verstellbarer Arbeitsplatte gehört seither zum Sortiment Ihres Unternehmens. Welche Innovationen sind in der Branche noch möglich?

Reiss hat sich immer neu erfinden müssen. Derzeit haben wir rund 25 aktive Schutzrechte beim DPMA in München. Büromöbel sind heute auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter abgestimmt und dienen als Instrument zur Mitarbeiterbindung. Farben und Dekore aus dem Wohnmöbelbereich ziehen in die Bürolandschaften ein. Wir arbeiten mit der Technischen Universität Dresden und der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus zusammen, um mit den Studenten etwa Designstudien zu entwickeln. Dafür loben wir alle zwei Jahre einen Designpreis aus.

Werden die früheren Geschäftsführer, von denen Dietmar Menzel auch einer der Gesellschafter ist, dem Unternehmen verbunden bleiben?

Auf jeden Fall. An der Gesellschafterstruktur wird sich vorerst nichts ändern. Dietmar Menzel, dessen größter Verdienst darin besteht, das Unternehmen erfolgreich von der Plan- in die Marktwirtschaft überführt zu haben, wird mit seinem Ausscheiden aus dem operativen Geschäft noch bestehende Forschungsprojekte betreuen. Er soll die Netzwerke der Universitäten begleiten sowie die Industriegeschichte des Unternehmens für die zukünftigen Generationen darstellen.


Zur Person

Nach dem erfolgreichen Aufbau seines Unternehmens 2013 wurde Gerd Widule im vergangenen Jahr Geschäftsführer beim Büromöbelhersteller REISS in Bad Liebenwerda, einem über 130 Jahre alten Traditionsunternehmen aus dem Süden Brandenburgs, das im Besitz von privaten Investoren ist. Vor dem Fall der Mauer war REISS zeitweilig der größte Hersteller von Zeichentechnik in Europa. Gerd Widule studierte unter anderem an einer Business School in Verona und begann seine Karriere im Vertrieb eines großen deutschen Werkzeughändlers. www.reiss-bueromoebel.de

Autorenprofil

Torsten Holler ist Gastautor.

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