Refinanzierung von Mittelstandsanleihen

Wer eine auslaufende Mittelstandsanleihe mit einer neuen refinanzieren will, hat es mitunter schwer: Nach einer Vielzahl von Ausfällen haben Investoren das Vertrauen in den Mini-Bond-Markt verloren. Emittenten müssen sich zeitnah und intensiv mit alternativen Refinanzierungsoptionen vertraut machen, um die Liquidität zu sichern.

Diese Option der Refinanzierung steht aber vermutlich nur 10 bis 15 Prozent der Emittenten zur Verfügung. Nicht umsonst hat die Börse Stuttgart, immerhin Erfinderin der Mittelstandsanleihe, das Segment bondm für tot erklärt. Aktuell gibt es zwei Trends im Markt. Unternehmen mit hoher Bonität nutzen das günstige Zinsumfeld zu ihrem Vorteil. So konnte die Dürr AG im April 2014 eine 300-Mio.-Euro-Anleihe mit einem Coupon von 2,875 Prozent zu einem Ausgabekurs von 99,2 Prozent vollständig platzieren. Das Angebot war vierfach überzeichnet. Zudem nutzte Dürr die Gelder aus der neuen Anleihe, um ihre alte Anleihe (ursprüngliche Laufzeit bis 28. September 2015) frühzeitig zu kündigen. Die 2010 ausgegebene Anleihe hatte einen Coupon von 7,250 Prozent. Allerdings ist Dürr kaum mit den sonstigen Unternehmen am Markt für Mittelstandsanleihen vergleichbar, weshalb dieses Ausnutzen der aktuellen Zinskonditionen eher die Ausnahme als die Regel bleiben wird. Unternehmen mit niedrigerer Bonität müssen deutlich kreativer vorgehen, um ihre Refinanzierung zu sichern und ihre Kapitalkosten zu optimieren. Das ist bei der Mehrzahl der Emittenten der Fall. Für sie kommt eine Rückzahlung oder echte Tilgung der Anleihe aus dem Cashflow nicht in Frage. Die Refinanzierung am Markt ist unsicher, riskant und teuer. Bleibt die Frage nach den Alternativen.

Anpassung durch Aufwertung

Für genau diese Fälle eignet sich das neue Schuldverschreibungsgesetz. Sofern bestimmte Quoten (50 Prozent Präsenz in der ersten, 25 Prozent in einer zweiten Gläubigerversammlung) sowie eine 75-prozentige Mehrheit erreicht werden, können alle wesentlichen Anleihebedingungen wie Laufzeit, Zins, Sicherheiten und Covenants verändert werden. Sogar ein „Haircut“, das heißt eine Reduzierung des Anleihebetrages, ist möglich. Diese Beschlüsse oder „Anpassungen“ sind bindend für alle Anleihegläubiger, auch wenn sie sich nicht an der Abstimmung beteiligt haben. Um bei den Investoren Zustimmung für diese „Anpassungen“ zu erhalten, muss die Anleihe jedoch meist durch eine „Aufwertung“ qualitativ verbessert werden. So können Emittenten beispielsweise weitere Sicherheiten stellen oder einen unabhängigen gemeinsamen Vertreter mit Reporting-Funktion – wie bei der gewöhnlichen Bankenkommunikation – installieren. Durch eine Besicherung lässt sich unter Umständen sogar der Zinssatz reduzieren. Zudem ermöglicht die Stellung von Sicherheiten gegebenenfalls auch eine Aufstockung der bestehenden Anleihe.

Neue Wege sind gefragt

Die kreative und strukturierte Verlängerung einer bestehenden Anleihe, gepaart mit weiteren Sicherheiten und einem gemeinsamen Vertreter, resultiert in der Regel nicht nur in weitaus niedrigeren Finanzierungskosten, sondern ist auch zu deutlich niedrigeren Transaktionskosten (ca. 50 Prozent gegenüber einer Neuemission) darstellbar.

Zusammenfassend stellt die Refinanzierungswelle der auslaufenden Mittelstandsanleihen für viele Emittenten eine signifikante Herausforderung dar. Das aktuelle Marktumfeld ist schwierig und Investoren fühlen sich durch die vielen Insolvenzen verunsichert. Emittenten müssen sich daher heute mehr denn je frühzeitig mit validen Refinanzierungsoptionen beschäftigen und intensiv alle Optionen zur Refinanzierung und gegebenenfalls Restrukturierung prüfen. Oftmals eignet sich heutzutage die offensichtlichste Lösung des „Haus-und-Hof-Beraters“ nicht für eine erfolgreiche und günstige Refinanzierung einer auslaufenden Mittelstandsanleihe.


Zur Person 

Frank Günther (© One Square Advisors GmbH)Frank Günther ist Geschäftsführender Gesellschafter von One Square Advisors und verfügt über 25 Jahre Corporate Finance und Restrukturierungserfahrung. Er war unter anderem Deutschland-Chef von SalomonSmithBarney und Co-Head von Morgan Stanley in München. One Square Advisors ist Marktführer für die Refinanzierung und Restrukturierung von Mittelstandsanleihen sowie sonstiger deutscher Distressed Assets. www.onesquareadvisors.com

Autorenprofil

Frank Günther ist Geschäftsführender Gesellschafter von One Square Advisors und verfügt über 25 Jahre Corporate Finance und Restrukturierungserfahrung. Er war unter anderem Deutschland-Chef von SalomonSmithBarney und Co-Head von Morgan Stanley in München. One Square Advisors ist Marktführer für die Refinanzierung und Restrukturierung von Mittelstandsanleihen sowie sonstiger deutscher Distressed Assets.

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