Insolvenzzahlen bleiben auf hohem Niveau stabil

Foto: © Marteck - AdobeStock
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Die Unternehmensinsolvenzen in Deutschland haben im September 2025 weiter zugenommen. Wie aus aktuellen Erhebungen des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hervorgeht, verzeichnete der IWH-Insolvenztrend im September 1 481 Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften. Das entspricht einem Anstieg von 5 % im Vergleich zum August 2025 und 14 % gegenüber dem Vorjahresmonat. Im Vergleich zum durchschnittlichen September der Vor-Corona-Jahre 2016 bis 2019 liegt das aktuelle Niveau um 64 % höher. Auch das Statistische Bundesamt meldet steigende Zahlen. Für den Monat Juli 2025 wurden 2 197 beantragte Unternehmensinsolvenzen registriert, was einem Anstieg von 13,4 % im Vergleich zum Juli 2024 entspricht. Vorläufige Angaben für September zeigen ebenfalls einen Zuwachs von 10,4 % im Vergleich zum Vorjahresmonat.

Zweithöchster Quartalswert seit 20 Jahren

Im dritten Quartal 2025 wurden laut IWH insgesamt 4 478 Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften festgestellt. Dieser Wert liegt nur 1 % unter dem Rekordwert des Vorquartals. Damit erreicht das Insolvenzgeschehen das zweithöchste Niveau seit dem dritten Quartal 2005. Selbst in den Jahren nach der globalen Finanzkrise 2009 lag die Zahl niedriger. Im Vergleich zum ersten Quartal 2020 – also unmittelbar vor dem Einfluss der Corona-Pandemie – ist die Zahl der Insolvenzen um 61 % gestiegen. Laut IWH wurden im September in den größten 10% der insolventen Unternehmen rund 20.000 Arbeitsplätze erfasst. Das entspricht einem Anstieg von 62% gegenüber dem Vormonat und dem Vierfachen des Durchschnitts der Jahre 2016 bis 2019. Im dritten Quartal insgesamt belief sich die Zahl betroffener Arbeitsplätze auf etwa 42 000. Gegenüber dem Vorquartal bedeutet das einen leichten Rückgang. Das IWH sieht hierin Anzeichen für einen anhaltenden Trend zu kleineren Insolvenzen.

Branchenspezifische Schwerpunkte

Eine detaillierte Branchenauswertung bietet das Statistische Bundesamt nicht an. Das IWH erhebt seit 2020 eigene Daten zur betroffenen Branchenstruktur. Demnach ging die Zahl insolventer Industriebetriebe im Vergleich zum Vorquartal deutlich um 27 % zurück. In den Bereichen Bau, Handel sowie freiberufliche und wissenschaftlich-technische Dienstleistungen blieb das Niveau knapp unter den bisherigen Höchstständen. In den übrigen großen Branchen wurden hingegen neue Rekordwerte verzeichnet. Besonders betroffen waren laut IWH die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg und Berlin.

Vielschichtige Ursachen

Die Ursachen für den Anstieg der Unternehmensinsolvenzen sind laut dem Berufsverband der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID) vielschichtig. Dr. Christoph Niering, Vorsitzender des VID, betont, dass Insolvenzen selten auf einen einzelnen Auslöser zurückzuführen seien. „Die Ursachen für den Anstieg sind vielfältig und reichen weit über die häufig gehörte Kritik an der überbordenden Bürokratie hinaus“, so Niering. Während bürokratische Anforderungen eine Belastung darstellten, seien sie selten der Hauptgrund für eine Insolvenz. Entscheidende Faktoren seien laut Niering strukturelle Herausforderungen wie ein verändertes Konsumverhalten, unzureichende Anpassungen an neue Marktbedingungen sowie ungelöste Unternehmensnachfolgen. Hinzu kommen externe Ereignisse wie geopolitische Krisen oder Lieferkettenprobleme, die bestehende Schwächen verstärken und zu finanziellen Engpässen führen können.

Konsolidierung auf hohem Niveau erwartet

Steffen Müller, Leiter der Insolvenzforschung am IWH, sieht in den aktuellen Zahlen Anzeichen einer Konsolidierung. „Der Trendanstieg bei der Zahl der Insolvenzen ist vorerst gestoppt. Auch wenn im Oktober nochmals hohe Insolvenzzahlen erwartet werden, rechne ich für die kommenden Monate insgesamt mit einer Konsolidierung des Insolvenzgeschehens auf hohem Niveau“, erklärt Müller. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hätten sich jedoch nicht verbessert. Vielmehr verlören die pandemiebedingten Nachholeffekte an Kraft. Müller wertet die steigenden Zahlen auch als Ausdruck notwendiger Marktbereinigungen und struktureller Anpassungen. Diese könnten langfristig Raum für zukunftsfähige Geschäftsmodelle schaffen.

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen und Tech-Start-ups.

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