Der Maschinenbauer Mayer & Cie. hat beim Amtsgericht Hechingen ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt. Das gab das Unternehmen am Donnerstag offiziell bekannt. Am Hauptsitz in Albstadt-Tailfingen sind derzeit rund 280 Beschäftigte betroffen. Ihre Löhne und Gehälter sind für die kommenden drei Monate über das Insolvenzgeld der Agentur für Arbeit abgesichert. Entlassungen habe es laut Unternehmensangaben bislang nicht gegeben.
Globale Krisen belasten Absatzmärkte
Nach Angaben der Geschäftsführung ist Mayer & Cie. „in eine wirtschaftliche Schieflage geraten“. Ursache dafür seien mehrere externe Faktoren. In einer Stellungnahme verweist das Unternehmen auf den Handelskonflikt zwischen den USA und China sowie auf den Krieg in der Ukraine. Diese Ereignisse hätten weltweit zu Investitionszurückhaltung geführt. Besonders betroffen sei die Türkei, ein wichtiger Exportmarkt für das Unternehmen. Dort kämpften Textilhersteller mit hoher Inflation und verloren dadurch ihre Wettbewerbsfähigkeit. Zugleich drängten staatlich subventionierte Anbieter aus China mit günstigen Maschinen auf den Weltmarkt. Das habe zu einem Umsatzeinbruch von rund 50 % im vergangenen Geschäftsjahr geführt, wie das Unternehmen mitteilt. Gleichzeitig seien die Kosten für Material und Produktion deutlich gestiegen.
Sanierungsexperten begleiten Verfahren
Um die Sanierung des Unternehmens zu steuern, wurde der Rechtsanwalt Martin Mucha von der Kanzlei Grub Brugger als Generalbevollmächtigter bestellt. Das Amtsgericht hat außerdem den Juristen Ilkin Bananyarli von der Kanzlei Pluta zum vorläufigen Sachwalter ernannt. Die Aufgabe des Sachwalters besteht darin, das Verfahren im Interesse der Gläubiger zu überwachen. In der Pressemitteilung des Unternehmens wird Martin Mucha mit den Worten zitiert: „Am Donnerstag habe ich gemeinsam mit der Geschäftsführung die Belegschaft über den Insolvenzantrag informiert. Zugleich wurden die notwendigen Schritte zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs eingeleitet. Wir beabsichtigen, den Geschäftsbetrieb wie gewohnt fortzusetzen, und werden uns mit allem Engagement auf den Erhalt der Kernkompetenzen des Unternehmens konzentrieren.“
Tochtergesellschaften nicht betroffen
Am Donnerstag fand eine kurzfristig einberufene Betriebsversammlung statt, auf der die Geschäftsleitung die Beschäftigten über den Insolvenzantrag informierte. Dabei sei auch betont worden, dass sich das Unternehmen aktuell im vorläufigen Verfahren befinde. Nach drei Monaten werde das reguläre Insolvenzverfahren eröffnet, erläuterte Veit Mathauer, der die Pressearbeit während des Verfahrens begleitet. Laut Mathauer ist die Zahl der Beschäftigten am Stammsitz in den vergangenen Monaten leicht zurückgegangen. Derzeit seien es 280 Mitarbeitende, zuvor habe die Zahl bei rund 300 gelegen. Diese Veränderung sei auf natürliche Fluktuation zurückzuführen. In wirtschaftlich unsicheren Zeiten suchten sich viele Beschäftigte neue Perspektiven. Kündigungen habe es seitens des Unternehmens bisher nicht gegeben. Die internationalen Tochtergesellschaften in Tschechien und China sind nach Angaben von Mayer & Cie. nicht von der Insolvenz betroffen. „Die Tochtergesellschaften sind von der Insolvenz unabhängig“, sagte Veit Mathauer gegenüber dem Zollern-Alb-Kurier.
Die Eigenverwaltung ermöglicht es Mayer & Cie., die Sanierung unter eigener Verantwortung durchzuführen. Im Gegensatz zu einem regulären Insolvenzverfahren bleibt die Geschäftsführung handlungsfähig und steuert den Prozess selbst. Ziel sei es, das Unternehmen bei laufendem Geschäftsbetrieb neu aufzustellen. Bereits im Juli hatte das Unternehmen sein 120-jähriges Bestehen gefeiert. In einer Rede zum Jubiläum hatte Geschäftsführer Benjamin Mayer auf die angespannte Lage im Textilmaschinenbau hingewiesen. Die aktuelle Krise bezeichnete er als „die mit Abstand schwierigste“ in der Unternehmensgeschichte. Schon Ende der 1990er-Jahre und erneut 2009 musste das Unternehmen wirtschaftliche Rückschläge verkraften. Damals gelang es nach einem regulären Insolvenzverfahren, den Betrieb erfolgreich zu sanieren.