„IT-Projekte sind nicht über Nacht zu stemmen“

VR Equitypartner, der Mittelstandsinvestor , hilft bei der strategischen Unternehmensentwicklung mit Kapital und Know-how.
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Der Mittelstandsinvestor VR Equitypartner, der zur Genossenschaftlichen FinanzGruppe gehört, hilft bei der strategischen Unternehmensentwicklung mit Kapital und Knowhow. Zur Investmentphilosophie gehören Verständnis für die Unternehmer und Geduld.

Unternehmeredition: Deutschlands Wirtschaft steckt in der längsten Rezession seit 20 Jahren. Hinzu kommen geopolitische Krisen. Die neue Bundesregierung plant nun, die Unternehmen zu entlasten. Wie ist aktuell die Stimmung im Mittelstand?

Christian Futterlieb: In unseren Gesprächen mit Unternehmen erleben wir weiterhin eine abwartende Haltung. Die Betriebe fragen sich, in welche Richtung es weitergehen wird. So schaut man beispielsweise nach Nordamerika und überlegt: Was bedeuten die Zölle, die die USA verhängen, eigentlich für uns? Ähnlich ist es mit Blick auf die Bundespolitik in Berlin: Was kommt konkret durch die Koalitionsvereinbarungen auf uns zu?

Die Folge der Unsicherheiten: Die Unternehmen warten ab, bevor sie größere Investitionsentscheidung treffen. Allerdings merkt man, dass Eigentümer und Manager wieder hoffnungsvoller als 2024 sind. Sie sehen Potential für positive Veränderungen.  Diesen Stimmungsumschwung brauchen wir auch dringend im Mittelstand. Dazu beitragen können vernünftige, verlässliche Rahmenbedingungen, geringere Energiekosten, weniger Bürokratie. Wir brauchen Planungssicherheit. Auch wir als Mittelstandsinvestor. Nur mit Vertrauen in die Zukunft wird der deutsche Mittelstand weiter am Standort investieren. Und das ist wichtig, denn nicht nur der Staat muss Geld in die Hand nehmen, sondern vor allem die Unternehmer müssen investieren.

Was erhoffen sich mittelständische Betriebe, wenn Sie als Private Equity-Gesellschaft ins Haus kommen?

Sie erwarten unsere Unterstützung bei einer strukturierten Unternehmensentwicklung. Die Betriebe möchten mit uns die Antworten erarbeiten auf die Frage: Wo wollen wir in fünf Jahren stehen? Dafür schaut man sich gemeinsam den Markt an. Momentan ist das aufgrund der Unsicherheit mit einigem Wenn und Aber verbunden. Die gefühlte Visibilität liegt aktuell bei drei, vielleicht vier Monaten. In den überwiegenden Fällen wenden Betriebe sich mit dem Thema Unternehmensnachfolge an uns. Hier gilt es in der Regel, die Eigentümer- und Managementstruktur umzubauen. Kapital von unserer Seite ist dabei nur die eine Hälfte der Miete – die andere ist unsere Erfahrung.

Als Eigentümer allein eine Übergabe vorzubereiten und umzusetzen, ist schwierig, weil man emotional involviert und Teil der Organisation ist. Der Unternehmer kann naturgemäß nicht den neutralen Blick haben, weiß zudem meistens nicht, was jetzt eigentlich eine geeignete Struktur wäre und wer dazu passt. Da ist es sinnvoll, einen Partner an Bord zu holen. Ähnlich ist es bei einem Gesellschafterwechsel, wenn zum Beispiel ein Gründer aus Altersgründen oder weil sich der Lebensplan geändert hat, aussteigen will. Das war zum Beispiel bei unserem Portfoliounternehmen Dittrich+Co so, oder auch wenn Managementteams getrennte Wege gehen wollen. Besonders gern machen wir Wachstumsfinanzierungen, denn hier können wir die Unternehmen bei spannenden Entwicklungsphasen begleiten. Ich denke dabei an Norafin, die wir bei der Eröffnung eines neuen Werks in den USA unterstützt haben.

Gibt es bei kleineren Mittelständlern andere Probleme zu lösen als bei größeren Unternehmen?

Wir haben heute 30 Direktbeteiligungen an Unternehmen im Small Cap Segment ab zwei Millionen Euro EBITA. Bei vielen Betrieben dieser Größenordnung sind Financial Reporting, Controlling oder Personalmanagement wenig entwickelt. Oft fehlt eine dezidierte Unternehmensplanung. Ein Finanzinvestor hilft hier, notwendige Prozesse aufzubauen. Wir haben dafür unser Operating Partner-Team, das beispielsweise seine Unterstützung dabei anbietet, im Personalmanagement softwaregestützte Prozesse einzuführen und zu supporten.

Auch Produktion und Energie sind Themen, bei denen die Kollegen Know-how einbringen können. Das haben wir zum Beispiel bei Grundig Business Systems im Bereich Personalmanagement getan oder bei KTP in den Bereichen Produktion und Energie. Die Geschäftsführer und die zweite Ebene unserer Portfoliofirmen berichten jedes Jahr in einem Workshop über den Fortgang. Dadurch entsteht ein nachhaltiger Fortschritt bei der Weiterentwicklung. Durch diese Strukturierung wird das Unternehmen auch für künftige Investoren attraktiv.

Was verändert sich in den Betrieben konkret, wenn eine Beteiligungsgesellschaft wie VR Equitypartner mit am Tisch sitzt?

Zunächst sei festgehalten: Wir übernehmen keine operative Verantwortung, das ist alleinige Aufgabe des Managements. Wir gehen auch nicht ins Unternehmen und sagen: Ihr müsst jetzt dies und das machen und kommen dann in vier Wochen wieder und schauen, was dabei herausgekommen ist. Nein, wir machen Angebote, sprechen und hören vor allem zu. Schon während der Anbahnung, Unternehmensprüfung und in den Vertragsgesprächen gilt es, die gegenseitigen Erwartungshaltungen zu eruieren. Die eigentliche Transaktion, die Kaufpreisverhandlung, nimmt in der Regel viel weniger Raum ein als die Strategiediskussionen. Die Inhalte, die Governance, die künftige Gesellschaftervereinbarung, also alles, was sich um die Zukunft des Unternehmens dreht, macht mindestens 80% der Diskussionen aus. Das war zuletzt bei Dekom so.

Klar ist: Wir wollen nicht den Weg des Unternehmens bestimmen, sondern die Verantwortlichen langfristig unterstützen. Auch fordern wir nie, Funktionen an VR Equitypartner auszulagern. Aber wir unterstützen an vielen Stellen strategische Entwicklungen und die langfristige Positionierung des Unternehmens. Um den Status und Entwicklungen beurteilen zu können, stellen wir gleich zu Beginn etwa im Bereich Finanzen/Reporting erfahrene Mitarbeiter zur Verfügung, die Management und Belegschaft bei der Verbesserung der Prozesse begleiten können. Die Verantwortung bleibt aber immer beim Unternehmen. Nur das macht Sinn, denn eines Tages verkaufen wir unsere Anteile auch wieder und sind weg.

Stichwort Unternehmensnachfolge: Bei diesem Change-Prozess ist erfolgsentscheidend, sich gemeinsam Gedanken zu machen, wie die künftige Führungsstruktur aussehen soll. Das ist für den Eigentümer nicht selten schmerzhaft, denn er muss loslassen. Hier zuckt so mancher, schließlich gibt er sein Kind nach 30 oder 40 Jahren in die Hände Anderer. Dieser Prozess muss gut vorbereitet und moderiert werden.

Was sind die größten Hürden bei Ihren Beteiligungen an Small Caps?

Wenn Nachfolgeregelungen anstehen, bietet sich aufgrund des Übergangs personeller Verantwortung auch die Chance, größere Transformationsthemen wie Digitalisierung anzugehen. Häufig möchte das der scheidende Unternehmer nicht mehr tun, weil ihm die Offenheit oder auch die Kraft für langfristige Veränderungen fehlt. Dabei ist es in vielen Fällen sinnvoll, neue Impulse zu setzen. Und hier macht es einen Unterschied, ob die von einem Investor kommen, der von außen auf das Unternehmen schaut, oder von jemandem, der operativ im Unternehmen tätig ist. Digitalisierung, Datenverfügbarkeit, ERP-Einführung sind dabei wichtige Themen.

Viele kleinere mittelständische Unternehmen befinden sich in der Phase, ein leistungsfähiges ERP-System aufzusetzen, eine saubere Datenhaltung zu gewährleisten und eine Datenhistorie zu entwickeln, um später für ihr Wachstum Daten wirksam nutzen zu können. Diese IT-Projekte sind für kleinere Unternehmen nicht über Nacht zu stemmen, müssen gut geplant und umgesetzt werden. Und die Mitarbeiter müssen mitgenommen werden, sonst funktioniert das nicht. Es gibt hier auch Risiken, die man im Griff haben muss. Rechnungen mit falschen Adressaten, gar keine Rechnungsstellung oder nicht auffindbare Vorräte können Unternehmen schnell in Schieflage bringen. Die Lernkurve bei solchen Projekten ist in kleinen Unternehmen hoch. Übrigens: Künstliche Intelligenz spielt bei den Betrieben, mit denen wir zusammenarbeiten, noch eine viel zu geringe Rolle. Hier gilt es, genau auf die Stärken des Geschäftsmodells zu schauen und diese mit KI-Applikationen weiter zu härten. Das Thema wird in den nächsten Jahren unsere Arbeit prägen.

Wie lautet Ihre Investmentphilosophie? Was unterscheidet VR Equitypartner von anderen Beteiligungsunternehmen?

Meiner Ansicht nach ist das Besondere unsere spezifische DNA. Wir sind sozialisiert durch den genossenschaftlichen Verbund und sein Wertekonzept. Wir verstehen uns als Mittelstandsfinanzierer und Partner von Unternehmern, nicht als Investmentbanker. Wir leben eine Hands-on-Mentalität, wollen den kleinen Mittelstand verstehen, seine Begeisterung und Innovationskraft teilen. Es macht Spaß, Menschen kennenzulernen, die sich nicht durch schwierige Rahmenbedingungen oder Krisen beeinflussen lassen, sondern ihre Ideen und Ziele mit Nachdruck verfolgen.

Mit uns bleibt der Unternehmer Herr im eigenen Haus. Wir nehmen ihm nichts weg, helfen ihm aber, seine Chancen zu beschleunigen und Risiken zu reduzieren. Wir fragen ihn immer, was er will. Eine Minderheitsbeteiligung? Eine Mehrheitsbeteiligung? Möchte er weniger Investoreneinfluss, dann können wir auch eine Mezzaninefinanzierung entwickeln. Diese Flexibilität bei der Strukturierung entsprechend den Wünschen des Unternehmers ist nicht selbstverständlich und zeichnet uns als VR Equitypartner aus.

Das Interview führte Jürgen Hoffmann.

👉 Dieses Interview erscheint auch in unserem Spezial “Investoren im Mittelstand” (Erscheinungstermin: 16. Mai 2025)


ZUM INTERVIEWPARTNER

Foto: © VREP

Christian Futterlieb ist Managing Partner und Geschäftsführer bei der Frank­furter Beteiligungsgesellschaft VR Equitypartner. In dieser Rolle verantwortet er die Akquisition und Wertsteigerung von Direkt­beteiligungen sowie Mezzanin­finanzierungen. Zudem begleitete er zahlreiche Investments und Zukäufe und betreut die Weiterentwicklung diverser Portfoliounternehmen.

E-Mail: christian.futterlieb@vrep.de

Autorenprofil
Jürgen Hoffmann

Nach mehreren Stationen in Redaktionen (u.a. „Bild am Sonntag“) und in der Wirtschaft (u.a. Digital Equipment) arbeitete Jürgen Hoffmann als Agenturchef (1997- 2009). Seither ist er als freier Autor für Publikationen wie Die Welt, FAZ, Tagesspiegel, Deutsche Welle und SZ tätig.

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