„Herausforderungen bieten immer auch Chancen“

Interview mit Goetz Hertz-Eichenrode, Hannover Finanz GmbH

Private-Equity-Markt in Bewegung: Die Hannover Finanz Gruppe über Herausforderungen, Chancen und strategische Ansätze im Mid-Cap-Segment.
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Die Hannover Finanz Gruppe ist seit über 45 Jahren als Eigenkapitalpartner im deutschsprachigen Mittelstand aktiv. 1979 gegründet, gehört sie zu den erfahrensten Beteiligungsgesellschaften in Deutschland und Österreich.

Unternehmeredition: Herr Hertz-Eichenrode, stellen Sie Hannover Finanz bitte kurz vor.

Götz Hertz-Eichenrode: Unser Fokus liegt auf wachstumsstarken, etablierten Unternehmen mit einem Umsatz ab 20 Mio. EUR – insbesondere im Rahmen von Nachfolgelösungen, Wachstumsfinanzierungen und Spin-offs. Neben klassischen Mehrheitsbeteiligungen engagiert sich Hannover Finanz auch in Minderheiten. Vor einiger Zeit haben wir begonnen, unser Serviceangebot für mittelständische Unternehmen zu erweitern. Deshalb ist 2017 die HF Debt entstanden, die Kreditfinanzierungen (Debt) auch für kleinere mittelständische Unternehmen im Rahmen zwischen 4 Mio. und 15 Mio. EUR ermöglicht. 2023 haben wir die HF Opportunities gegründet. Diese Sparte fokussiert sich auf Sondersituationen bei mittelständischen Unternehmen mit Restrukturierungs- oder Transformationsbedarf.

Wie schätzen Sie die aktuelle Lage im deutschen Private-Equity-Markt ein?

Die Dealaktivität ist weiterhin gedämpft. Zwar konnten wir mit dem Einstieg bei 8com, einem Anbieter für Cybersecurity, eine Transaktion umsetzen, aber der Markt ist insgesamt sehr ruhig. Der Dealflow bleibt niedrig, was sicherlich auch mit den wirtschaftlichen Unsicherheiten zusammenhängt. Für die kommenden zwölf bis 18 Monate rechne ich allerdings mit einer leichten Erholung – auch getrieben durch die Investitionsprogramme der Bundesregierung. Zusätzlich sehen wir, dass strategische Käufer wieder aktiver werden, was mittelfristig für Bewegung sorgen dürfte.

Wie wirkt sich das schwierige Umfeld auf Ihr Fundraising aus?

Das Fundraising ist in der Tat anspruchsvoller geworden. Institutionelle Investoren sind aktuell oft überallokiert, weil sie selbst keine Rückflüsse aus Exits erhalten. Gleichzeitig erleben wir eine Renaissance alternativer Anlagen wie festverzinslicher Wertpapiere, die für viele Kapitalgeber attraktiver geworden sind. Das führt zu einer Verschiebung: Family Offices gewinnen als Kapitalquelle an Bedeutung. Uns ist es gelungen, unseren neuen HFO Deutschland Fund I mit einem Volumen von 100 Mio. EUR zu schließen. Ein großer Teil dieses Kapitals stammt von Family Offices – ergänzt durch unsere langjährigen Investoren.

Das Exitumfeld hat sich deutlich abgekühlt. Welche Strategien verfolgen Sie beim Verkauf von Beteiligungen?

Es ist richtig, dass sich die Exitmöglichkeiten verengt haben. Viele Portfoliounternehmen im Markt zeigen aktuell nicht die erwartete Performance. Gleichzeitig haben sich Bewertungsniveaus gesenkt. Das führt dazu, dass Beteiligungen länger gehalten werden. Unternehmen in robusten Sektoren lassen sich nach wie vor gut verkaufen – vorausgesetzt, sie zeigen stabile Ergebnisse. Auch wir erwarten in diesem und im kommenden Jahr erfolgreiche Exits, weil wir unser Portfolio entsprechend ausgerichtet haben. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, potenzielle Käufer frühzeitig zu identifizieren und individuelle Exitpfade zu entwickeln.

Hat sich dadurch Ihre Strategie zur Wertsteigerung verändert?

Unser Fokus liegt seit Jahren auf aktiver Wertentwicklung, nicht auf finanzieller Optimierung. Der operative Ansatz gewinnt weiter an Bedeutung. Das wird auch von unseren Portfoliounternehmen eingefordert. Die Unternehmensführung will einen echten Sparringspartner, der sich in der Tiefe mit der Weiterentwicklung und Transformation von familiengeführten Unternehmen auskennt – nicht nur als Geldgeber. Deshalb haben wir mit HF Performance Partners eine interne Einheit aufgebaut, die unsere Beteiligungen direkt unterstützt. Diese berät in den Bereichen Financial-, Operational- und Commercial Excellence, aber auch bei HR-Themen und Organisationsentwicklung. Buy-and-Build, Effizienzsteigerung und Digitalisierung stehen dabei im Vordergrund. Angesichts steigender Zinsen und volatiler Märkte ist ein aktives, operatives Management unerlässlich geworden.

Wie verändern sich die Kapitalgeberlandschaft und der Wettbewerb im Mid-Cap-Segment?

Wir sehen eine Konsolidierung der Branche. Trotzdem entstehen neue Teams, und auch große Fonds drängen zunehmend in unser Marktsegment. Der Wettbewerb nimmt nicht ab, sondern eher zu. Dabei ist Deutschland trotz aller Herausforderungen weiterhin ein attraktiver Markt. Der Bedarf an Transformation und Nachfolgelösungen bleibt hoch. Unsere langjährige Erfahrung in verschiedenen Konjunkturphasen wird gerade jetzt zu einem entscheidenden Vorteil. Hinzu kommt: Es gibt jenseits der bekannten Boomsektoren wie IT und Medizintechnik zahlreiche gut aufgestellte Unternehmen mit realistischen Bewertungen. Gerade der von uns aufgelegte HF-Opportunities-Fonds, der auf Sondersituationen fokussiert ist, profitiert stark von der aktuellen Marktlage und zeigt, dass auch in schwierigen Zeiten attraktive Investments möglich sind.

Lieber Herr Hertz-Eichenrode, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Das Interview führte Alexander Görbing.

👉 Dieses Interview erscheint auch in unserem Spezial “Investoren im Mittelstand” (Erscheinungstermin: 16. Mai 2025)


ZUM INTERVIEWPARTNER

Foto: © Hannover Finanz GmbH

Goetz Hertz-Eichenrode,

Sprecher der Geschäftsführung,

Hannover Finanz GmbH

mail@hannoverfinanz.de

Autorenprofil
Alexander Görbing

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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