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Insolvenzen steigen 2023 auf  Vorkrisenniveau

Unternehmensinsolvenzen

© h_lunke – stock.adobe.com

Die wirtschaftlichen Herausforderungen für Unternehmen sind aktuell vielfältiger denn je. Energiekrise,  drohende Rezession, hohe Preissteigerungen, steigenden Zinsen und gestörte Lieferketten setzen den Betriebe zu.  In der Folge steigen auch die Insolvenzen nach Angaben von Allianz Trade Deutschland (früher Euler Hermes) wieder deutlich. In der jüngsten Insolvenzstudie gehen die Experten von einem Anstieg der weltweiten Pleiten um 10% im laufenden Jahr und 19% im kommenden Jahr aus. In Deutschland dürfte der Anstieg mit 5% im Jahr 2022 und weiteren 17% im Jahr 2023 im Vergleich etwas moderater ausfallen. Dennoch würden die Entwicklung sowie die damit verbundenen Unsicherheiten auch die hiesigen Unternehmen belasten. Dabei wirken nach Aussage der Experten die aktuellen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen bereits als Puffer: Sie bremsen den Anstieg der Insolvenzen 2022 und 2023 in Europa und Deutschland erheblich. Zwischen zehn und zölf Prozent weniger Fälle habe es gegeben. Das sind umgerechnet 2.600 deutsche Unternehmen, die dadurch vor der Pleite gerettet werden. Sollte sich die Energiekrise noch weiter verschärfen und die Rezession stärker ausfallen als bisher erwartet, reichen die aktuellen Maßnahmen zum Abfedern einer Pleitewelle allerdings nicht aus und es könnten deutlich mehr Insolvenzen drohen. Das Insolvenzgeschehen bleibe also nach wie vor volatil und stark von der weiteren Entwicklung staatlicher Unterstützung abhängig.

„Angesichts der zahlreichen aktuellen Herausforderungen ist es keine Überraschung, dass Insolvenzen wieder deutlich anziehen. Es handelt sich hierbei allerdings zunächst um eine sukzessive Normalisierung des Insolvenzgeschehens“, sagt Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „2023 dürften die weltweiten Insolvenzen in etwa das Niveau von vor der Pandemie erreichen. Deutschland zeigt sich im internationalen Vergleich vergleichsweise robust, auch wenn die aktuellen Herausforderungen nicht spurlos an der hiesigen Wirtschaft vorbei gehen: Auch in Deutschland zeichnet sich erstmals wieder ein merklicher Anstieg ab, wenngleich weniger stark als in vielen Nachbarländern. Insgesamt sind die Aussichten für ganz Europa aber alles andere als rosig.“

Bereits zweistelliger Anstieg

Neben Deutschland verzeichnen die USA, China, Italien und Brasilien bisher noch ein anhaltend niedriges Insolvenzniveau. In den meisten Ländern ist die Trendwende allerdings bereits erfolgt, insbesondere in wichtigen europäischen Märkten wie Großbritannien, Frankreich, Spanien, den Niederlanden, Belgien und in der Schweiz. „Steigende Insolvenzen sind in den meisten Ländern schon Realität“, sagt Maxime Lemerle, Chefanalyst für Insolvenzen bei Allianz Trade. „Auf die wichtigsten europäischen Märkte entfallen zwei Drittel des Anstiegs. Weltweit verzeichneten die Hälfte der von Allianz Trade analysierten Länder im ersten Halbjahr 2022 einen zweistelligen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen. Europa könnte in den nächsten zwei Jahren besonders stark vom Anstieg der Insolvenzen betroffen sein: Allianz Trade erwartet ein deutliches Plus in Frankreich, Großbritannien, Deutschland und Italien (-6%; +36 %). Bereits 2022 dürfte Europa das Niveau von vor der Pandemie bei den Unternehmensinsolvenzen übertreffen (+5 %).

Kleinere Unternehmen mehr betroffen

Diese Normalisierung der Unternehmensinsolvenzen verlaufe allerdings sehr uneinheitlich, sowohl bei den Branchen als auch vor allem bei der Größe der Unternehmen. So gehe der weltweite Anstieg vor allem auf Insolvenzen kleinerer Unternehmen zurück. Große globale Pleiten seien nicht die Treiber hinter dem weltweiten Anstieg. Insgesamt zählten die Experten von Allianz Trade weltweit 182 Großpleiten in den ersten drei Quartalen 2022, verglichen mit 187 und 332 im gleichen Zeitraum 2021 und 2020.

In der ersten Hälfte des Jahres 2023 drohe ein Zinsschock, der im Doppelpack mit steigenden Löhnen vielen Unternehmen kräftig zusetzen dürfte. Durch die hohen Kassenbestände können viele Unternehmen dies im laufenden Jahr noch abfedern, 2023 wird es dann für viele enger. Insgesamt seien durch den Anstieg der Finanzierungs- und Lohnkosten vor dem Hintergrund eines geringen Wirtschaftswachstums das Baugewerbe, das Transportwesen, die Telekommunikation, der Maschinen- und Anlagenbau, der Einzelhandel, die Haushaltsgeräteindustrie, die Elektronikindustrie, die Automobilindustrie und die Textilindustrie am stärksten gefährdet. Sollte sich die Energiekrise verschärfen und so eine stärkere Rezession in Europa auslösen als bisher erwartet, werden vermutlich zusätzliche staatliche Hilfen ins Spiel kommen, um eine Insolvenzwelle einzudämmen. Denn ohne zusätzliche Maßnahmen würden in diesem Szenario Unternehmensinsolvenzen in der Europäischen Union um 25 % im Jahr 2023 ansteigen. Das wäre der höchste jährliche Anstieg seit 2009.

 

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