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MBI-Markt wandelt sich

Der Mittelstand lockt mit Weltmarktführern, anstehenden Generationswechseln und viel Wachstumspotenzial. Dies ist besonders für MBI-Kandidaten interessant. Doch die bekommen Konkurrenz: Denn die Gruppe der Kaufinteressenten hat sich verändert und vergrößert.

Die Anlässe für den Verkauf eines Unternehmens oder einzelner Teilbereiche sind vielfältig. Ist ein Nachfolger gesucht, der das Unternehmen im Sinne des Familienoberhaupts bestmöglich weiterführt? Geht es um einen möglichst hohen Kaufpreis? Oder möchte man einen Investor mit ins Boot holen, der für eine bestimmte Zeit hilft, Wachstum zu fördern und die Internationalisierung voranzutreiben? Dementsprechend variieren die Suchkriterien, wenn es darum geht, die richtige Lösung zu finden.

Bei der Suche nach einem Geschäftsführenden Gesellschafter ist die Option eines Management Buy-ins (MBI) besonders interessant. Was Unternehmer und viele MBI-Kandidaten eint: Sie teilen häufig die gleichen Werte. Respekt, Vertraulichkeit und Verlässlichkeit sind gerade bei Transaktionen im mittelständischen Umfeld maßgeblich. Das schafft Sicherheit und Vertrauen. Die Gruppe der MBI-Kandidaten hat sich dabei in den vergangenen Jahren stark gewandelt – und vergrößert. Längst sind es nicht mehr nur erfahrene Geschäftsführer oder ehemalige Vorstände mit ausreichendem Eigenkapital, die daran interessiert sind, ein Unternehmen zu erwerben oder zu leiten.

Neue MBI-Kandidaten erobern den Markt

Auch „ausgezahlte“ ehemalige Familienunternehmer kommen infrage, die nicht mehr im eigenen Betrieb tätig sind – etwa aufgrund starker Anteilszersplitterung auf mehrere Stämme. Sie sind stark im Mittelstand verhaftet und wollen oft weiterhin in einem familiengeführten Unternehmen arbeiten.

Ein prominentes Beispiel ist Lutz Goebel, ehemaliger Präsident des Verbandes „Die Familienunternehmer“. Er schied aus dem elterlichen Unternehmen aus und wurde selbst zum MBI-Kandidaten. Er übernahm knapp zehn Jahre später die Henkelhausen GmbH & Co. KG, Krefeld. Seine Erfahrung: „Emotionen und Empathie sind beim Erwerb eines Familienunternehmens sehr wichtig. Das zählt oft mehr als reine Fakten. Es braucht auf jeden Fall Durchhaltevermögen. Manchmal lohnt es sich auch, mehrere Eisen im Feuer zu haben. Wenn es um den Übergabezeitpunkt geht, hilft ein fester Zeitplan beiden Parteien, zu einem guten Ergebnis zu kommen.“Der Mittelstand lockt mit Weltmarktführern, anstehenden Generationswechseln und viel Wachstumspotenzial. Dies ist besonders für MBI-Kandidaten interessant. Doch die bekommen Konkurrenz: Denn die Gruppe der Kaufinteressenten hat sich verändert und vergrößert.

Search Funds kommen auch hierzulande an

Ein weiterer Trend im MBI-Markt sind sogenannte Search Funds. Sie ermöglichen einem jungen, gut ausgebildeten Unternehmer mithilfe privater Investoren den Kauf und die Übernahme der Geschäftsführung eines ausgewählten Unternehmens. Konkret bedeutet das eine finanzielle Unterstützung für Kosten der Lebenshaltung, geschäftlichen Reisetätigkeit und Rechts- sowie kommerzielle Beratung in der bis zu zwei Jahren andauernden Suchphase. Die Gelder stammen häufig von privaten Investoren, die wiederum selbst Unternehmer sind. Das Search-Fund-Modell befriedigt die Interessen scheinbar aller Parteien: Der Unternehmer regelt seine Nachfolge, der MBI-Kandidat erhält existenzgesichert Zeit für seine Suche, und die Investoren können sich gegebenenfalls am Zielunternehmen beteiligen.

Tim-Alexander Karußeit etwa ist seit elf Jahren Unternehmer. Nach dem Verkauf seiner Start-ups möchte der 39-Jährige nun im Rahmen eines Search Funds als Geschäftsführender Gesellschafter in ein bestehendes Unternehmen einsteigen. „Der Vorteil eines MBI-Kandidaten im Rahmen eines Search Funds: Der Unternehmer lernt seinen Nachfolger in der Kaufphase intensiv kennen und weiß, dass ein Unternehmer und nicht ein angestellter Manager eines internationalen Fonds die Geschäftsführung übernimmt und sich vor Ort einbringt“, sagt Tim-Alexander Karußeit.

Family Equity, Family Offices und ausländische Investoren

Nicht zuletzt wegen des gestiegenen Anlagedrucks treten auch Family-Equity-Gesellschaften und Family Offices immer häufiger auf den Plan: Sie bringen Erfahrung und Branchenkenntnisse aus ihrer eigenen Geschäftstätigkeit mit. Und sie haben wie die MBI-Kandidaten ebenfalls ein großes Interesse am nachhaltigen Wachstum und einer hoch motivierten Belegschaft. Auch die Vorbehalte gegenüber chinesischen Investoren weichen zunehmend. Vielmehr wurden die Vorteile erkannt: So sind sie beispielsweise häufig bereit, höhere Kaufpreise zu zahlen.

Zudem sind Minderheitsbeteiligungen führender Private-Equity-Häuser auch dann für Unternehmer interessant, wenn sie starke Partner auf Zeit suchen, die ihnen dabei helfen, organisch und anorganisch zu wachsen, neue Ertragspotenziale zu erschließen und die konsequente Umsetzung zu begleiten. Das zeigt aktuell das Beispiel Otto Bock. Der Prothesen-Hersteller hat den schwedischen Finanzinvestor EQT als Minderheitsaktionär an Bord genommen. Firmenchef Hans-Georg Näder will mithilfe des neuen Investors die Expansion von Otto Bock in der Medizintechnik finanzieren, auch durch Zukäufe. Diverse Kapitalgeber haben demnach erkannt, dass sie ihre Konzepte anpassen müssen, um das im deutschen Mittelstand schlummernde Potenzial für Beteiligungsfinanzierungen zu heben.


Zur Person:

Dr. Vera-Carina Elter ist Bereichsvorstand Familienunternehmen bei KPMG in Deutschland. Im Laufe Ihrer Tätigkeit als Partnerin im Bereich Deal Advisory hat die promovierte Kauffrau zahlreiche Mandanten beraten und wird besonders bei Transaktionen im (familien-)unternehmerischen Umfeld konsultiert. In Kooperation mit DIE FAMILIENUNTERNEHMER hat KPMG eine Transaktionsplattform für Familienunternehmen und den Mittelstand entwickelt.
www.kpmg.de/matchmaker

 

 

 

 

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