Gelbe Karte für viele Bundesligisten

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Die wirtschaftliche Lage der Clubs der Fußball-Bundesliga bleibt trotz operativer Fortschritte angespannt. Laut einer aktuellen Studie von Dr. Wieselhuber & Partner hat sich die durchschnittliche Verschuldungsdauer der Erst- und Zweitligisten zwischen 2023 und 2024 um rund 20% reduziert. Dies sei vor allem auf ein deutlich gestiegenes EBITDA zurückzuführen, das im Vergleich zum Vorjahr um rund 30% auf etwa 1.1 Mrd. EUR gestiegen sei. Damit habe sich die Refinanzierungsfähigkeit der Clubs rechnerisch verbessert – trotz einer leichten Zunahme der absoluten Verbindlichkeiten auf etwa 2.211 Mio. EUR. Basis der Studie seien die aktuellsten Veröffentlichungen sowie die Bilanzdaten des Geschäftsjahres 2024.

Strukturelle Defizite

Nach Angaben der Studie reicht dieser Fortschritt jedoch nicht aus, um die strukturellen Defizite einiger Erstligisten auszugleichen. Besonders deutlich wird dies bei der Studien-Analyse von Eigenkapitalquoten und Verschuldungsdauern. So weisen Erstliga-Vereine wie 1. FC Union Berlin, Werder Bremen, VfL Wolfsburg und RB Leipzig laut Studie eine geringe Eigenkapitalbasis in Kombination mit einer hohen Verschuldungsdauer auf. In diesen Fällen sei die Tilgungsfähigkeit bereits heute eingeschränkt. Noch problematischer ist laut der Studie die Lage bei Schalke 04, das bei einer Eigenkapitalquote von 0% eine rechnerische Verschuldungsdauer von mehr als 14 Jahren aufweise – ein kritischer Wert, der laut Wieselhuber & Partner auch die Lizenzierungsfähigkeit beeinträchtigen könne. Schlusslichter beim errechneten Financial Score der Studie sind die Erstligisten Sankt Pauli, Heidenheim und Union Berlin. An der Spitze liegen Bayer München, Eintracht Frankfurt und Borussia Dortmund.

Bayern auch finanziell an der Spitze

Als stabil bewertet die Studie hingegen Clubs wie Bayern München, Eintracht Frankfurt, VfB Stuttgart und SC Freiburg. Diese Vereine hätten durch Transferüberschüsse, Investorenbeteiligungen und eine disziplinierte Kostenstruktur ihre Kapitalbasis stärken und die Tilgungsdauer reduzieren können. Bei SC Freiburg liege die Verschuldungsdauer bei lediglich 0,3 Jahren – ein Spitzenwert innerhalb der Liga. Zur Absicherung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit setzen immer mehr Bundesligisten laut der Analyse auf alternative Finanzierungsformen. Hierzu zählen Genossenschaftsmodelle, Fan- und Unternehmensanleihen sowie Schuldscheindarlehen. Ein Beispiel hierfür sei das Modell des FC Schalke 04, der eine Genossenschaft gegründet habe, um über Mitgliederbeteiligungen Eigenkapital aufzubauen und teure Darlehen abzulösen.

Finanzarchitektur professionalisieren

Dr. Wieselhuber & Partner kommt zu dem Schluss, dass die Fähigkeit zur frühzeitigen Anpassung der Finanzarchitektur ein wichtiger Faktor ist. „Die Refinanzierungsfähigkeit der Bundesliga hängt künftig weniger vom sportlichen Erfolg ab – sondern von der Stabilität der Geschäftsmodelle und der Professionalität der Finanzarchitekturen“, so Matthias Müller, Studienautor und Partner Restrukturierung bei Dr. Wieselhuber & Partner. Clubs, die diesen Wandel aktiv gestalten, könnten ihre Wettbewerbsfähigkeit langfristig sichern – andere drohten bei ausbleibenden Maßnahmen wirtschaftlich ins Hintertreffen zu geraten. „Refinanzierungsfähigkeit ist kein Zufallsprodukt, sondern Ergebnis konsequenter Steuerung und vorausschauender Unternehmensführung. Ob im Werk oder im Stadion: Wer seine Finanzierung frühzeitig überprüft, Alternativen bewertet und die Kapitalstruktur aktiv weiterentwickelt, schafft die Basis für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit“, so Müller.

 

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen und Tech-Start-ups.

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