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Private Equity und Mittelstand

Private Equity? Das ist etwas für Großunternehmen. Überhaupt lassen wir besser die Finger davon, die Zahlenjongleure wollen wir nicht im Haus haben, denn letztlich werden unsere Werte doch nur der Rendite geopfert. Schöne Vorurteile. Aber: Stimmen sie auch?

Auch wenn sich das Verhältnis zwischen Private Equity und dem Mittelstand in den vergangenen Jahren ein wenig entspannt zu haben scheint, begegnen einem in der Praxis einige Vorurteile und Irrtümer immer wieder, und die meisten von ihnen können mit Gegenbeispielen entkräftet werden.

Irrtum Nummer 1: Private Equity ist nur etwas für Großunternehmen

In Gesprächen, die mit Vertretern von Private-Equity-Gesellschaften, also mit Investment-Direktoren, Geschäftsführern oder Partnern geführt werden, wird man häufig gefragt „Kennen Sie nicht ein interessantes mittelständisches Unternehmen, das einem Investment offensteht?“ Private Equity sucht den Mittelstand und das ganz gezielt. Das Ringen um die interessanten Unternehmen ist in vollem Gange, denn viele Private-Equity-Fonds sind mit viel Geld ausgestattet und müssen ihren Investoren eine attraktive Rendite liefern, wollen sie weiterhin erfolgreich sein.

Irrtum Nummer 2: Private Equity verdirbt die Werte des Unternehmens.

Gute Private-Equity-Gesellschaften achten sehr bewusst auf das, was in ihren Portfoliounternehmen gut läuft, und darauf, warum es gut läuft. Dies hat weniger altruistische oder sozialromantische als vielmehr handfeste Gründe. Denn was gut läuft, kann multipliziert werden. Dieses Multiplizieren ist sowohl im Rahmen einer „Buy-and-Build“-Strategie wichtig, wenn es also darum geht, Unternehmen zu erwerben und diese Schritt für Schritt zu einem neuen, größeren Unternehmen zu formen, als auch wenn es im Rahmen einer gezielten Expansion heißt, das erworbene Unternehmen gezielt aus sich heraus zu vergrößern. Eine gute Private-Equity-Gesellschaft achtet sorgsam auch auf Werte, Kultur und Normen.

Irrtum Nummer 3: Private Equity geht es nur um Zahlen und um Kosten.

Zwar wird nach einer (Teil-)Übernahme durch eine Private-Equity-Gesellschaft das Thema „Zahlen, Daten, Fakten“ eine größere Rolle spielen, aber gute Private-Equity-Investoren wissen, dass die Zahlen nur das Resultat des vorherigen richtigen Tuns sind und dass Wachstum nicht durch Kostensenkung entsteht. Jawohl, manchmal müssen Strukturen auch kostenseitig angepasst werden. Vergessen wir aber nicht, dass Private-Equity-Gesellschaften das Unternehmen irgendwann wieder wertgesteigert veräußern wollen. Wachstum, als Teil der Story, entsteht durch die ersten Zeilen der Gewinn-und-Verlust-Rechnung, nicht durch die letzte.

Fazit: Bereits in der Anbahnungsphase trennt sich die Spreu vom Weizen. Private-Equity-Mitarbeiter, die nicht zuhören und nur ihr Schema durchdrücken wollen, weisen keinen erfolgreichen Weg. Manche mittelständische Unternehmen versperren sich diesen Weg allerdings auch durch mangelnde Offenheit. Entsteht in der Anbahnungsphase kein Vertrauen, kann man sich die Due Diligence, die Unternehmensbewertung, sparen. In der Due Diligence geht es um Feingefühl und Interesse. Interessiert sich die Private-Equity-Gesellschaft nur für Zahlen oder auch für Inhalte und qualitative, nicht greifbare Aspekte? Im ersten Fall wird es später schwierig, der zweite Fall ist wünschenswert.

In einer Studie, die wir unter Private-Equity-Gesellschaften und deren Portfoliounternehmen durchgeführt haben, ragte ein Ergebnis besonders hervor: Es ist äußerst wichtig, dass jeder der Partner das tut, worin er Experte ist. Für das (mittelständische) Unternehmen bedeutet dies, zu akzeptieren, dass die Private-Equity-Gesellschaft sich meist besser mit Zahlen, Finanzierung, Controlling und Internationalisierung auskennt. Für Private-Equity-Gesellschaften gilt es, mehr zu fragen und zuzuhören, als sich inhaltlich dominierend einzumischen, denn dadurch wird oft unnötig Widerstand erzeugt.

Es kommt – wie immer – sehr stark auf die Beziehung zwischen den handelnden Personen an. Wird bereits zu Beginn auf Vertrauen gesetzt, ist der Weg in eine gemeinsame, interessante, wachstumsstarke Zukunft geebnet.


 

Zur Person

Prof. Dr. Guido Quelle ist Wachstumsexperte und Geschäftsführender Gesellschafter der Mandat Managementberatung GmbH mit Hauptsitz in Dortmund und Büros in London und New York. Quelle hat mit seinem Team in bisher 27 Jahren fast 200 Unternehmen und Organisationen dabei unterstützt, gesund und profitabel zu wachsen. www.mandat.de

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