Der deutsche Markt für Fusionen und Übernahmen (M&A) ist ein wesentlicher Faktor für unternehmerisches Wachstum und Transformation. Allerdings haben in den letzten Jahren wirtschaftliche und (geo)politische Unsicherheiten sowie volatile Rahmenbedingungen diesen Markt spürbar beeinflusst. Welche Trends beherrschen den Markt im Jahr 2025 und welche Treiber prägen das künftige Transaktionsgeschehen?
Die wirtschaftliche Situation in Deutschland gestaltet sich für M&A-Transaktionen als herausfordernd. Viele Regionen weltweit weisen ein moderates Wirtschaftswachstum auf, wohingegen sich Deutschland weiterhin in der Stagnation an der Grenze zur Rezession befindet. Die offiziellen Prognosen für das laufende Jahr bewegten sich zwischen einem Nullwachstum (DIW Berlin) und einer Zunahme des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,4 % (OECD) − mittlerweile wurden diese teils nach unten revidiert. Somit sind derzeit keine Anzeichen für einen wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland in Sicht.
Auch die Zinsentwicklungen der letzten Jahre haben die Rahmenbedingungen für M&A-Aktivitäten erschwert: Ausgehend von einer Phase der Nullzinspolitik in den Jahren 2016 bis 2021 wurden die Leitzinsen sukzessive durch die Europäische Zentralbank (EZB) seit Mitte 2022 stark angehoben. Sie erreichten zeitweise ein Niveau von 4,5 %. Für den M&A-Markt hatte dies zur Folge, dass Transaktionen wieder echte Finanzierungskosten mit sich bringen. Zwar hat die EZB Mitte 2024 erneut eine Trendwende eingeleitet. Seitdem sinken die Leitzinsen stetig (Leitzins aktuell: 2,0 %). Dennoch hat sich das Kreditvergabevolumen in den letzten zwei Jahren kaum verändert und der Zugang zu frischem Kapital bleibt insbesondere für mittelständische Unternehmen herausfordernd.
Einen weiteren merklichen Einfluss auf die M&A-Landschaft hat die Inflationsentwicklung, die Mitte 2022 einen Spitzenwert von 8,8 % erreichte. Insbesondere Energiepreise stiegen seit 2021 rasant um bis zu 36 % − ein Umstand, der den Wettbewerb, insbesondere für energieintensive Unternehmen in Deutschland, enorm belastete. Auch wenn sich die Situation in letzter Zeit etwas entspannt hat, liegen die Energiekosten in Deutschland weiterhin etwa 20 % über dem europäischen Durchschnitt.
Somit lässt sich festhalten, dass das volatile M&A-Marktumfeld durch viele wirtschaftliche und (geo)politische Unsicherheiten geprägt ist. Diese Unsicherheiten zählen laut einer Blitzumfrage bei den Mandanten von RSM Ebner Stolz am 29. April 2025 zu den größten Herausforderungen im Transaktionsgeschäft. Unsichere Marktbedingungen können wiederum dazu führen, dass M&A-Transaktionen mit einer gewissen Zurückhaltung angegangen werden oder gänzlich unterbleiben, wobei die Auswirkungen dieser Faktoren je nach Branche variieren können. Daneben wirken sich noch zahlreiche weitere Faktoren wie der ifo-Geschäftserwartungsindex, Erzeugerpreiseffekte et cetera auf das M&A-Marktumfeld aus.
Das aktuelle Transaktionsumfeld
Wie wirken diese makroökonomischen Rahmenbedingungen nun auf den M&A-Kontext? Der M&A-Markt erlebte nach den pandemiebedingten Einschnitten anno 2020 in den darauffolgenden zwei Jahren eine kurze Blütephase. Seit Ende 2022 ist die Anzahl der M&A-Transaktionen hingegen rückläufig mit „Bodensatzbildung“ seit Mitte 2023 bei weitestgehend stabilen Transaktionsvolumina. Auch für das erste Quartal 2025 war ein rückläufiges Transaktionsgeschehen zu verzeichnen. Während derzeit im Large-Cap-Bereich weniger Transaktionen stattfinden, ist die Anzahl im Small-Cap- oder Mid-Cap-Bereich dagegen relativ stabil.
Anzahl und Volumen bei M&A-Transaktionen, global und Europa*
Aktuelle Treiber des Transaktionsgeschehens
Trotz teilweise schwieriger Rahmenbedingungen zeigen sich verschiedene Einflussfaktoren, die voraussichtlich dazu beitragen werden, die Dynamik des M&A-Markts im laufenden Jahr und darüber hinaus zu prägen und neue Perspektiven zu schaffen.
Ein wichtiger Treiber sind Konsolidierungstendenzen und der zunehmende Transformationsdruck, insbesondere in Branchen, in denen sich Unternehmen aufgrund der disruptiven wirtschaftlichen und regulatorischen Entwicklungen gezwungen sehen, ihre Positionen neu zu justieren und Innovationen voranzutreiben, etwa in der Automobilbranche.
Ein weiterer wichtiger Treiber ist der M&A-Backlog, der zum Beispiel durch verschobene Nachfolgelösungen und Private-Equity-Exits entstanden ist. Mit Blick auf die Unternehmensnachfolge steht der deutsche Mittelstand unter besonderem Druck: Gemäß einer Studie des Instituts für Mittelstandsforschung aus dem Jahr 2021 sind bis 2026 rund 190.000 Nachfolgen nötig – eine Zahl, die durch den demografischen Wandel mittelfristig sogar auf bis zu 500.000 ansteigen könnte. Dadurch werden Nachfolgethemen zu einem entscheidenden Markttreiber. Auch Private-Equity-Investoren verspüren einen gewissen Druck, aufgrund der bereits verlängerten Halteperioden geforderte Exits und Returns zu realisieren. Dies stellt einen weiteren entscheidenden Impuls für den M&A-Markt dar.
Zunehmende Bedeutung gewinnen zudem Carve-outs, also Abspaltungen von Unternehmensteilen. Als strategisches Mittel zur Transformation stehen sie insbesondere bei größeren mittelständischen Unternehmen weit oben auf der Agenda: Verstärkt werden Portfolios überprüft, strategische Schwerpunkte neu gesetzt und dementsprechend Carve-outs vorbereitet oder umgesetzt. Dem Vernehmen nach gehen rund 70 % der Marktakteure davon aus, dass Carve-out-Aktivitäten in den nächsten zwölf bis 36 Monaten ansteigen werden und damit ein weiterer wichtiger Treiber sind.
Angesichts der herausfordernden wirtschaftlichen Lage hat in den vergangenen Monaten auch die Anzahl der Distressed Deals deutlich zugenommen. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen stieg seit 2021 um 56 %, bei Großinsolvenzen sogar um bemerkenswerte 117 %. Was an bestandsgefährdenden Entwicklungen während der Coronapandemie durch staatliche Unterstützung verschoben wurde, wirkt sich nun Schritt für Schritt aus. Dieser Nachholeffekt dürfte den Markt weiterhin in Bewegung halten.
Ausblick
Die makroökonomischen Rahmenbedingungen in Deutschland, insbesondere mit Blick auf die stagnierende Wirtschaft, bleiben herausfordernd für den M&A-Sektor. Jedoch lassen sich erste Anzeichen der Erholung erkennen: Die Inflationsrate ist gesunken und die kontinuierliche Senkung des Leitzinses auf derzeit 2,0 % durch die EZB ist ein positives Signal für Stabilität und Vertrauen in den Markt. Außerdem hat sich der deutsche M&A-Markt trotz aller Unsicherheiten bislang als resilient und anpassungsfähig erwiesen: Vor allem die Anzahl der Transaktionen im Small-Cap- oder Mid-Cap-Bereich ist bei insgesamt rückläufigen Transaktionszahlen relativ stabil geblieben.
FAZIT
Der deutsche Mittelstand ist und bleibt ein Schlüsselfaktor für den M&A-Markt, sei es im Rahmen von Unternehmensnachfolgen, (internationalen) Wachstumsstrategien oder strategischen Carve-outs. Ein entscheidender Faktor für eine nachhaltige Belebung des M&A-Markts ist jedoch die Stabilisierung der makroökonomischen Rahmenbedingungen. Eine solche Stabilisierung schafft Planbarkeit und erhöht damit die Investitionsbereitschaft, die für M&A-Transaktionen essenziell ist.
👉 Dieser Beitrag erscheint auch in der nächsten Magazinausgabe der Unternehmeredition 3/2025 (Erscheinungstermin: 22. September 2025).




