Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland steigt weiter an. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden im Oktober 2024 rund 22,9% mehr Insolvenzanträge als im Vorjahresmonat gestellt. Auch im August war ein Anstieg von 13,4% im Vergleich zum Vorjahresmonat zu verzeichnen. Diese Entwicklung setzt den Trend fort, der seit dem Ende der pandemiebedingten Insolvenzaussetzungen sichtbar ist. Dr. Christoph Niering, Vorsitzender des Verbands der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID), kommentiert die Lage: „Der anhaltende Anstieg der Insolvenzen zeigt, dass einige Branchen derzeit erheblich unter Druck stehen. Wir erwarten, dass sich diese Dynamik auch 2025 fortsetzen wird.“ Einflussfaktoren wie die gestiegenen Finanzierungskosten, schwache Konjunkturaussichten und Unsicherheiten auf politischer Ebene würde die Belastungen für deutsche Unternehmen verstärken.
Immobilien und Automobilzulieferer im Fokus
Der Immobiliensektor bleibe eine der am stärksten betroffenen Branchen. Hohe Baukosten, steigende Kreditzinsen und eine zurückhaltende Nachfrage würden vor allem kleinere Projektentwickler und Bauunternehmen belasten. Obwohl die Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) langfristig Erleichterungen verspricht, wird die Erholung von Experten als schleppend eingeschätzt. Auch die Automobilzulieferindustrie kämpfe mit erheblichen Herausforderungen. Eine schwächelnde Nachfrage, insbesondere auf den wichtigen Absatzmärkten wie China, führten zu sinkenden Aufträgen. Deutsche Luxusautomobilhersteller, die als zentrale Abnehmer gelten, haben ihre Bestellungen reduziert.
Globale Unsicherheiten
Neben den nationalen Faktoren beeinflussten auch internationale Entwicklungen die deutsche Wirtschaft. Die Wiederwahl von Donald Trump als Präsident der USA sorge für Unsicherheiten, insbesondere im Bereich der Handelspolitik. Mögliche protektionistische Maßnahmen oder erneute Handelskonflikte könnten die deutsche Exportwirtschaft treffen, die ohnehin unter einer schwachen globalen Nachfrage leidet. „Noch ist unklar, wie sich die amerikanische Wirtschaftspolitik in der kommenden Amtszeit gestalten wird. Veränderungen in den Handelsbeziehungen könnten die Insolvenzzahlen hierzulande weiter beeinflussen“, warnt Dr. Niering. Auch auf dem Insolvenzverwalter Kongress des VID in Berlin vor zwei Wochen waren die Unsicherheit in der deutschen Wirtschaft ein wichtiges Thema.
Nachwirkungen der Pandemie
Ein weiterer Faktor für die steigenden Insolvenzen sei das Auslaufen der staatlichen Unterstützungsmaßnahmen, die während der Corona-Pandemie Unternehmen vor dem Bankrott bewahrten. Viele Unternehmen, die bereits damals in Schieflage gerieten, seien nun nicht mehr in der Lage, ihre Geschäftstätigkeit aufrechtzuerhalten. Zudem verzögere die politische Unsicherheit nach der langwierigen Regierungsbildung in Deutschland wichtige wirtschaftliche Entscheidungen. Gesetzesvorhaben, die der Wirtschaft helfen könnten, bleiben vorerst blockiert. Experten erwarten, dass sich die Insolvenzzahlen auch 2025 auf einem hohen Niveau bewegen werden. Der VID fordert daher erneut ein schnelleres Handeln der Politik, um die Rahmenbedingungen für Unternehmen zu verbessern. Besonders im Bereich der Finanzierung und der Unternehmensnachfolge sei eine gezielte Förderung notwendig. Der Immobiliensektor und die Automobilzulieferindustrie benötigten zudem branchenspezifische Lösungen, um die strukturellen Herausforderungen zu bewältigen. Der Verband der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands vertritt über 470 Mitglieder und setzt sich für eine transparente und qualitätsorientierte Insolvenzverwaltung ein.