
HF Opportunities hat die wesentlichen Vermögenswerte der insolventen Gerhardi Kunststoff GmbH übernommen. Im Rahmen eines Asset Deals sichert die Transaktion rund 1.000 Arbeitsplätze an den drei Unternehmensstandorten in Lüdenscheid, Altena-Rosmart und Ibbenbüren. Die operative Führung unter Christoph Huberty, derzeit CFO und Sprecher des Unternehmens, wird im Zuge der Übernahme neu aufgestellt. Ziel sei eine umfassende Restrukturierung und langfristige Stabilisierung des Kunststoffspezialisten im Automobilzuliefersektor. Die Übernahme markiert die dritte Transaktion der HFO und stellt nach eigenen Angaben ein weiteres Element ihrer Buy-and-Build-Strategie im Automotive-Bereich dar. Nach Unternehmensangaben fokussiert sich die HFO darauf, das Geschäftsmodell von Gerhardi nach der Insolvenz zu stabilisieren und weiteres Umsatzwachstum zu erzielen. Ein zentrales Element der Strategie ist die Realisierung von Synergien mit anderen Beteiligungen aus dem HFO-Portfolio.
freeglass und Gerhardi gehen zusammen
Konkret wurde bereits die Eingliederung des zum Portfolio gehörenden Zulieferers freeglass in Gerhardi vertraglich vereinbart. Damit entsteht laut HFO der Grundstein für eine neue Plattform im Bereich Kunststoff- und Oberflächentechnologie. Beide Unternehmen sollen dadurch Zugang zu neuen Geschäftsfeldern erhalten und ihre Marktposition stärken. Die HFO betont, dass die Transaktion ein klares Bekenntnis zur deutschen Automobilindustrie darstellt und auch unter schwierigen Marktbedingungen Investitionsbereitschaft signalisiert. Gerhardi wurde im Jahr 1796 gegründet und zählt heute zu den führenden Entwicklungspartnern für präzise Kunststoffbauteile im Fahrzeuginnen- und -außenbereich.
Die vollständig integrierte Fertigung reicht von der Entwicklung über den Spritzguss, Galvanik, Heißprägen und Lackierung bis hin zur Montage. Zu den Kunden gehören führende deutsche Automobilhersteller. Für die elektrifizierten C-Klasse-Modelle der Mercedes-Benz Group AG produziert Gerhardi etwa den auf der IAA 2024 vorgestellten verchromten Kühlergrill. Die Insolvenz im November 2024 wurde auf Projektverzögerungen und eine allgemein schwache Kapazitätsauslastung in der deutschen Automobilindustrie zurückgeführt.
Engagement für den Industriestandort Deutschland
Dr. Gerd Sievers, Geschäftsführer der HFO, erklärt: „Mit Gerhardi übernehmen wir ein Traditionsunternehmen mit außergewöhnlicher technologischer Substanz. Unser Ziel ist es, diese industrielle Stärke zu erhalten und gemeinsam mit Kunden, Beschäftigten und Management die Voraussetzungen für eine stabile und wettbewerbsfähige Zukunft zu schaffen.“ Die HFO sieht sich als Investor mit einem klaren Bekenntnis zur deutschen Automobilindustrie. Sievers betont, dass viele gut geführte Unternehmen durch äußere Einflüsse in Schwierigkeiten geraten, sich jedoch mit gezielter Unterstützung wieder stärken lassen. Die jüngste IAA habe gezeigt, dass die Branche technologisch hochwertige und innovative Modelle entwickle – ein positives Signal für die Zukunft.
Hermann Reitze, ebenfalls Geschäftsführer der HFO, ergänzt: „Gerhardi ist einer der führenden Entwicklungspartner für hochwertige, galvanisierte Kunststofflösungen in der Automobilzulieferindustrie. Wir freuen uns, das Unternehmen gemeinsam mit seinen Kunden zu stabilisieren.“ Die HFO verstehe sich als Partner für die nachhaltige Stabilisierung und Weiterentwicklung mittelständischer Unternehmen in Deutschland. Die HFO ist eine auf Sondersituationen spezialisierte Einheit der Hannover Finanz Gruppe. Sie investiert über den 2024 aufgelegten Deutschland Fonds in mittelständische Industrie- und Dienstleistungsunternehmen im DACH-Raum mit Restrukturierungsbedarf. Nach Unternehmensangaben kombiniert HFO langfristig orientiertes Kapital mit operativer Restrukturierungskompetenz und begleitet Beteiligungen über mehrere Jahre hinweg. Über den Kaufpreis und weitere Details zur Beteiligung wurde Stillschweigen vereinbart. Bei der Transaktion wurde die HFO von Schalast Law beraten.
Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen und Tech-Start-ups.




