Die Insolvenzen in Deutschland setzen ihren Aufwärtstrend auch im Jahr 2025 fort. Nach einem deutlichen Anstieg um 22 % im Jahr 2024 rechnet Allianz Trade in ihrer aktuellen Analyse mit einem erneuten Zuwachs um 11 % auf rund 24.400 Unternehmensinsolvenzen in der Bundesrepublik. Für 2026 wird ein weiterer, wenn auch moderater Anstieg um 3 % auf 25.050 Fälle erwartet. Damit gehört Deutschland nach Frankreich zu den am stärksten betroffenen Märkten in Westeuropa. Besondere Sorgen bereitet dabei die Entwicklung bei den sogenannten Großinsolvenzen, also bei Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mindestens 50 Mio. EUR. Nach dem Negativ-Rekord von 87 Fällen im Jahr 2024 (plus 36 % gegenüber dem Vorjahr) gab es allein im ersten Quartal 2025 weitere 16 große Unternehmenspleiten. Das entspricht etwa 13 % der weltweiten Fälle in diesem Zeitraum. Auch wenn die Zahl gegenüber dem Vorjahr leicht rückläufig ist, zeigt der Vergleich mit dem ersten Quartal 2023 (8 Fälle) eine Verdopplung binnen zwei Jahren.
Laut Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz, hinterlassen diese Insolvenzen besonders tiefe Spuren in den Lieferketten: „Bei den Zulieferern reißen sie große Löcher in die Kassen – mit potenziellen Dominoeffekten.“ Im ersten Quartal 2025 waren Kliniken, der textile Einzelhandel, die Automobilzulieferindustrie sowie Chemieunternehmen überdurchschnittlich stark betroffen. Der kumulierte Umsatz der betroffenen Unternehmen belief sich auf rund 2,2 Mrd. EUR. Besonders problematisch: Kliniken und Einzelhandelsbetriebe zählen bereits seit 2024 zu den besonders betroffenen Branchen. Damals entfielen 13 große Insolvenzen auf den (textilen) Einzelhandel, 14 auf das Baugewerbe, 12 auf den Dienstleistungssektor und 6 auf den Klinikbereich.
Vielfältige Krisenursachen
Die Ursachen für die hohe Zahl an Insolvenzen sind vielfältig. Neben gestiegenen Finanzierungskosten und Investitionszurückhaltung belasten geopolitische Unsicherheiten und internationale Handelskonflikte das wirtschaftliche Umfeld. Die geplante Entlastung durch Zinssenkungen bleibt bislang aus. Besonders kleine und mittelständische Unternehmen geraten unter Druck, da sie häufig über geringere Kapitalreserven verfügen und schneller auf Marktschwankungen reagieren müssen. Zudem spitzt sich die Lage in kapitalintensiven Branchen weiter zu. Der Bausektor etwa leidet unter hohen Materialkosten und mangelnder Nachfrage. Im Einzelhandel schlagen Margendruck, Konsumzurückhaltung und die Digitalisierung zu Buche. Dienstleister im B2B-Segment verzeichnen wegen der Konjunkturschwäche sinkende Aufträge. Auch industriell geprägte Sektoren wie Maschinenbau, Chemie oder Elektronik melden verstärkt größere Insolvenzen.
Auch weltweit ein Zuwachs
Weltweit verzeichnete Allianz Trade im ersten Quartal 2025 insgesamt 122 Großinsolvenzen – ein Plus von 14 % im Vergleich zum Vorjahr. Das entspricht mehr als einer großen Pleite pro Tag. Westeuropa bleibt mit einem Anteil von 61 % Epizentrum dieser Entwicklung. Deutschland liegt mit 16 Fällen auf Platz zwei nach den USA. Dort entfielen acht der zwanzig größten Insolvenzen auf amerikanische Unternehmen. Insgesamt lag der globale Umsatz der betroffenen Großunternehmen bei 43 Mrd. EUR. Während auch Nordamerika (+17 %) und Asien (+5 %) steigende Insolvenzzahlen verzeichnen, bleibt Europa mit Blick auf die strukturellen Probleme besonders anfällig. Deutschland wird laut Einschätzung von Allianz Trade auch 2026 zu den wenigen Ländern zählen, in denen die Insolvenzen weiter zunehmen. Zwar könnte das von der Bundesregierung geplante Investitionspaket über 500 Mrd. EUR zur Stärkung von Infrastruktur und Verteidigung entlastend wirken – entscheidend ist jedoch die schnelle und zielgerichtete Umsetzung.