Industrieproduktion steigt auf Mehrjahreshoch

Die deutsche Industrie verzeichnet im August die stärkste Produktionsausweitung seit fast dreieinhalb Jahren. Der saisonbereinigte HCOB Einkaufsmanagerindex stieg auf 49,8 Punkte, nach 49,1 im Juli. Das ist der höchste Stand seit 38 Monaten, obwohl der Index weiterhin knapp unter der Wachstumsschwelle von 50 Punkten liegt. Die Produktion legte laut Hamburg Commercial Bank deutlich zu und erreichte mit 52,9 Punkten ein 41-Monatshoch. Ausschlaggebend für den Anstieg des Index waren vor allem Zuwächse bei Produktion und Auftragseingängen. Die Neuaufträge nahmen zum dritten Mal in Folge zu. Die Zuwächse erfolgten trotz eines leichten Rückgangs im Exportgeschäft. In vielen Fällen war der Anstieg auf die beschleunigte Abarbeitung offener Aufträge zurückzuführen. Die Bestände an Aufträgen gingen im August erneut zurück, wenn auch langsamer als in den Monaten zuvor.

Stellenabbau nimmt wieder Fahrt auf

Die Beschäftigung in der Industrie entwickelte sich negativ. Nach einem moderaten Rückgang im Juli nahm der Stellenabbau im August wieder zu. Zahlreiche Unternehmen verzichteten auf die Nachbesetzung offener Stellen und reduzierten insbesondere den Einsatz von Leiharbeitskräften. Damit setzt sich der seit Monaten beobachtete Trend sinkender Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe fort. Auch die Einkaufsmenge wurde erstmals seit Mai wieder reduziert. Hersteller nutzten die Gelegenheit, Lagerbestände abzubauen. Die Bestände an Vormaterialien und Fertigwaren sanken mit ähnlicher Dynamik wie im Juli. Die Lieferzeiten verkürzten sich nur minimal und notierten damit auf dem niedrigsten Niveau seit drei Jahren.

Preise unter Druck – Ausblick gedämpft

Sowohl die Einkaufs- als auch die Verkaufspreise sanken weiter. Besonders auffällig war der Preisrückgang auf der Verkaufsseite, der so stark ausfiel wie zuletzt im Februar. Unternehmen gaben laut Umfrage gesunkene Kosten oder den gestiegenen Wettbewerbsdruck als Hauptgründe für Preisnachlässe an. Trotz des Produktionswachstums zeigten sich die Industrieunternehmen in ihrer Zwölf-Monats-Prognose zurückhaltender. Der Optimismus ging gegenüber dem Hoch im Juni leicht zurück, blieb jedoch über dem langfristigen Durchschnitt. Laut Dr. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, sei die Industrie zwar noch nicht über den Berg, aber die anhaltende Produktionssteigerung zeuge von ihrer Widerstandskraft angesichts geopolitischer und wirtschaftlicher Risiken.

Dienstleistungssektor verliert in Schwung

Die Geschäftstätigkeit im deutschen Dienstleistungssektor hat im August nachgelassen. Der saisonbereinigte HCOB Dienstleistungsindex Deutschland fiel laut Hamburg Commercial Bank auf 49,3 Punkte. Im Vormonat hatte er noch bei 50,6 gelegen. Damit unterschreitet der Index erstmals seit zwei Monaten wieder die Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Der Wert signalisiert einen leichten Rückgang der Aktivität, nachdem der Sektor zunächst mit Schwung in das dritte Quartal gestartet war. Laut der Umfrage, die zwischen dem 12. und 26. August durchgeführt wurde, blieb die Nachfrage fragil. Die Zahl der Neuaufträge ging erneut zurück, was auch mit schwächerem Exportgeschäft begründet wurde. Die Dienstleister konzentrierten sich daher verstärkt auf die Abarbeitung bestehender Aufträge. Dieser Prozess beschleunigte sich im August und erreichte den höchsten Wert seit drei Monaten.

Beschäftigung stagniert

Trotz positiver Geschäftserwartungen kam es zu einem Stillstand bei der Beschäftigung. Viele Unternehmen verzichteten auf Neueinstellungen oder bauten sogar Stellen ab, um Kosten zu senken. Besonders der hohe Lohndruck machte sich in gestiegenen Betriebsausgaben bemerkbar. Die Inflationsrate bei den Inputkosten legte im August zu, blieb aber unter dem bisherigen Jahresmittel. Auch die Angebotspreise zogen an, lagen jedoch weiterhin auf dem zweittiefsten Niveau seit Oktober des Vorjahres.

Dennoch bleibt die Stimmung unter den Dienstleistern zuversichtlich. Rund 30 % der Befragten gehen laut Hamburg Commercial Bank von besseren Geschäften innerhalb der nächsten zwölf Monate aus. Als Gründe wurden neue Produkte, steigende Investitionen und verbesserte wirtschaftliche Rahmenbedingungen genannt.

Verarbeitendes Gewerbe stützt Gesamtwirtschaft

Der HCOB Composite PMI Deutschland, der sowohl Industrie als auch Dienstleistungen abbildet, sank im August leicht auf 50,5 Punkte. Damit verzeichnete der private Sektor insgesamt ein minimales Wachstum. Die Industrieproduktion entwickelte sich positiv und stieg bereits den sechsten Monat in Folge. Im Gegensatz dazu fiel der Dienstleistungsbereich leicht zurück. Die Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe sank mit der stärksten Rate seit sechs Monaten. Das wirkte sich negativ auf die Gesamtbeschäftigung aus. Laut Dr. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, ist die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland weiterhin schleppend. Die neue Bundesregierung habe es bisher nicht geschafft, die Wirtschaft nachhaltig zu beleben.

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen und Tech-Start-ups.

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