Kommt die Insolvenzwelle?

Unternehmensinsolvenzen
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Auch wenn Experten aus der Restrukturierungsbranche (noch) keine Insolvenzwelle sehen – so häufen sich die Meldungen über wirtschaftliche Schwierigkeiten von Unternehmen. In den vergangenen Tagen gab es mit SMA Metalltechnik und der hülsta-Gruppe einige prominente Firmen, die kürzlich den Gang vor das Amtsgericht angetreten haben.

E-Mobility-Startup MOOVE insolvent

Das E-Mobility Startup Moove aus Aachen hat Insolvenz angemeldet. Das Unternehmen hat eine Plattform für leichte Nutzfahrzeuge entwickelt. Ziel war dabei ein umfassendes, emissionsfreies Lieferökosystem für die „letzte Meile“. Zu den Konzepten gehörten Kleinbusse und kleinere und mittelgroße Lieferfahrzeuge – alle mit Elektroantrieb. Moove wurde 2018 von Professor Günther Schuh gegründet, der Markteintritt war für 2023 geplant. Ende 2021 sicherte sich Moove in einer Finanzierungsrunde einen zweistelligen Millionenbetrag. Im April hatte der frühere Daimler und Tata Motors-Manager Günther Butschek die Geschäftsführung übernommen. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter ist Rechtsanwalt Dr. Dirk Wegener von dhpg Dr. Harzem & Partner mbB aus Essen bestellt worden.

SMA Metalltechnik geht in Eigenverwaltung

Die Beteiligungsholding Indus Holding AG (Indus) hat mitgeteilt, dass ihr Beteiligungsunternehmen S.M.A. Metalltechnik GmbH & Co. KG (SMA) einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt hat. Der Serienzulieferer für die Automobilindustrie habe bis zuletzt intensive Verhandlungen mit Großkunden über eine Anpassung der bestehenden Lieferverträge geführt. Diese Verhandlungen hätten aber nicht zu den notwendigen Ergebnissen geführt, so dass laut Indus „eine Fortführung unter den gegebenen Rahmenbedingungen nicht mehr möglich war“. SMA erzielte 2021 laut Website einen Umsatz von rund 49 Mio. EUR. Das Unternehmen aus dem schwäbischen Backnang in der Nähe von Stuttgart beschäftigt mehr als 1.300 Mitarbeitende. Standorte befinden sich neben dem Hauptsitz auch in Halle an der Saale, dem südafrikanischen East London sowie im rumänischen Oradea und dem chinesischen Shenyang.

Schleifmittelhersteller Dronco pleite

Der Schleifmittelhersteller Dronco hat einen Insolvenzantrag gestellt. Das Unternehmen mit 200 Mitarbeitenden hat seinen Sitz in Wunsiedel. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde Sebastian Netzel von den Insolvenzverwaltern Brinkmann und Partner bestellt. Nach Aussage von Netzel soll der Betrieb uneingeschränkt fortgesetzt werden. Als Grund für die Krise wird ein Umsatzrückgang aufgrund des Krieges in der Ukraine genannt. In der Coronakrise habe es durch den Heimwerker-Boom noch eine gute Auftragslage gegeben. Nun spüre man aber eine deutliche Kaufzurückhaltung.

Augsburger Aquaair in der Krise

Die Augsburger Aquaair GmbH & Co. KG hat beim Amtsgericht einen Insolvenzantrag gestellt. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde Dipl.-Kfm. Dr. Max Liebig aus München bestellt. Das Unternehmen wurde vor elf Jahren gegründet und gewann 2018 den bayerischen Innovationspreis. Ende 2021 bekam Aquaair eine Mezzaninefinanzierung der BayBG Bayerische Beteiligungsgesellschaft.  Aquaair entwickelt und produziert wassergeschmierte Kompressoren, die auf den Einsatz von Öl komplett verzichten können. Der Vorteil dieser Technologie besteht in der Senkung der Umweltbelastung und der Energiekosten. Das Unternehmen hat derzeit 14 Mitarbeitende. Nach Auskunft des vorläufigen Insolvenzverwalters Dr. Max Liebig wird der Geschäftsbetrieb fortgesetzt. Weiterhin laufen bereits Gespräche mit möglichen Investoren.

Hülsta-Gruppe in Eigenverwaltung

Die hülsta Gruppe hat für die hülsta-werke Hüls GmbH & Co. KG und die DIHUG GmbH ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt. Nach Aussage des Unternehmens läuft das operative Geschäft unverändert weiter. Von dem Antrag am Amtsgericht Münster sind rund 580 Mitarbeitende betroffen. „Die wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen haben sich grundlegend geändert: Die staatlich angeordneten Maßnahmen des Lockdowns im Zuge der Pandemie haben uns in unserem anhaltenden Restrukturierungsprozess erheblich ausgebremst. Hinzu kommen jetzt beispielsweise horrende Energiekosten für die etwa 100.000 Quadratmeter Produktionsfläche der hülsta-werke und massive Preissteigerungen bei Rohstoffen und in der Zulieferung sowie eine allgemeine Kaufzurückhaltung, die im Gesamtmarkt deutlich wird“, erläutert Dr. Thomas Knecht, geschäftsführender Gesellschafter der Gruppe. Das Unternehmen aus Stadtlohn wurde 1940 gegründet

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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