KMUs im Fokus: Warum Private Equity auf den Mittelstand schaut

Während der Druck auf Private-Equity-Manager steigt, rücken kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) weiter in den Fokus.
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Inflation, hohe Zinsen und das unsichere ökonomische Umfeld haben Unternehmensverkäufe verkompliziert. Während der Druck auf Private-Equity-Manager steigt, durch erfolgreiche Exits Liquidität zu generieren, rücken kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) weiter in den Fokus, die sich nicht nur mit Blick auf die Dealaktivität als außerordentlich stabil erwiesen haben.

Ein stabiles wirtschaftliches und politisches Umfeld ist grundsätzlich eine wichtige Voraussetzung für den nachhaltigen Erfolg von Unternehmen. Es sorgt für Planungssicherheit und schafft Raum für das Umsetzen langfristiger Wachstumsstrategien. 2023 war in vielerlei Hinsicht ein unsicheres Jahr. Der Krieg in der Ukraine mit daraus resultierendem Energiepreisschock, die anhaltende Inflation, steigende Zinsen und nicht zuletzt die Sorge vor einer tiefen Rezession führten dazu, dass viele Marktteilnehmer mehr mit ihrer bereits bestehenden Portfolioallokation beschäftigt waren und mit Blick auf Neuinvestitionen an der Seitenlinie verharrten.

Bei Private Equity spiegelte sich die allgemeine Unsicherheit vor allem in der Dealaktivität wider. Nach Zahlen des Datenanbieters S&P Global Market Intelligence sank das weltweite Transaktionsvolumen 2023 um 34,7 Prozent im Vorjahresvergleich auf den tiefsten Stand seit fünf Jahren. Insbesondere Börsengänge fanden aufgrund des volatilen Marktumfelds nur wenige statt. Besonders davon betroffen waren Large-Caps, also Private-Equity-Fonds mit Fokus auf große Unternehmen, weil IPOs innerhalb dieses Segments oft einer der wenigen verfügbaren Exit-Kanäle sind. Auch fremdfinanzierte Kapitalausschüttungen waren in diesem Marktsegment stärker eingeschränkt als in den letzten Jahren. Investoren, die in diese Fonds investiert sind, erhielten dadurch drastisch weniger Rückflüsse. Diese Liquidität fehlt nun an verschiedensten Stellen, etwa für Neuinvestments in die Anlageklasse.

Historische Outperformance – vor allem nach Krisen

Derweil steigt der Druck auf Private-Equity-Manager, durch erfolgreiche Exits Liquidität zu generieren. In einer Umfrage der Beratungsgesellschaft Bain & Company vom Juli 2023 gaben rund 60% der Investoren an, dass sie eher aus einer Investition aussteigen würden als diese in eine von einem Private-Equity-Manager geführte Secondary-Transaktion umzuschichten. Sie ziehen also Cash gegenüber potentiellen weiteren Wertsteigerungen vor. Gleichzeitig bleibt das Interesse an der Anlageklasse unverändert hoch. Die Großbank UBS empfiehlt sogar, 2024 die Allokation in Privatmarktanlagen anzuheben. Gerade mit Blick auf ein potentiell sinkendes Zinsniveau halten die Analysten diese für attraktiv. Das Blackrock Investment Institute empfiehlt eine Beimischung von bis zu 20%.

Noch ein Grund spricht jetzt für eine Beteiligung an Private Equity: die Phase des Konjunkturzyklus, in der wir uns befinden. Historisch waren Wirtschaftskrisen und die Zeit kurz danach stets sehr gute Jahre für Private Equity. Die Datenlage ist hier sehr klar. Die Beratungsgesellschaft Bain & Company hat eine Übersicht erstellt mit den erzielten jährlichen Renditen global investierender Buyout-Fonds seit 1993. Fonds, die direkt nach Rezessionsjahren aufgelegt wurden, haben vorangegangene Vintage-Jahre demnach in der Regel übertroffen. Betrachtet man allein das Top-Quartil, tritt die Outperformance nach Krisen noch stärker hervor.

KMUs sind gefragt

Während der Covid-19-Pandemie und als die Zinsen noch niedrig waren, zog es viele Investoren verstärkt zu großen und bekannten Fondsmanagern. Large- und Mega-Caps galten inmitten dieser Phase der Unsicherheit und hohen Volatilität an den Kapitalmärkten vielfach als sicherer Hafen. Aufgrund der nicht selten milliardenschweren Fonds-Volumina waren diese Produkte für Investoren auch vergleichsweise einfach zugänglich.

In der aktuellen Gemengelage von erhöhter Inflation, hohen Zinsen und einer schwächelnden Konjunktur ist dagegen ein anderes Segment besonders in den Fokus gerückt. Mehreren Umfragen nach favorisieren institutionelle Anleger aktuell mit Abstand Lower Mid-Market Buyout Fonds, also – vereinfacht gesagt – Fondsmanager, die Mehrheitsbeteiligungen an kleinen und mittelständischen Unternehmen eingehen. Gemäß einer Befragung des auf die Branche spezialisierten Placement-Agents Rede Partners planen 50% aller befragten institutionellen Anleger, das Segment in diesem Jahr stärker zu gewichten. Weitere 46% favorisieren den Mid-Market. Die Segmente Private Credit sowie Growth Equity folgen mit 31 bzw. 21% auf den Plätzen 3 und 4. Large-Caps belegten in der Umfrage mit 10% den vorletzten Platz.

Stabile Dealaktivität und Rückflüsse im Lower Mid-Market

Die wachsende Beliebtheit des Lower Mid-Market lässt sich auf seine gegenüber anderen Segmenten strukturellen Vorteile zurückführen, die in anspruchsvolleren Marktphasen noch mehr als gewohnt zum Vorschein treten. So bietet er beispielsweise geringere Einstiegsbewertungen und damit verbunden in der Regel auch niedrigere Fremdkapitalquoten im Vergleich zum Large-Cap Segment, aber auch mehr Raum für Wertsteigerungen durch operative Verbesserungen. Das liegt daran, dass mittelständische Unternehmen oft weniger professionell geführt werden als Großkonzerne. Ihnen fällt es zudem auch in der Regel leichter, schnell auf aktuelle Herausforderungen zu reagieren und kurzfristige Chancen zu ergreifen, vor allem an der Seite eines erfahrenen Private-Equity-Investors.

Der Lower Mid-Market bietet Fondsmanagern im aktuellen Umfeld auch mehr Exit-Optionen, etwa an größere Fonds, die über die letzten Jahre sehr viel Kapital eingesammelt haben und strategische Investoren. Dadurch blieben Dealaktivität und Rückflüsse trotz der makroökonomischen Herausforderungen vergleichsweise stabil. Wir beobachten das auch an unseren eigenen Dachfondsprogrammen, wo die Zahl der Exits 2023 im Vergleich zum Vorjahr konstant geblieben ist. Das investierte Kapital hat sich über alle Unternehmensverkäufe des vergangenen Jahres im Schnitt mehr als verdreifacht.

Schärferer Wettbewerb um Top-Performer

Für 2024 rechnen Marktbeobachter damit, dass sich der Markt wieder stabilisiert und die Dealaktivität wieder zunimmt. Der Lower Mid-Market dürfte dann für Reinvestitionen noch stärker im Fokus stehen. Lower Mid-Market Manager mit erstklassigen Leistungsbilanzen sowie Expertise in der operativen und strategischen Wertsteigerung über mehrere Konjunkturzyklen und Fondsgenerationen sind bereits jetzt extrem gefragt und ihre Fonds stark überzeichnet. Das heißt: Sie können sich ihre Investoren aussuchen. Viele der attraktivsten Lower Mid-Market Manager mit Blick auf risikoadjustierte Renditen nehmen daher oft weniger als eine Handvoll oder sogar keine Neu-Investoren in ihre Fonds auf. Künftig dürfte sich der Wettbewerb um das Top-Quartil weiter intensivieren.

Autorenprofil
Hans-Christian Moritz

Hans-Christian Moritz ist Managing Director bei Munich Private Equity Partners und verantwortet unter anderem das Portfoliomanagement. Das Unternehmen mit Sitz in München und Luxemburg bietet Private-Equity-Dachfonds für institution­el­le Investoren sowie vermögende Privatpersonen an.

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